1) Neu entwickelte Fahrzeuge im Straßenverkehr führen bereits bei der Frage der Zulassungsvoraussetzungen zu Problemen (vgl. zum Quad Ternig, zfs 2004, 1 f. und zum Pocketbike Ternig, zfs 2006, 666 f.).
2) Der Einsatz eines Quad in einem Erlebnispark, der zu einem Unfall führte, warf die Frage auf, ob dem Betreiber des Erlebnisparks eine Pflichtverletzung bezüglich des Vertrages des Arbeitgebers des Geschädigten mit dem Betreiber des Erlebnisparks und eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht deshalb vorzuwerfen ist, weil er die Teilnehmer der Tour nicht mit einem einfachen Schutzhelm ausgestattet hatte, und dies für die Verletzung des Teilnehmers ursächlich geworden ist. Der BGH folgte der Einschätzung des Berufungsgerichtes, dass eine Pflichtverletzung und eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Betreiber vorgelegen habe, verneinte aber eine Haftung des Betreibers, weil nicht festgestellt werden könne, dass ein getragener einfacher Helm die Verletzung verhindert hätte. Dabei legte er zu Grunde, dass der Betreiber nicht verpflichtet war, einen Integralhelm zur Verfügung zu stellen.
3) Die Entscheidung des BGH ist vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung darüber zu sehen, ob für Radfahrer die Obliegenheit besteht, Helme zu tragen, sie bei unterlassenem Helmtragen sich ein Mitverschulden entgegen halten lassen müssen. Der Verordnungsgeber hat in § 21a Abs. 2 StVO angeordnet, dass Fahrer von Quads der Schutzhelmpflicht unterliegen. Hieraus kann nicht der Schluss gezogen werden, dass für Radfahrer, die in § 21a StVO nicht erwähnt sind, schon deshalb keine Schutzhelmpflicht bestehe. Vielmehr kann sich ein Mitverschulden auch aus einem Verstoß gegen eine im allgemeinen Verkehrsbewusstsein durchgesetzte, nicht oder noch nicht kodifizierte Schadensvorsorge ergeben (vgl. BGH NJW 1979, 980; BGH NJW 1069, 1898). Lässt ein Geschädigter bei dem Schadenseintritt die Sorgfalt außer Acht, die ein ordentlicher und verständiger Mensch anzuwenden pflegt, um sich vor Schäden zu bewahren, liegt bei einer Ursächlichkeit der Unterlassung ein Mitverschulden vor.
Das wirft allerdings die Frage auf, auf welche Art und Weise das Vorliegen einer allgemeinen Überzeugung hinsichtlich der Sorgfaltsanforderungen gewonnen werden kann. Die pessimistische Einschätzung von Schiemann (Staudinger-Schiemann "Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch", 2005, § 254 Rn 51), dass eine solche Feststellung kaum getroffen werden könne, ist vom BGH dahin beantwortet worden, das hierfür ausreichend verlässliche Unterlagen, wie Umfrageergebnisse, Statistiken, amtliche oder nicht amtliche Erhebungen heranzuziehen seien (vgl. BGH NJW 1979, 980, 981). Solche Grundlagen zur Bestimmung der Sicherheitsauffassung hat der BGH nicht zur Frage herangezogen, ob bereits im Jahre 2002, dem Unfalljahr, eine Überzeugung bestand, dass Teilnehmer an einer Quad-Fahrt in nicht allzu wegsamem Gelände einen Integralhelm tragen mussten.
4) Auch die Auseinandersetzung, inwieweit allgemeine Sicherheitsüberzeugungen bestehen oder nicht bestehen, dass sie als Gebot eigenen Interesses zur Bewahrung vor Schäden einen Helm tragen müssen, leidet daran, dass objektive Grundlagen für diese Überzeugung nicht ausreichend gesichert werden. Frühere Rspr. verneinte ein Mitverschulden des bei einem Schadensereignis verletzten Radfahrers, der keinen Helm getragen hatte, mit der allerdings nicht durch geeignete Erhebungen begründeten Angabe, eine allgemeine Verkehrsauffassung über die Notwendigkeit des Tragens eines Helmes bestehe (noch) nicht (vgl. OLG Hamm NZV 2001, 86; OLG Hamm NZV 2002, 129; OLG Nürnberg zfs 1999, 467).
Inzwischen hat sich jedoch die "Akzeptanz des Tragens von Fahrradhelmen" allgemein erhöht (OLG Düsseldorf NZV 2007, 614). Sowohl das OLG Düsseldorf (NZV 2007, 614 und 619) wie auch das OLG Saarbrücken (NZV 2006, 202) gehen von einer Verkehrsanschauung aus, dass für sportlich ambitionierte Radfahrer eine allgemeine Verkehrsauffassung bestehe, einen Schutzhelm zu tragen, während sich dies noch nicht als allgemein gebilligter Sorgfaltsstandard für "normale" Radfahrer durchgesetzt habe. Das OLG Saarbrücken zitiert eine im Jahre 2004 veröffentlichte Statistik, wonach lediglich 6 % der Radfahrer einen Helm getragen hätten (vgl. OLG Saarbrücken OLGR 2004, 1 f.). Ob diese Statistik der Bundesanstalt für das Straßenwesen angesichts der gerade durch die Empfehlung von Ärzten für die Einführung einer allgemeinen Helmpflicht geförderte Überzeugung noch übertragbar ist (vgl. hierzu die Hinweise in OLG Düsseldorf NZV 2007, 619, 622) ist ebenso fragwürdig wie der Schluss von der laxen Praxis hinsichtlich des Helmtragens auf die Überzeugung von der Entbehrlichkeit der Sorgfaltsmaßnahme. Vielmehr bedarf es einer Erhebung hinsichtlich der Überzeugung, ob Helmtragen als übliche Sorgfalt angesehen werden.
RiOLG Heinz Diehl, Frankfurt an Main