Aus den Gründen:„ … Der Beklagte ist gem. § 833 BGB als Halter des Hundes Nemo der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet, weil Nemo den Sturz der Klägerin verursacht hat.
In der weiteren Beweisaufnahme vor dem Senat haben der als Zeuge vernommene Ehemann der Klägerin einerseits und die Zeugin B andererseits an ihren jeweiligen schon vor dem LG gegebenen Darstellungen festgehalten, die darin übereinstimmten, dass Nemo sich unmittelbar vor dem Sturz der Klägerin rechts von ihr auf dem Randstreifen befinden habe. Im Übrigen wichen aber die Darstellungen voneinander ab.
Nach der Darstellung des Zeugen S (Ehemann der Klägerin) soll es so gewesen sein, dass Nemo zunächst zwischen den beiden Radfahrern hindurchgelaufen ist, wobei die Klägerin ihn angesprochen hat, dass er dann die Richtung geändert haben muss, indem er sich hinter dem Fahrrad der Klägerin umgewendet und sie rechts überholt hat und dann bei einer Bewegung nach links hinüber gegen ihr Vorderrad geraten ist. Demgegenüber soll es nach der Darstellung der Zeugin B so gewesen sein, dass Nemo der Klägerin auf dem aus ihrer Sicht rechten Randstreifen entgegengekommen ist, dass sie ihn auf diese Weise mit ihrer rechten Seite passiert und dabei angesprochen hat, und dass er sich – möglicherweise auf Grund der Ansprache – nach rechts gedreht hat, als die Klägerin schon praktisch an ihm vorbei war, und dass dann die Klägerin ohne Berührung mit dem Hund oder ohne Behinderung durch ihn gestürzt sein soll, wobei die Zeugin B die Vermutung äußerte, dass dies auf Grund besonders langsamer Fahrweise geschehen sein könnte. Aus der Sicht des Senats erscheint zunächst eine derartige Verursachung des Sturzes deutlich weniger plausibel als eine solche, bei welcher der Hund eine Rolle gespielt hat. Denn zum einen ist es doch eher ungewöhnlich, dass eine geübte Radfahrerin ohne besonderen Anlass einfach auf Grund einer extremen Langsamfahrt stürzt, und zum andern hat sich – wenn auch in den Einzelheiten der Begegnungsschilderungen Differenzen bestehen – der Sturz jedenfalls in unmittelbarem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit der Begegnung ereignet. Aus der Sicht des Senats erscheint daher die Darstellung des Zeugen S in höherem Maße wahrscheinlich als diejenige der Zeugin B.
1.2 Ob das allerdings ausreicht, allein auf Grund der Zeugenaussage die hier erforderliche volle Gewissheit zu gewinnen, dass tatsächlich der Sturz sich in der Weise ereignet hat, wie es die Eheleute S vor dem Senat geschildert haben, kann dahingestellt bleiben.
Denn der Sturz der Klägerin und ihre Begegnung mit dem frei laufenden Hund des Beklagten standen in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang. Unter diesen Umständen spricht ein Anscheinsbeweis für die Verursachung des Sturzes durch den Hund, weil dieser nicht angeleint war, obwohl gem. § 15 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt D vom 15.6.1994 auf Straßen und in Anlagen in D Hunde nur von aufsichtsfähigen Personen angeleint geführt werden dürfen.
Zwar besteht gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 LHundG NRW die Verpflichtung, Hunde an einer zur Vermeidung von Gefahren geeigneten Leine zu führen, nur in Fußgängerzonen, Haupteinkaufsbereichen und anderen innerörtlichen Bereichen, Straßen und Plätzen mit vergleichbarem Publikumsverkehr sowie in der Allgemeinheit zugänglichen, umfriedeten Park-, Garten- und Grünanlagen (soweit nicht Hundeauslaufbereiche besonders ausgewiesen sind). Die Unfallstelle lag offenbar nicht in einem derartigen besonders frequentierten oder umfriedeten Bereich, sodass aus dem Landeshundegesetz keine Anleinpflicht hergeleitet werden kann.
Die Anleinverpflichtung aus § 15 der o.g. ordnungsbehördlichen Verordnung der Stadt D geht aber weiter. Sie umfasst alle Straßen und Anlagen, also gem. § 2 Abs. 1 der Verordnung alle tatsächlich dem öffentlichen Verkehr oder einzelnen Arten des öffentlichen Verkehrs dienenden Flächen einschließlich der Plätze, Fußgängerzonen, Durchgänge, Geh- und Radwege; weniger frequentierte Bereiche sind nicht von der Anleinpflicht ausgenommen.
Eine städtische Hundeanleinverordnung ist ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB (vgl. OLG Hamm – 27. ZS – VersR 2002, 1519; ferner Senatsurt. v. 11.4.2005). Da Schutzgesetze die Konsequenz bestimmter Gefahren und nach allgemeiner Lebenserfahrung zu erwartender Schadensereignisse sind, die sie vermeiden und steuern sollen, hat ein Verstoß gegen sie auch beweisrechtliche Konsequenzen, wenn das Schutzgesetz das geforderte Verhalten so konkret umschreibt, dass entsprechende Schlüsse aus der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes gezogen werden können (vgl. Knerr, bei: Geigel, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl. 2008, Kap. 37 Rn 70 f.; Senat NJW-RR 1995, 157). Hier war durch die ordnungsbehördliche Verordnung der Stadt D konkret beschrieben, auf welche Weise die von Hunden ausgehende Gefährdung anderer Straßenbenutzer vermieden werden soll, nämlich dadurch, dass Hunde auf den S...