[9] "… II. 1. Zwar ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass nach der Rspr. des BGH der Entleiher eines Fahrzeugs aus positiver Vertragsverletzung für alle Schäden haftet, die adäquat-kausal durch die unerlaubte Überlassung des Fahrzeugs an einen Dritten entstanden sind (BGHZ 37, 306, 309 f. = NJW 1962, 1678). Denn das Verschulden des Entleihers muss sich bei der Verletzung der Pflicht aus § 603 S. 2 BGB nur auf das eigene vertragswidrige Verhalten und nicht auf den dadurch verursachten Schaden beziehen (MüKo/Häublein, 5. Aufl., § 603 Rn 4 m.w.N.)."
[10] 2. Dieser zur vertraglichen Haftung bei der Leihe entwickelte Rechtssatz kann jedoch nicht im Wege einer analogen Anwendung des § 603 S. 2 BGB auf die Haftung bei einer Gebrauchsüberlassung aus Gefälligkeit übertragen werden.
[11] a) Voraussetzung für eine Analogie ist, dass das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von denselben Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (Senat NJW 2010, 1065 = NZM 2010, 240 Rn 21 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
[12] b) Zwar mag bei einer Gebrauchsüberlassung aus Gefälligkeit, wie vom Berufungsgericht angenommen, die Interessenlage der Beteiligten mit der bei einer Leihe vergleichbar sein, weil der Gefällige ebenso wie der Verleiher ein Interesse daran hat, dass der Begünstigte mit der Sache sorgfältig umgeht und sie ohne entsprechende Erlaubnis nicht an Dritte weitergibt. Dies allein rechtfertigt jedoch eine analoge Anwendung des § 603 S. 2 BGB nicht. Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke.
[13] c) Von der Rspr. (BGHZ 21, 102, 106 f. = NJW 1956, 1313; BGH NJW 1992, 2474, 2475; OLG Stuttgart NJW 1971, 660, 661; OLG Koblenz MDR 1999, 1509; NJW-RR 2002, 595; OLG Karlsruhe NJOZ 2004, 4069; OLG Frankfurt a.M. VersR 2006, 918) und Teilen des Schrifttums (Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., Vorb. § 241 Rn 8; Erman/v. Westphalen, BGB, 12. Aufl., Vorb. § 598 Rn 2; Jauernig/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 311 Rn 45; Jauernig/Mansel, BGB, ebda., § 598 Rn 5) wird eine vertragsähnlich ausgestaltete Haftung innerhalb eines Gefälligkeitsverhältnisses grundsätzlich abgelehnt und der Geschädigte mit seinen Ansprüchen allein auf das Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB) verwiesen, weil ein ohne Rechtsbindungswillen der Beteiligten eingegangenes Gefälligkeitsverhältnis eine an das Vertragsrecht angelehnte Haftung nicht begründen könne.
[14] Bei den Regelungen über die vertragliche Leihe handelt es sich um ein vom Gesetzgeber besonders ausgestaltetes Vertragsverhältnis, das einen beiderseitigen Verpflichtungswillen der Beteiligten voraussetzt und für jeden Vertragsschließenden Rechte und Pflichten begründet und ausformt (BGH NJW 1992, 2474, 2475 f.). Insbesondere enthalten die Vorschriften über die Leihe umfassende Regelungen bezüglich der Haftung von Verleiher und Entleiher, die ausgewogen die Besonderheiten der unentgeltlichen Leihe berücksichtigen (vgl. §§ 599, 600, 602, 603, 606 BGB). Bei der Überlassung eines Gegenstands im Rahmen eines bloßen Gefälligkeitsverhältnisses fehlt den Beteiligten jedoch gerade der Wille, sich rechtlich zu binden (BGH NJW 1992, 2474, 2475). Die Beteiligten entscheiden sich in diesem Fall dafür, die Gebrauchsüberlassung nicht den gesetzlichen Bestimmungen über die Leihe zu unterstellen. Folglich können einzelne Bestimmungen, die zur Gestaltung dieses besonderen Vertragsverhältnisses beitragen, nicht auf ein dem Deliktsrecht unterfallendes Gefälligkeitsverhältnis übertragen werden (BGH NJW 1992, 2474, 2475 f.; OLG Frankfurt a.M. VersR 2006, 918; OLG Karlsruhe NJOZ 2004, 4069, jew. zur Frage der Übertragung der kurzen Verjährungsfrist des § 606 BGB auf ein Gefälligkeitsverhältnis; anders OLG Koblenz VRS 100, 85, 86 f., unter der Annahme eines “leiheähnlichen Gefälligkeitsverhältnisses’).
[15] d) Eine planwidrige Regelungslücke als Voraussetzung für eine analoge Anwendung des § 603 S. 2 BGB besteht auch dann nicht, wenn man mit Teilen des Schrifttums (vgl. Canaris, JZ 2001, 499, 502; Staudinger/Reuter, BGB, Neubearb. 2005, Vorb. §§ 598 ff. Rn 11 f.; MüKo/Kramer, 5. Aufl., Einl, Rn 42; Krebs, in: AnwK-BGB, § 311 Rn 92; Grüneberg/Sutschat, in: Bamberger/Roth, BGB, § 311 Rn 50; Soergel/Kummer, BGB 1997, Vorb. § 598 Rn 5; Erman/Kindl, BGB, 12. Aufl., § 311 Rn 22; Hoppenz, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 4. Aufl., § 598 Rn 8; Gehrlein, VersR 2000, 415) annimmt, dass jedenfalls bei Gefälligkeitsverhältnissen mit rechtsgeschäftsähnlichem Charakter (vgl. zu diesem Begriff Canaris, JZ 2001, 499, 502) gegenseitige Schutz- und Treuepflichten bestehen, deren Verletzung zu einer Haftung nach vertraglichen Grundsätzen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB) füh...