BGB § 307; Versicherungsbedingungen der Marktwertversicherung von Berufsfußballspielern §§ 1, 3, 5
1. Voraussetzung der Leistungsfreiheit wegen Verletzung einer nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden Informationsobliegenheit ist die positive Kenntnis des Versicherungsnehmers von den anzuzeigenden oder aufzuklärenden Umständen.
2. Eine Obliegenheit, die ein Tun oder Unterlassen auferlegt, muss klar und eindeutig erkennen lassen, was im Einzelnen verlangt wird.
(Leitsätze der Schriftleitung)
BGH, Urt. v. 16.9.2009 – IV ZR 246/08
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Marktwert-Versicherung in Anspruch, die er für den Fall der Invalidität der Spieler seiner in den Jahren 2000 bis 2002 in der Zweiten Fußball-Bundesliga spielenden Mannschaft abgeschlossen hat. Versichert ist u.a. der nigerianische Spieler M, für den die Versicherungssumme auf 766.937,82 EUR festgesetzt ist.
Der Marktwert-Versicherung liegen VB zu Grunde, die als Versicherungsumfang eine von bestimmten Ursachen, Zeitabläufen und Folgen für die berufliche Tätigkeit abhängige Vollinvalidität bestimmten sowie Obliegenheiten regeln.
Bei einem Punktspiel am 29.9.2000 zog sich der Spieler M eine Knieverletzung zu. Im März 2001 nahm er wieder am Mannschaftstraining teil. Im Zeitraum von Dezember 2001 bis März 2002 wurde er bei insgesamt sechs Punktspielen der Zweiten Fußball-Bundesliga aktiv eingesetzt, bei vier weiteren Spielen war er als Ersatzspieler benannt. Mit Schreiben vom 16.7.2002 zeigte der Kläger die dauernde Vollinvalidität des Spielers gegenüber der Beklagten an.
Das LG hat die Klage abgewiesen, das BG die Berufung zurückgewiesen.
Aus den Gründen:
[8] “… Die Revision hat Erfolg …
[9] II. 1. Die hier genommene Marktwert-Versicherung ist eine Summenversicherung i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 VVG a.F., die nicht auf die Deckung eines konkreten Schadens ausgerichtet ist. Die Leistungspflicht des Versicherers geht dahin, bei Eintritt des in § 1 Nr. 1 VB näher umschriebenen Versicherungsfalls eine bestimmte, vorher festgelegte Summe zu zahlen, die in ihrer Höhe unabhängig von einem etwaigen Schaden ist …
[10] 2. Schon im rechtlichen Ausgangspunkt unzutreffend nimmt das BG an, eine Leistungspflicht der Beklagten nach § 1 Nr. 1 VB sei wegen einer Verletzung der Obliegenheit aus § 5 II Nr. 3 VB nicht gegeben.
[11] a) Angesichts des einleitenden Satzes in § 5 II VB, in dem ausdrücklich von der Erfüllung nachfolgend im einzelnen aufgeführter Obliegenheiten die Rede ist, und des Wortlauts und Sinngehalts der Nr. 3 ist aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen, um Verständnis der Klausel bemühten Versicherungsnehmers … grundsätzlich von der Vereinbarung einer Obliegenheit auszugehen, als deren Rechtsfolge in § 5 II Nr. 6 VB i. V. mit § 6 Abs. 3 VVG a.F. Leistungsfreiheit des Versicherers vorgesehen ist.
[12] b) Das BG jedoch nicht beachtet, dass die Kenntnis der nach Eintritt eines Versicherungsfalls mitzuteilenden oder – wie hier – nachzuweisenden Umstände oder Tatsachen bereits zum objektiven Tatbestand der Verletzung einer solchen Obliegenheit gehört. Fehlt dem Versicherungsnehmer oder der versicherten Person diese Kenntnis, läuft die entsprechende Obliegenheit ins Leere. Schon objektiv kann sie nicht verletzt werden, denn es gibt nichts, worüber Versicherungsnehmer und versicherte Person nach ihrem Kenntnisstand den Versicherer aufklären könnten. Dieses positive Wissen um die die Obliegenheit auslösenden Umstände muss der Versicherer, will er sich auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Obliegenheit berufen, beweisen (vgl. Senats VersR 2007, 389 Tz. 10, 13 f.; VersR 2008, 905 Tz. 15, 18 … ). Die Beklagte als Versicherer hätte also belegen müssen, wann die Kenntnis – und nicht das bloße Kennenmüssen – vom ‘Beginn der dauernden Vollinvalidität’ gegeben war, damit die Nachweisfrist von 20 Tagen überhaupt in Gang gesetzt werden konnte. Dazu hat das BG keine Feststellungen getroffen. Stattdessen hat es ein Kennenmüssen ausreichen lassen und dieses zudem der Prüfung des Verschuldens zugeordnet; damit hat es zugleich die Maßstäbe der von ihm zu Grunde gelegten groben Fahrlässigkeit verkannt.
[13] c) Nach ihrem eindeutigen Wortlaut richtet sich die Obliegenheit zudem – nur – an die versicherte Person. Daher kommt es von vornherein nicht darauf an, ob der Kläger als Versicherungsnehmer Kenntnis vom Gesundheitszustand des Spielers M hatte; vielmehr ist allein auf den Kenntnisstand der versicherten Person abzustellen. Auch das hat das BG übersehen.
[14] Weiter – und jedenfalls missverständlich – untersucht das BG, ob dem Kläger ein ihm obliegender Nachweis fehlender Relevanz der Obliegenheitsverletzung gelungen ist. Diese Frage stellt sich nach der Rspr. des Senats im Falle einer vorsätzlichen folgenlosen Obliegenheitsverletzung … Bei Annahme grober Fahrlässigkeit, von der das BG ausgeht, ist hingegen nach § 6 Abs. 3 S. 2 VVG a.F. zu prüfen, ob dem Versicherungsnehmer ein Kausalitätsgegenbeweis gelingt (vgl. BGHZ 169, 86, 93 … ).
[15] 3. Darauf kommt es letztlich jedo...