Der Entscheidung ist in allen Punkten zuzustimmen.
Für die Erstattungsfähigkeit der durch die Einschaltung auswärtiger Prozessbevollmächtigter angefallenen Mehrkosten ist zwar grds. nicht zu berücksichtigen, dass der betreffende Anwalt für die Partei bereits vorprozessual tätig war, so BGH RVGreport 2012, 191 (Hansens) = NJW-RR 2012, 697; BGH RVGreport 2007, 236 (ders.) = NJW-RR 2007, 1071 = AGS 2008, 260. Nach den zutreffenden Ausführungen des OLG München sind jedoch unter besonderen Voraussetzungen von den vorgenannten Grundsätzen Ausnahmen möglich, siehe hierzu auch BGH RVGreport 2011, 346 (ders.) = zfs 2011, 526 mit Anm. Hansens = AGS 2011, 460; BGH NJW 2010, 1882. Der BGH hat eine bereits vorprozessuale Tätigkeit des auswärtigen Prozessbevollmächtigten deshalb als nicht ausreichend erachtet, um die Erstattungsfähigkeit von dessen Terminsreisekosten begründen zu können, weil eine vernünftige und kostenorientierte Partei bereits für die vorprozessuale Tätigkeit einen Anwalt an ihrem Wohnort beauftragen werde. Hierbei ist maßgeblicher Zeitpunkt insoweit bereits die Beauftragung des Anwalts mit der außergerichtlichen Interessenwahrnehmung. An diese Vorgaben des BGH hatte sich der Kl. hier genau gehalten. Der damals in Frankfurt/Main wohnhafte Kl. hatte sich nämlich zur außergerichtlichen Durchsetzung seiner Ansprüche und auch zur Führung der weiteren im Zusammenhang mit dem Jagdunfall stehenden Prozesse der in Frankfurt/Main ansässigen Kanzlei seiner nunmehrigen Prozessbevollmächtigten bedient.
Zutreffend bemerkt das OLG München auch, von einer kostenbewussten Partei könne nicht erwartet werden, auf einen mit der Sache bereits vertrauten Anwalt zu verzichten und andere, am neuen Wohnort ansässige, Anwälte zu beauftragen, siehe hierzu auch BGH NJW-RR 2004, 858 = AGS 2004, 260 = zfs 2004, 473. Hierbei hat das OLG offen gelassen, ob dieser Gesichtspunkt generell zur Erstattungsfähigkeit der Mehrkosten führt. Hier hatte der Kl. unmittelbar nach dem Unfall anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen und aus diesem Anlass eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten geführt, bei denen offensichtlich insb. die medizinischen Gegebenheiten eine wesentliche Rolle gespielt hatten. Folglich hatte sich seine Vertrauensbeziehung zu seinen Frankfurter Anwälten bereits auf dieses Unfallereignis selbst bezogen.
Die Entscheidung des OLG München zeigt beispielhaft, dass es vielfach entscheidend auf die besonderen Umstände des Einzelfalls ankommt. Es ist deshalb Aufgabe des Rechtsanwalts der erstattungsberechtigten Partei, diese – im Regelfall den Gerichtsakten nicht zu entnehmenden – Umstände im Kostenfestsetzungsverfahren vorzutragen. Mit der Würdigung der Umstände weicht das OLG München auch wohltuend von der Linie des BGH ab, der sonst eine "typisierende" Betrachtungsweise hat und nach dessen Auffassung der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Beurteilung im Einzelfall zu erzielen ist, in keinem Verhältnis zu den sich ergebenden Nachteilen steht, wenn in nahezu jedem Einzelfall darum gestritten werden kann, ob die Kosten zu erstatten sind oder nicht, so zuletzt BGH RVGreport 2012, 112 (Hansens) = NJW-RR 2012, 695. Im vom OLG München entschiedenen Fall wird sich der Kl. über den "Gerechtigkeitsgewinn" gefreut haben, auch wenn er sich "nur" in einem um 287,16 EUR höheren Erstattungsbetrag ausgewirkt hat.
VRiLG Heinz Hansens