Vom 15. bis 17. Oktober 2010 fanden die 30. Homburger Tage statt, die größte bundesweite Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht, die jährlich am 3. Oktober-Wochenende durchgeführt wird. Auch in diesem Jahr, erneut mustergültig organisiert von Rechtsanwalt JR Hans-Jürgen Gebhardt und seiner Mannschaft sowie von seiner Ehefrau Marliese, fanden sich ca. 150 Verkehrsrechtler – Richter, Versicherungsjuristen, Verwaltungsjuristen, Hochschullehrer und Rechtsanwälte – in Homburg/Saar zusammen, um sich fortzubilden und über aktuelle verkehrsrechtliche Fragen auszutauschen. Wie stets hatten auch die 30. Homburger Tage ein hohes fachliches Niveau, eben weil führende Juristen aus Justiz, der Lehre, der Verwaltung und der Versicherungswirtschaft aktiv teilnahmen.
Nach der Begrüßung durch Rechtsanwalt JR Hans-Jürgen Gebhardt, der etwas ausführlicher als sonst anstehende Probleme im Rahmen der Schadensregulierung ansprach und auch anmahnte, dass die Verkehrsanwälte sich in erster Linie als Geschädigtenanwälte verstehen sollten, referierte der VRiBGH Gregor Galke die "neueste Rspr. des BGH zur Haftung von Fahrer und Halter". Eingangs blickte er kurz auf 30 Jahre Homburger Tage zurück und hob die Verdienste Hans-Jürgen Gebhardts als Ideengeber des interessenübergreifenden, unabhängigen Diskussionsforums hervor. In seinen fachlichen Ausführungen bezog er sich auf das 2002 in Kraft getretene Zweite Schadensrechtsänderungsgesetz, insoweit das Recht des Straßenverkehrs davon betroffen war. Als Kernpunkte hob Galke die Verbesserung der Rechtsstellung der Kinder im motorisierten Verkehr durch § 828 Abs. 2 BGB hervor, deren Schutz die strengere Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 2 StVG, die sich jetzt auch allgemein auf die Fahrzeuginsassen erstreckt. Wichtig erschien dem Referenten aber auch, dass der geschädigte – spontan eingreifende – "Unfallhelfer" jetzt grds. ebenfalls den Schutz der Gefährdungshaftung genießt, also nicht zu den hiervon gem. § 8 Nr. 2 StVG ausgenommenen Verletzten zählt, die "bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs tätig waren".
Das zweite Referat zum Thema "Sozialleistungsansprüche nach einem Schadenfall – Ausstrahlungen auf die Schadensregulierung" hielt Rechtsanwalt Prof. Dr. Hermann Plagemann. Er führte aus, Unfallregulierung sei nicht ohne Rücksicht auf die dem Unfallopfer zustehenden bzw. zufließenden Sozialleistungen denkbar. Insb. stelle sich die Frage, wann und inwieweit diese als Ersatzansprüche anzurechnen seien und was man von wem verlangen könne. Weitere, von Plagemann behandelte Frage war, inwieweit Sozialleistungen Maßstäbe auch insoweit setzen, als es um die Höhe, den Umfang und die Intensität von Ersatzleistungen geht. Die in 2009 verabschiedete UN-Behinderten-Resolution könne sowohl das Sozialrecht als auch das private Schadenersatzrecht auf mehr "Inklusion" beeinflussen. In seinem Referat gab Plagemann einen Überblick über die wichtigsten Sozialleistungen und Streitfragen, die sich im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Ansprüche ergeben. Eine wirksame Verzahnung beider Rechtsbereiche, also auch das Sozialrecht einerseits und das Schadenersatzrecht andererseits, sei – so der Referent – eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Jedenfalls wurde deutlich, wie wichtig sozialrechtliche Kenntnisse auch für den Verkehrsanwalt sind.
Zum Thema "Aktuelle Rspr. des Bundesgerichtshofs zur Haftpflichtversicherung" referierte RinBGH Marion Harsdorf-Gebhardt. Zunächst beschäftigte sie sich mit den in den AVB enthaltenen Risikoausschlussklauseln, die bestimmte Gefahren oder Gefahrumstände vom Versicherungsschutz ausnehmen. Wichtig in der Haftpflichtversicherung ist auch das sog. Trennungsprinzip, d.h. die Tatsache, dass die Haftung gegenüber dem Geschädigten von der Deckungspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer zu unterscheiden ist. Eine rechtskräftige Entscheidung im Haftpflichtprozess entfaltet Bindungswirkung für den nachfolgenden Deckungsprozess, d.h. die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung kann im Deckungsprozess nicht erneut überprüft werden. Gegenstand des Referats war weiter der ausnahmsweise Direktanspruch gegenüber dem Haftpflichtversicherer, insb. in der Kfz-Haftpflichtversicherung. Die Referentin befasste sich zudem mit der Verpflichtung der Haftpflichtversicherer, begründete Haftpflichtansprüche zu befriedigen oder dem Versicherungsnehmer Rechtsschutz für die Abwehr unbegründeter Ansprüche zu gewähren, dies auch durch Übernahme der Gerichts- und Anwaltskosten. Demzufolge hat der Haftpflichtversicherer bei Interessenkollision auch die Kosten eines vom Versicherungsnehmer beauftragten Rechtsanwalts zu übernehmen, bspw. dann, wenn sich der Kfz-Haftpflichtversicherer damit verteidigt, der fragliche Verkehrsunfall sei gestellt worden.
Das vierte Referat hielt RiBGH Jürgen Cierniak zum Thema "Strafprozessuale Beweisverbote in Verkehrssachen". Er setzte sich ausführlich mit der einschlägigen hochaktuellen Rspr. des BVerfG und des BGH über die Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbo...