BGB §§ 253 Abs. 2, 280 Abs. 1, 675
Die Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages, der nicht den Schutz der Rechtsgüter des § 253 Abs. 2 BGB zum Gegenstand hat, begründet in der Regel keinen Schmerzensgeldanspruch.
BGH, Urt. v. 9.7.2009 – IX ZR 88/08
Der Beklagte zu 1) erteilte der Klägerin in einem Beratungsgespräch die anwaltliche Auskunft, die private Haftpflichtversicherung der Klägerin werde für die von der Klägerin und ihrem Ehemann herbeigeführten Brandschäden ihres Hauses nicht eintreten und fasste diese Auskunft in einem Schreiben zusammen. Die Klägerin machte die Verurteilung des beklagten Anwalts zur Leistung von Schmerzensgeld geltend und führte zur Begründung aus, auf Grund der unzutreffenden Rechtsauskunft des Beklagten einen Nichtvermögensschaden erlitten zu haben.
Der BGH bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichtes, das einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Schmerzensgeld verneint hatte.
Aus den Gründen:
[7] “… II. … Die Ansicht des Berufungsgerichts, der geltend gemachte Nichtvermögensschaden werde vom Schutzzweck der verletzten Beratungsverpflichtung der Beklagten nicht erfasst, ist rechtlich zutreffend.
[8] 1. Revisionsrechtlich ist vom Vorbringen der Klägerin auszugehen. Danach hat der Beklagte zu 1) nach der Mandatserteilung auf Frage der Klägerin erklärt, sie müssten die Kosten der Haussanierung tragen, wenn das für den Brand kausale Verhalten der Eheleute als grob fahrlässig eingestuft werden sollte. Aus dem von der Klägerin in diesem Zusammenhang vorgelegten Schreiben des Beklagten zu 1) an die Eheleute vom 12.2.2003 geht hervor, dass der Beklagte zu 1) unter Bezugnahme auf § 61 VVG a.F. die Ansicht vertreten hat, die private Haftpflichtversicherung müsse bei einem grob fahrlässigem Fehlverhalten der Klägerin nicht leisten.
[9] … Die erteilte Auskunft war unrichtig, weil § 152 VVG a.F. – jetzt § 103 VVG – für die Haftpflichtversicherung der subjektive Risikoausschluss nur für vorsätzliches und widerrechtliches Handeln des Versicherungsnehmers gilt und § 61 VVG a.F. hierdurch eingeschränkt wird (BGH, Urt. v. 30.5.1963, VersR 1963, 742, 743). Dementsprechend besteht nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AHB ein Risikoausschluss nur für Versicherungsansprüche aller Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben. Damit sind die Beklagten zum Ersatz des durch die unzutreffende Auskunft entstandenen Schadens verpflichtet.
[10] 2. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens ist § 253 Abs. 2 BGB …
[11] Nach dem – bestrittenen – Vortrag der Klägerin, den das Berufungsgericht seiner Beurteilung zu Grunde gelegt hat, ist bei der Klägerin sowie ihrem Ehemann ein Nichtvermögensschaden entstanden. (Wird ausgeführt.)
[12] 3. Die Kriterien der äquivalenten und adäquaten Verursachung führen nicht in allen Fällen zu einer sachgerechten Eingrenzung der Haftung für schadensursächliches Verhalten. Dem Anspruchsgegner darf deshalb nur der Schaden zugerechnet werden, der innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm eingetreten ist. Diese Wertung gilt auch im Vertragsrecht. Die Haftung des Schädigers ist dort durch den Schutzzweck der verletzten vertraglichen Pflicht beschränkt. Dies bedeutet für den Bereich der Anwalts- (und Steuerberater)haftung, dass der Berater vertraglich nur für solche Nachteile einzustehen hat, zu deren Abwendung er die aus dem Mandat folgenden Pflichten übernommen hat ( … BGH, Urt. v. 26.6.1997, BRAK 1998, 15 m. Anm. Borgmann = MDR 1997, 987 = NJW 1997, 2946, 2947; v. 15.1.2009, BGHReport 2009, 501 = MDR 2009, 596 = BRAK 2009, 121 m. Anm. Grams, a.a.O. Rn 9 … ). Der Schutzzweck der Beratung ergibt sich hierbei aus dem für den Anwalt erkennbaren Ziel, das der Mandant mit der Beauftragung verfolgt, und ist objektiv aus Inhalt und Zweck der vom Anwalt geschuldeten Tätigkeit zu bestimmen (BGH, Urt. v. 26.6.1997, a.a.O.). Nach diesen Grundsätzen scheidet ein Schmerzensgeldanspruch aus.
[13] a) Nach der im Schrifttum vertretenen Ansicht kommt im Rahmen der vertraglichen Anwaltshaftung ein Schmerzensgeldanspruch aus § 253 Abs. 2 BGB nur dann in Betracht, wenn der Schutz der in dieser Bestimmung genannten Rechtsgüter des Mandanten in den Bereich der vom Anwalt übernommenen Pflichten fällt. Dies wird etwa bejaht, wenn der Mandant infolge eines Fehlers seines Verteidigers in Haft genommen oder ihm die beantragte Haftverschonung versagt wird (Fischer, in: Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rn 1092; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Aufl., Rn 769; Chab, AnwBl 2005, 497, 498). Für den Regelfall wird dagegen angenommen, dass ein Anwaltsauftrag nicht auf die Wahrnehmung oder Förderung eines Interesses zur Wahrung der Körperintegrität oder Gesundheit gerichtet ist (Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille, a.a.O., Rn 766; Fischer, in: Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, a.a.O., Rn 1033, 1035 Fallgestaltung 7) und durch Beratungsfehler verursachte Gesundheitsschäden deshalb keinen ...