BGB § 286 Abs. 4 § 288; ZPO § 104 Abs. 1 S. 2
Leitsatz
1. Die Verzinsung der vom Kl. gezahlten Gerichtskosten kann für die Zeit vor dem Eingang des Festsetzungsantrags (vgl. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO) ggf. auf materiell-rechtlicher Grundlage (z.B. aus Verzug) verlangt werden.
2. Auch wenn sich der Bekl. mit der Zahlung der eingeklagten Hauptforderung in Verzug befindet, kann ein solcher Zinsanspruch nicht pauschal auf § 288 Abs. 1 BGB gestützt werden, vielmehr bedarf es der konkreten Darlegung eines weiteren Schadens i.S.v. § 288 Abs. 4 BGB.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.7.2012 – 8 U 66/11
Sachverhalt
Die Kl. hatte am 2.8.2006 vor dem LG K Klage über Werklohn i.H.v. 43.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.8.2005 erhoben. Mit Klageerweiterung vom 18.8.2010 hat die Kl. ferner die Feststellung begehrt, dass die Bekl. verpflichtet sei, auf die von der Kl. für diesen Rechtsstreit eingezahlten Gerichtskosten Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der Einzahlung bis zum Einreichen des Kostenfestsetzungsantrags als materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zu zahlen. Die Bekl. hatte zunächst Klageabweisung beantragt. Nach Beweisaufnahme hat sie dann die Hauptforderung i.H.v. 43.500 EUR anerkannt, woraufhin das LG ein entsprechendes Anerkenntnis-Teilurteil erlassen hat. Im Schlussurteil hat das LG der Kl. Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Hauptanspruch zuerkannt und dem Feststellungsantrag – allerdings nur i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz – unter Abweisung der Klage im Übrigen entsprochen. Das OLG Karlsruhe hat der Berufung der Bekl. hinsichtlich des Feststellungsantrags (Zinsen auf die Gerichtskosten) stattgegeben.
2 Aus den Gründen:
“ … I. 2. a) Das LG geht davon aus, dass die Bekl. wegen Verzugs verpflichtet sei, der Kl. die auf die Gerichtskosten entfallenden Zinsen zu ersetzen. Dabei soll der Verzug der Bekl. mit der Bezahlung der Werklohnforderung ursächlich dafür sein, dass die Kl. die Gerichtskostenvorschüsse habe aufbringen müssen und entsprechende Zinsnachteile gehabt habe. Diese Auffassung des LG hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
b) Zutreffend hat das LG allerdings erkannt, dass eine Anwendung von § 288 Abs. 2 BGB auf die streitige Forderung von vorneherein ausscheidet, weil es sich nicht um eine Entgeltforderung handelt. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Heranziehung der pauschalen gesetzlichen Zinsregelung gem. § 288 Abs. 1 S. 1 u. 2 BGB als Anspruchsgrundlage für die von der Kl. begehrte Verzinsung.
Bei der von der Kl. zum Gegenstand ihres Feststellungsantrags gemachten Verzugszinsforderung ist die sich aus § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO ergebende gesetzliche Verzinsung der im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens festgesetzten Kosten ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags von vorneherein ausgeklammert. Die Kl. begehrt allein die Feststellung einer Verzinsungspflicht der Bekl. im Hinblick auf die von ihr im Laufe des Prozesses bezahlten Gerichtskosten (Gebühren, Vorschüsse u. Auslagen) ab dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bei der Gerichtskasse bis zu dem für die Verzinsung gem. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO maßgeblichen Zeitpunkt nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote.
Zwar ist ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch neben einem prozessualen nicht von vorneherein ausgeschlossen (vgl. BGHZ 45, 251, 256 f.; BGHZ 52, 393, 396; BGH NJW 2007, 1458 TZ 7), doch erfordert ein Antrag auf dieser Grundlage, dass die Voraussetzungen einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage für Kostenerstattung (z.B. aus Vertrag, Verzug, § 311 BGB, Geschäftsführung ohne Auftrag oder Delikt) erfüllt sind. Hinsichtlich des Feststellungsantrags der Kl. bedarf mithin neben dem Nachweis einer Verzugslage auch der eingetretene Schaden besonderer Darlegung.
Schadensbegründend ist vorliegend nicht die Unterlassung der rechtzeitigen Zahlung einer Geldforderung durch den Schuldner, deren Geldwert damit dem Gläubiger nicht zur Verfügung steht und Verzugszinsfolgen auslöst. Für diese “Geldschuld’ bildet § 288 Abs. 1 S. 1 u. S. 2 BGB die Rechtsgrundlage für einen gesetzlich pauschalierten Schadensersatz in Höhe eines bestimmten Zinssatzes. Die Kl. begehrt hier Verzugszinsen nicht auf die verzugsauslösende Geldschuld, sondern für ihre Geldaufwendungen als Gläubigerin, die sie getätigt hat, um mit gerichtlicher Hilfe eine nach ihrer Ansicht berechtigte Geldforderung durchzusetzen. In Fällen dieser Art kann zur Schadensbemessung – entgegen der Ansicht des LG – nicht auf die abstrakten Regelungen des § 288 Abs. 1 S. 2 BGB zurückgegriffen werden. Der Schaden kann allenfalls in einer konkreten Aufwendung von Zinsen (z.B. durch Kreditaufnahme oder Kontoüberziehung) oder in dem Verlust einer Zinsanlagemöglichkeit für den als Gerichtskosten eingezahlten Geldbetrag liegen.
Trotz ausführlichen Hinweises des Senats hat die Kl. keinen Vortrag zu einem Zinsschaden der genannten Art gehalten. Ihr Vorbringen ist mithin zur Darlegung eines auf § 288 Abs....