ZPO § 91 § 104 § 406; RVG § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3; VV RVG Nr. 3500

Leitsatz

Die außergerichtlichen Kosten der Gegenpartei des erfolglosen Beschwerdeführers im Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen gem. § 406 ZPO gehören zu den erstattungsfähigen notwendigen Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.

BGH, Beschl. v. 7.11.2018 – IV ZB 13/18

Sachverhalt

Die Kl. hatten vor dem LG Traunstein gegen die fünf Bekl. Ansprüche als Vertragserben nach der Erblasserin geltend gemacht. Die Bekl. zu 1 und 2 einerseits und die Bekl. zu 3 bis 5 andererseits ließen sich in diesem Rechtsstreit durch gesonderte Prozessbevollmächtigte vertreten. In dem Rechtsstreit stritten sich die Parteien u.a. um die Wirksamkeit einer der Bekl. zu 1 von der Erblasserin erteilten Veräußerungs- und Verfügungsvollmacht. Zur Klärung der Streitfrage beauftragte das LG Traunstein einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage der Geschäftsfähigkeit der Erblasserin zu dem fraglichen Zeitpunkt. In seinem Gutachten kam dieser Sachverständige zu dem Ergebnis, in dem maßgeblichen Zeitraum habe eine Geschäfts- und Testierunfähigkeit der Erblasserin nicht vorgelegen.

Hieraufhin lehnten die Kl. den Sachverständigen mit Schriftsatz vom 4.10.2016 wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zu diesem Antrag nahmen jeweils die Prozessbevollmächtigten der Bekl. zu 1 und 2 einerseits und zu 3 bis 5 andererseits schriftsätzlich Stellung. Durch Beschl. v. 7.11.2016 wies das LG Traunstein den Befangenheitsantrag zurück. Gegen diese Entscheidung hatten die Kl. sofortige Beschwerde eingelegt. Das Beschwerdegericht – das OLG München – hat den Beklagtenvertretern die Beschwerdeschrift zugeleitet. Die Prozessbevollmächtigten der Bekl. zu 1 und 2 haben hieraufhin die Sach- und Rechtslage mit ihren Mandanten besprochen und mit einer schriftlichen Ausarbeitung ihrer Stellungnahme begonnen. Die Prozessbevollmächtigten der Bekl. zu 3 bis 5 wurden von ihren Mandanten auch für das Beschwerdeverfahren beauftragt. Durch Beschl. v. 27.12.2016 wies das OLG München die sofortige Beschwerde der Kl. zurück und erlegte den Kl. die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf.

Hieraufhin haben die Bekl. zu 1 und 2 die Festsetzung ihrer außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren i.H.v. 1.697,42 EUR und die Bekl. zu 3 bis 5 i.H.v. 2.325,02 EUR geltend gemacht. Das LG Traunstein setzte zuletzt durch Beschlüsse vom 17.8.2107 die von den Kl. an die Beklagen zu erstattenden Kosten des Beschwerdeverfahrens antragsgemäß fest. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das OLG München zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde gegen seine Entscheidung zugelassen. Die Rechtsbeschwerde der Kl. hatte beim BGH keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen:

[3] "… II. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. (…)"

[6] Während die Ablehnung von Richtern und Sachverständigen gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG noch zu den mit dem Rechtszug zusammenhängenden Verfahren zählt, so dass ein gesonderter Gebührenanspruch des Rechtsanwalts nicht entsteht, erwächst dem Rechtsanwalt im Beschwerdeverfahren ein Anspruch auf Erstattung einer 0,5 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3500 VV RVG (vgl. OLG Celle zfs 2010, 641 m. Anm. Hansens= RVGreport 2010, 350 [Hansens]; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG 23. Aufl. § 19 RVG Rn 44). Hier hat das OLG (…) die sofortige Beschwerde der Kl. gegen den das Befangenheitsgesuch zurückweisenden Beschluss des LG zurückgewiesen und den Kl. gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Verfahrens auferlegt.

[7] a) Unterschiedlich wird allerdings die Frage beurteilt, ob die außergerichtlichen Kosten der Gegenpartei des Beschwerdeführers im Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen zu den erstattungsfähigen notwendigen Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO zählen.

[8] aa) Teilweise wird dies verneint, weil es sich bei dem Verfahren um die Ablehnung eines Sachverständigen nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handele. Dieses finde nur zwischen dem Ablehnenden und dem Gericht statt, der Prozessgegner sei daran formell nicht beteiligt (vgl. OLG München – 11. FamS. – AnwBl. 1994, 426 = MDR 1994, 627; Ahrens, in: Wieczorek/Schütze, ZPO 4. Aufl. § 406 Rn 62; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 76. Aufl. § 91 Rn 70).

Andere differenzieren danach, ob sich die nicht ablehnende Partei an dem Beschwerdeverfahren, z.B. durch schriftsätzliche Äußerungen, beteiligt habe oder ausdrücklich vom Gericht zu einer Stellungnahme aufgefordert sei (vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.7.2008 – 12 W 15/08, juris Rn 15).

Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum geht in Anlehnung an eine Entscheidung des BGH zur Richterablehnung (RVGreport 2005, 275 [Hansens] = AGS 2005, 413) davon aus, dass die den Sachverständigen nicht ablehnende Partei grds. einen Anspruch auf Erstattung der ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten habe (so etwa OLG Celle zfs 2010,...

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