BGB § 249
Leitsatz
Zu den Grenzen der Ersatzfähigkeit von Sachverständigenkosten bei der Feststellung von Kfz-Schäden.
(Leitsatz des Einsenders)
LG Saarbrücken, Urt. v. 22.6.2012 – 13 S 37/12
Sachverhalt
Der Kl. macht die Verurteilung der Bekl., die für die Folgen eines Verkehrsunfalls in voller Höhe eintrittspflichtig sind, u.a. zur Erstattung der von dem Kl. aufgewandten Sachverständigenkosten geltend. Der Kl. hatte die Streithelfer, die ein Kfz-Sachverständigenbüro unterhalten, mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragt. Die Streithelfer stellten dem Kl. für das Gutachten insgesamt brutto 655,10 EUR in Rechnung, davon netto 291 EUR für "Ingenieurtätigkeit" und 259,50 EUR netto für Nebenkosten. Die beklagte Haftpflichtversicherung des Schädigers ließ den Schaden durch einen von ihr beauftragten Sachverständigen begutachten, der deutlich niedrigere Reparaturkosten als die Streithelfer ermittelte. Der Kl. ließ auf der Grundlage des von ihm eingeholten Gutachtens die Reparatur durchführen. Der Kl. beauftragte die Streithelfer mit der Überprüfung der Einwände gegen die gutachterlichen Feststellungen der Streithelfer. Für dieses Ergänzungsgutachten stellten die Streithelfer dem Kl. 382,23 EUR in Rechnung. Der Kl. hat u.a. die Verurteilung der Bekl. zur Ausgleichung der noch offen stehenden Sachverständigenkosten für Erstgutachten und Ergänzungsgutachten verfolgt. Das AG hat den von dem Kl. geltend gemachten Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten bejaht. Die Berufung der Bekl. führte zu Abstrichen hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten und zur Verneinung der Erstattungspflicht hinsichtlich des Ergänzungsgutachtens.
2 Aus den Gründen:
“ … 2. Wie das Erstgericht in der Sache weiter zutreffend erkannt hat, steht dem Kl. dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz der Kosten des von ihm eingeholten Schadensgutachtens zu. Der Kl. ist aktiv legitimiert, da die formularmäßige Abtretung der Sachverständigenkosten mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam ist (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.2011 – VI ZR 260/10, VersR 2011, 1008 f.; vorgehend Urteil der Kammer v. 15.10.2010 – 13 S 68/10, SP 2010, 446). Entgegen der Auffassung der Erstrichterin kann der Kl. Sachverständigenkosten für das Schadensgutachten jedoch lediglich i.H.v. 465,29 EUR ersetzt verlangen.
a) Nach der st. Rspr. des BGH gehören Kosten der Einholung eines Schadensgutachtens zu den gem. § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (BGH, Urt. v. 30.11.2004 – VI ZR 365/03, VersR 2005, 380 und v. 23.1.2007 – VI ZR 67/06, VersR 2007, 560, jeweils m.w.N.).Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Begutachtung ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte (BGH, Urt. v. 30.11.2004 – VI ZR 365/03, VersR 2005, 380 m.w.N.). Der Geschädigte ist aber grds. nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH, Urt. v. 23.1.2007 – VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 f. m.w.N.). Auch eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des “Grundhonorars’ steht der Ersatzfähigkeit nicht entgegen, da der Sachverständige damit noch nicht die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung überschreitet. Eine solche Pauschalierung des Honorars trägt dem Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.1.2007 a.a.O. m.w.N.).
b) Die Kammer hat diese Grundsätze jüngst im Rahmen mehrerer Verfahren einer erneuten Prüfung unterzogen, nachdem in einer Vielzahl von Fällen einzelne Anbieter – wie auch die Streithelfer hier – Nebenkosten beanspruchen, deren Höhe nahe an das abgerechnete Grundhonorar heranreicht, und von Seiten der Versicherungswirtschaft der Einwand erhoben wurde, die “subjektbezogene Schadensbetrachtung’ und das Fehlen einer Markterkundungspflicht im Bereich der gesetzlichen Kfz-Haftpflicht seien geeignet, den Anreiz für den Geschädigten zu einer sparsamen Auftragserteilung so weit herabzusenken, dass die Preiselastizität des Marktes für Kfz-Schadensgutachten gefährdet sei. Die Kammer hält nach dieser Überprüfung an den oben genannten Grundsätzen fest (vgl. Kammer, Urt. v. ...