StPO § 81a
Leitsatz
1. Zur Frage der Annahme eines Beweisverwertungsverbots hinsichtlich des Ergebnisses einer ohne richterliche Anordnung erlangten Blutprobe bei Verdacht einer Trunkenheitsfahrt.
2. Die sofortige Beschwerde muss neben Berufung oder Revision stets ausdrücklich erklärt werden. Wird gegen ein Urteil ein unbenanntes Rechtsmittel eingelegt, so schließt dies die sofortige Beschwerde nicht ein.
(Leitsatz 1 des Einsenders, Leitsätze 2 der Schriftleitung)
OLG Köln, Beschl. v. 26.9.2008 – 83 Ss 69/08 – 216 – 1 Ws 32/08
Sachverhalt
Der Angeklagte ist vom AG wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 15 EUR verurteilt worden; zudem ist ihm – unter Anrechnung der Zeit der Beschlagnahme des Führerscheins – für die Dauer von drei Monaten verboten worden, Kraftfahrzeuge aller Art im Straßenverkehr zu führen. Eine weitere Entschädigung nach dem StrEG hat das AG ihm versagt.
Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte im Rahmen einer gezielten stationären "Gurtkontrolle" am 15.8.2007 um 18.30 Uhr mit seinem Fahrzeug angehalten worden. Nachdem den Polizeibeamten Alkoholgeruch in seiner Atemluft aufgefallen war, wurde ein Atemalkoholtest durchgeführt, der einen Wert von 0,73 mg/I ergab. Daraufhin wurde ihm – nach einer Rücksprache mit dem Eilstaatsanwalt, die aber lediglich die Frage einer Sicherheitsleistung zum Gegenstand hatte (der Angeklagte wohnte in der Schweiz) – um 19.04 Uhr ohne richterliche oder staatsanwaltschaftliche Anordnung eine Blutprobe entnommen, die zu einem Mittelwert von 1,72 ‰ führte.
Mit seiner (Sprung-)Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Er beanstandet im Rahmen der erhobenen Verfahrensrüge, dass die ohne richterliche Anordnung entnommene Blutprobe zu seinen Lasten verwertet worden ist. Neben der Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt er des Weiteren, ihm für die Zeit der Beschlagnahme des Führerscheins und der Entziehung der Fahrerlaubnis eine – vom AG abgelehnte – Entschädigung zu gewähren.
Das OLG verwirft sowohl die Revision als auch die sofortige Beschwerde gegen die Versagung einer Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG).
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „… II. … 1. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der allgemeinen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2. Aber auch die zulässig erhobene Verfahrensrüge gefährdet dessen Bestand nicht.
Insoweit beanstandet die Revision, dass der Tatrichter das Ergebnis der Blutprobenanalyse zu seinen Lasten verwertet und seinen Feststellungen zugrunde gelegt hat, obwohl insoweit ein Verwertungsverbot bestehe, weil die Blutentnahme ohne die nach § 81a Abs. 2 StPO erforderliche richterliche Anordnung vorgenommen worden war. Die Rüge vermag im Ergebnis nicht durchzudringen.
a) Der Senat lässt offen, ob – wie es der überwiegenden (veröffentlichten) Rspr. der Instanzgerichte entspricht – bei dem Verdacht der Trunkenheitsfahrt die Einholung einer richterlichen Anordnung wegen der Gefährdung des Untersuchungserfolges schon im Hinblick darauf regelmäßig entbehrlich ist, weil wegen des Abbaus des Blutalkoholgehalts jede zeitliche Verzögerung bei der Blutentnahme zu größeren Ungenauigkeiten oder gar einer Unmöglichkeit der Rückrechnung und daher zu größeren Ungenauigkeiten bei der Feststellung der Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit führt (so u.a. LG Hamburg, Beschl. v. 12.11.2007 – 603 Qs 470/07 – = NZV 2008, 213 = Blutalkohol 45 [2008], 77; LG Braunschweig, Beschl. v. 4.1.2008 – 9 Qs 381/07 – = NdsRpfl 2008, 84; LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 24.6.2008 – 5 Qs 93/08 – bei juris; AG Tiergarten, Urt. v. 5.6.2008 – 3032 PLs 9355/07 – = Blutalkohol 45 [2008], 322; a.A. LG Berlin, B. v. 23.4.2008 – 528 Qs 42/08 – = DAR 2008, 534 = Blutalkohol 45 [2008], 266; offen gelassen von LG Heidelberg, Beschl. v. 11.8.2008 – 2 Qs 39/08 – = Blutalkohol 45 [2008], 321).
Es bestehen bereits Bedenken, ob diese Sichtweise mit der Rspr. des BVerfG in Einklang zu bringen ist, wonach die Ermittlungsbehörden regelmäßig versuchen müssen, die Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen, bevor sie selbst eine Blutentnahme anordnen (BVerfG, B. v. 12.2.2007 – 2 BvR 273/06 – = NJW 2007, 1345 = Blutalkohol 45 [2008], 71 = NZV 2007, 581; Rn 17 m.w.N.). Bedenken gegen die zitierte Rspr. bestehen aber auch, weil es fraglich erscheint, ob eine Gefährdung des Ermittlungserfolgs (als Voraussetzung für die Eilanordnungskompetenz der Staatsanwaltschaft und – subsidiär – ihrer Hilfsbeamten) allein auf Grund des angesprochenen Gesichtspunkts generell oder doch nur unter weiterer Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles beantwortet werden kann. Hier dürften nicht zuletzt die Tageszeit und damit die Erreichbarkeit eines Richters sowie der Grad der Alkoholisierung und seine Nähe zu rechtlich relevanten Grenzwerten von Bedeutung sein. Gerade bei höhergradiger Alkoholisierung, die durch alkoholtypische körperliche Ausfallerscheinunge...