UWG § 7 Abs. 2 Nr. 3
Leitsatz
1) § 7 Abs. 2 UWG erfasst als Werbung grundsätzlich auch Nachfragehandlungen. Dies gilt auch dann, wenn sie sich an Gewerbetreibende oder Freiberufler richten.
2) Veröffentlicht ein Unternehmen die Nummer seines Telefaxanschlusses in allgemein zugänglichen Verzeichnissen, so erklärt es damit sein konkludentes Einverständnis, dass potenzielle Kunden den Anschluss bestimmungsgemäß insbesondere für Kundenanfragen nutzen, die sich auf die übliche Verkaufstätigkeit des Unternehmens beziehen. Sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände dagegen sprechen, steht der dem allgemeinen Verkehr für Anfragen bereitgestellte Faxanschluss eines Unternehmens im Rahmen seiner unmittelbaren geschäftlichen Bestimmung auch gerichtlichen Wiederverkäufern für Kaufanfragen zur Verfügung.
BGH, Urt. v. 17.7.2008 – I ZR 75/07
Sachverhalt
Die Klägerin, die eine Markenvertretung für Kraftfahrzeuge betreibt und sich mit dem Ankauf von Gebrauchtfahrzeugen befasst, erhielt von der Beklagten, die gleichfalls mit Kraftfahrzeugen handelt, eine Telefaxanfrage nach gebrauchten Kraftfahrzeugen. Die Klägerin beanstandete dies als Wettbewerbsverstoß und erhob nach erfolgloser Abmahnung eine Unterlassungsklage, wonach der Beklagten verboten werden solle, unaufgefordert im geschäftlichen Verkehr ohne Einverständnis der Klägerin per Telefax Ankaufsgesuche an die Klägerin zu ersenden. Das Berufungsgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben.
Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: [5] „I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe mit der Zusendung des Telefaxschreibens gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG verstoßen und damit nach §§ 3, 7 Abs. 1 UWG wettbewerbswidrig gehandelt. Auch wenn es sich lediglich um ein Ankaufgesuch gehandelt habe, sei das Telefaxschreiben Werbung i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG gewesen.
[6] Die weite Definition der Wettbewerbshandlung in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG erfasse gleichermaßen Handlungen zur Förderung des Absatzes und des Bezugs von Waren. Um einen Systembruch zu vermeiden, sei es deshalb geboten, Nachfragehandlungen als “Werbung’ in § 7 Abs. 2 UWG einzubeziehen. Zudem kämen auch Nachfragegeschäfte letztlich den Absatzinteressen des Unternehmens zugute, sodass sie nach allgemeinem Sprachverständnis durchaus als Werbung verstanden werden könnten.
[7] Die Klägerin habe nicht in die Übersendung von Ankaufgesuchen per Telefax eingewilligt. Insbesondere folge aus der bloßen Angabe der Telefaxnummer in der Werbung der Klägerin keine konkludente Einwilligung. Denn damit wolle die Klägerin nur privaten Kunden, nicht jedoch Wiederverkäufern die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme geben.
[8] II. Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage. Das Ankaufgesuch der Beklagten ist zwar eine Werbung i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, die Klägerin hat in seine Übersendung aber konkludent eingewilligt.
[9] 1. § 7 Abs. 2 UWG erfasst als Werbung grundsätzlich auch Nachfragehandlungen. Dies gilt auch dann, wenn sie sich an Gewerbetreibende oder Freiberufler richten.
[10] a) Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb enthält keine Definition des Begriffs der Werbung. Ebenso wenig ist eine solche der Richtlinie 2002/58/EG über den Datenschutz in der elektronischen Kommunikation zu entnehmen, deren Art. 13 durch § 7 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 UWG umgesetzt wird (vgl. Begr. d. RegE z. UWG, BT-Drucks 15/1487, 21 zu § 7 Abs. 2). Art. 13 der Richtlinie verwendet den Begriff Direktwerbung, ohne ihn zu definieren.
[11] Wie auch das Berufungsgericht angenommen hat, verbindet der allgemeine Sprachgebrauch mit dem Begriff der Werbung zwar in erster Linie Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Dieses Begriffsverständnis lag auch der Definition des Begriffs der Werbung in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 84/450/EWG über irreführende und vergleichende Werbung zu Grunde und ist in Art. 2 lit. a der am 12.12.2007 in Kraft getretenen Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung übernommen worden. Danach ist Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Auch die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken hat das unlautere Verhalten gewerblicher Nachfrager nicht im Blick, wenn sie in Art. 2 lit. d Geschäftspraktiken definiert als “jede Handlung ( … ), die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängt’.
[12] Sinn und Zweck des § 7 UWG gebieten aber, dass auch Nachfragehandlungen nicht nur von der Generalklausel des § 7 Abs. 1 UWG erfasst werden können, sondern ebenso von den konkretisierenden Fallgruppen in Abs. 2 dieser Vorschrift. § 7 UWG bezweckt, solche Handlungen als unzumutbare Belästigung zu verbieten, die bereits wegen ihrer Art und Weise unabhängi...