"… Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg."
Der Kläger hat sich vorsätzlich unerlaubt vom Unfallort entfernt und auf Grund dieser Obliegenheitsverletzung gem. § 28 Abs. 2 VVG keinen Anspruch auf Zahlung von 87.126,88 EUR. Dem Versicherungsvertrag lagen die AKB zu Grunde. Die dort geregelten Obliegenheitspflichten sind auch nicht auf Grund der unterbliebenen Umstellung der Versicherungsbedingungen mit Einführung des neuen VVG unwirksam geworden. Der Kläger hat schließlich den ihm obliegenden Kausalitätsgegenbeweis (§ 28 Abs. 3 VVG) nicht geführt.
1. Die Parteien haben die Versicherungsbedingungen wirksam in den Versicherungsvertrag einbezogen und damit wirksam eine vertragliche Obliegenheit vereinbart (vgl. § 28 Abs. 1 VVG). Auf den streitgegenständlichen Verkehrsunfall ist das VVG in der neuen Fassung anzuwenden, da sich der Versicherungsfall nach dem 1.1.2009 ereignete. Angesichts des Versicherungsscheines vom 27.4.2007 wurden die AVB Vertragsbestandteil. …
2. § 7 der AKB ist auch nicht deshalb unwirksam, weil mit Einführung des neuen VVG keine Umstellung der Versicherungsbedingungen erfolgte und somit immer noch ein Hinweis auf § 6 VVG a.F. enthalten ist, obwohl diese Vorschrift nunmehr nicht mehr gilt und durch § 28 VVG n.F. ersetzt wurde.
Zwar wird z.T. in Rspr. und Literatur vertreten, dass die vertraglichen Obliegenheiten in einem solchen Fall insgesamt unwirksam seien (vgl. zum Meinungsstand Günther, zfs 2010, 362 ff.). Richtigerweise führt aber die fehlende Umstellung der Versicherungsbedingungen nicht zu einer gänzlichen Sanktionslosigkeit von Obliegenheitsverletzungen. Vielmehr ist der Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung den alten Versicherungsbedingungen und die Rechtsfolgen der Obliegenheitsverletzung dem neuen VVG (hier folglich § 28 VVG) zu entnehmen (so auch Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., Artikel 1 EGVVG, Rn 37 ff. und Günther, a.a.O. jew. m.w.N.; LG Ellwangen, Urt. v. 1.3.2010 – 2 O 129/09).
Die Auffassung, dass Obliegenheitsverletzungen bei unterbliebener Anpassung wegen § 28 VVG unwirksam geworden seien, setzt sich über den Umstand hinweg, dass an die Stelle der unwirksamen Klausel keine fiktive vertragliche Vereinbarung, sondern die gesetzlichen Rechtsfolgen des § 28 VVG treten. Der Versicherungsnehmer darf nicht darauf vertrauen, dass eine ursprünglich zulässige Klausel infolge einer Gesetzesänderung, durch welche die vorgesehenen Sanktionen lediglich abgemildert werden, völlig sanktionslos wird. Erforderlich ist lediglich, dass die Obliegenheit, nicht aber die Rechtsfolge, wirksam vereinbart ist.
Demgegenüber kann sich der Versicherungsnehmer nicht auf Transparenzinteressen berufen (Prölss/Martin, a.a.O., Rn 37). Die Anwendung der in § 28 VVG vorgesehenen Rechtsfolgen verstößt auch nicht gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Jenes Verbot gelangt nämlich nicht zur Anwendung, wenn die jetzt unwirksame Regelung nach altem Recht zulässig oder sogar erforderlich war, für Sanktionen wie die Anwendung des Verbots also kein Anlass besteht. …
3. Der Kläger hat sich nach dem Unfall wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gem. § 142 StGB strafbar gemacht und damit eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung begangen. Dass der Kläger eine vorsätzliche Unfallflucht begangen hat, steht fest auf Grund der beigezogenen Strafakten des AG Ellwangen. Der Kläger hat nunmehr im Zivilverfahren auch gar nicht in Abrede gestellt, dass er eine Unfallflucht begangen hat. Durch den Unfall ist auch ein erheblicher Fremdschaden entstanden, welcher dem Kläger auf Grund des Schadensbildes auch bewusst sein musste.
In den Versicherungsbedingungen war geregelt, dass der Kläger alles zu tun hatte, was zur Aufklärung des Tatbestands und zur Minderung des Schadens dienlich sein konnte. Auch ohne ausdrückliche Erwähnung in den AKB liegt eine entsprechende Obliegenheitsverletzung vor, wenn dadurch – wie vorliegend – der objektive und subjektive Tatbestand des § 142 StGB erfüllt wird (BGH VersR 2000, 222; OLG Saarbrücken r+s 2009, 142). Die Strafvorschrift entfaltet einen Schutzreflex für das Aufklärungsinteresse der Kraftfahrzeugversicherer, weil das Ergebnis polizeilicher Ermittlungen mittelbar auch diesen zugute kommt. Dass mit der Verletzung der Pflichten des § 142 StGB der Leistungsanspruch gegen den Versicherer gefährdet sein kann, muss sich dem Versicherungsnehmer schon deshalb aufdrängen, weil er um dessen Interesse an der vollständigen Aufklärung des Unfallhergangs und der Unfallursachen weiß und sich bewusst ist, dass er es mit dem Verlassen des Unfallorts nachhaltig beeinträchtigt.
Die Aufklärungsobliegenheit entfällt auch dann nicht, wenn die Haftungslage eindeutig ist, denn in der Kaskoversicherung geht es stets auch darum, zu prüfen, ob der Versicherer deshalb leistungsfrei ist, weil etwa eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeil für den Unfall ursächlich gewesen sein könnte (BGH VersR 2000, 222). Auch die Tatsache, dass der Kläger eventuell, wie von ihm behauptet, “moralisch am Boden’ war, ändert nic...