Seit dem sog. Porsche-Urteil besteht in der Regulierungspraxis erheblicher Streit, in welchen Fällen der Geschädigte bei fiktiver Abrechnung von Reparaturkosten die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen darf. Hierbei geht es um die Frage, inwieweit es dem gegnerischen Haftpflichtversicherer möglich ist, den Geschädigten konkret auf eine günstigere (nicht markengebundene) Fachwerkstatt zu verweisen, um sodann der fiktiven Abrechnung deren (günstigere) Stundenverrechnungssätze zugrunde zu legen. Entsprechend kontrovers ist die bisherige Instanzrechtsprechung und Literatur.
Der Streit basiert im Wesentlichen auf einem in den Entscheidungsgründen des Porsche-Urteils enthaltenen Satz, bei dem unklar blieb, inwieweit er den scheinbar eindeutigen Grundsatz, der auch den Leitsatz der Entscheidung bildete, relativiert. Der im Leitsatz enthaltene Grundsatz der Entscheidung lautet:
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Der Geschädigte, der fiktive Reparaturkosten abrechnet, darf der Schadensberechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen. Der abstrakte Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen Marken- und freien Fachwerkstätten einer Region repräsentiert als statistisch ermittelte Rechengröße nicht den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag.
Demgegenüber lautet der hinsichtlich seiner Bedeutung umstrittene Satz der Entscheidungsgründe:
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Zwar kann dem Berufungsgericht vom Ansatz her in der Auffassung beigetreten werden, dass der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, sich auf diese verweisen lassen muss.
Hiermit korrespondierend führte der BGH aus: "Unter diesen Umständen muss sich die Klägerin auf die abstrakte Möglichkeit der technisch ordnungsgemäßen Reparatur in irgendeiner kostengünstigeren Fremdwerkstatt auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nicht verweisen lassen". Diesen beiden Sätzen ließ sich durchaus entnehmen, dass zwar keine abstrakte, jedoch eine konkrete Verweisung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit denkbar ist. Dementsprechend fokussierte sich der Streit auf die Auslegungsfrage, unter welchen Voraussetzungen von einer "ohne weiteres zugänglichen günstigeren und gleichwertigen Reparaturmöglichkeit" i.S.d. vorgenannten BGH-Zitats auszugehen ist. Insbesondere die Frage der Gleichwertigkeit der Reparatur in einer nicht markengebundenen Werkstatt zu einer solchen in einer markengebundenen Werkstatt bildete den Kern der Diskussion.
Nunmehr hatte der BGH in seiner Entscheidung vom 20.10.2009 Gelegenheit, seine hinsichtlich der Interpretation höchst umstrittenen Äußerungen im Porsche-Urteil zu konkretisieren.