Nach dem mitgeteilten Sachverhalt stellte sich die vom BGH entschieden Rechtsfrage gar nicht. Denn die Beklagtenvertreter hatten im entschiedenen Fall gerade keinen Antrag auf gesonderte Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 10 Abs. 1 BRAGO, § 33 Abs. 1 RVG gestellt, sondern – so der BGH ausdrücklich – einen Antrag auf Festsetzung des Streitwertes, der dann auch festgesetzt wurde. Möglicherweise hat der BGH aber auch die Festsetzung des Streitwertes mit der Festsetzung des Gegenstandswertes verwechselt. Nachfolgend sollen die Folgen beider von ihren Voraussetzungen auch unterschiedlichen Festsetzungsarten eingegangen werden.
I. Festsetzung des Streitwerts
Geht man vom mitgeteilten Sachverhalt aus, stellte sich die Frage, welche Auswirkungen der zweite Streitwertfestsetzungsbeschluss hatte, durch den das LG den Streitwert in Höhe der hilfsweise erhobenen Aufrechnungsforderungen gesondert festgesetzt hatte. Der BGH hat hierzu lediglich ausgeführt, der Wert der nicht beschiedenen Hilfsaufrechnung bleibe außer Betracht, weil das Mandatsverhältnis der Beklagten-Vertreter mit Erlass des Vorbehaltsurteils beendet worden sei. Diese Begründung überzeugt jedoch nicht, weil die Rechtsanwälte die Hilfsaufrechnung für den Beklagten schon vor Erlass des Vorbehaltsurteils erklärt hatten, da anderenfalls das Gericht keinen Anlass gehabt hätte, ein Vorbehaltsurteil nach § 302 ZPO zu erlassen. Folglich wäre es interessant gewesen, warum der BGH die Streitwertfestsetzung hinsichtlich der im Nachverfahren noch anhängigen Aufrechnungsforderungen entgegen der gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 1 BRAGO, § 32 Abs. 1 RVG nicht auch der Berechnung der Anwaltsgebühren zugrunde gelegt hat. Auf die Zulässigkeit der gesonderten Streitwertfestsetzung kann es hier nicht angekommen sein, da sie mangels Anfechtung bindend geworden war.
II. Keine Festsetzung des Gegenstandswertes
Mit seinen weiteren Ausführungen – mögen sie nun überflüssig gewesen sein oder nicht –, eine gesonderte Festsetzung des Gegenstandswertes sei im Falle der nicht beschiedenen Hilfsaufrechnung unzulässig, hat der BGH eine seit vielen Jahren umstrittene Rechtsfrage leider zu ungunsten der Anwaltschaft entschieden. Die Entscheidung nimmt den Anwälten die gerade erst vom VGH Baden-Württemberg RVGreport 2008, 154 (Hansens) geschürte Hoffnung, doch eine solche gesonderte Festsetzung erreichen zu können.
III. Folgen für die anwaltliche Praxis
Die Entscheidung des BGH hat zur Folge, dass dem hinsichtlich der Hilfsaufrechnung bestehenden erhöhten Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kein höherer Vergütungsanspruch durch Ansatz eines die Aufrechnungsforderung mitberücksichtigenden höheren Gegenstandswerts gegenübersteht. Dem betreffenden Rechtsanwalt bleibt dann nichts anderes übrig, als mit dem Auftraggeber eine gesonderte Vergütungsvereinbarung nach §§ 3a ff. RVG zu schließen. Diese kann entweder nur die Tätigkeit hinsichtlich der zur Aufrechnung gestellten Forderungen erfassen, indem etwa neben der gesetzlichen Vergütung die Zahlung eines Pauschalbetrags vereinbart wird. Zur Vermeidung von Abgrenzungsproblemen kann aber auch die Vergütung für die Verteidigung gegen die Klageforderung und die Tätigkeit betreffend die zur Hilfsaufrechnung gestellten Forderung insgesamt vereinbart werden. Dem im Rahmen der Prozesskostenhilfe tätigen Rechtsanwalt ist dieser Weg jedoch verschlossen.
Heinz Hansens