Arten und Wirkungen
A. Einleitung
Kommt es zu einem Unfall, stellt sich meist sehr schnell die Frage: Wer ist schuld? Erklärungen von Unfallbeteiligten können hier unterschiedliche Bedeutung haben: Diese reichen vom konstitutiven über das deklaratorische Schuldanerkenntnis und das einseitige Schuldbekenntnis bis "hinunter" zum "bloßen" gemeinsam ausgefüllten Unfallbericht. Entsprechend unterschiedlich können die Rechtswirkungen sein: Es kann damit ein eigenständiger Rechtsgrund für einen Anspruch geschaffen werden, die Beteiligten können aber auch bloß eine gemeinsame Tatsachenschilderung abgeben wollen. Was im konkreten Fall vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln.
B. Unterschiedliche Erklärungsarten und ihre Wirkung
Je nach ihrer Rechtswirkung können Erklärungen von Beteiligten am Unfallort unterschiedliche Bedeutung und damit auch unterschiedliche Wirkung haben.
I. Abstraktes Schuldanerkenntnis
Nach § 781 BGB ist zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses aberkannt wird (Schuldanerkenntnis), die schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Liegt ein solches abstraktes Schuldanerkenntnis vor, kann sich die Haftung für die Folgen eines Verkehrsunfalls nicht nur aus dem Unfall als solchem (auf Grundlage etwa von § 823 BGB), sondern auch aus einem hiervon unabhängigen, abstrakten, mithin konstitutiv wirkenden Schuldanerkenntnisvertrag ergeben. Liegt ein solcher vor, gründet sich die Verbindlichkeit des Erklärenden allein auf ihn; auf die haftungsrechtliche Beurteilung des Unfalls kommt es nicht mehr an.
Beispiel
"Ich verspreche, Herrn (…) die Zahlung von (…) EUR und verpflichte mich, die Schuld in monatlichen Raten (…) zu bezahlen."
Ein solches abstraktes Anerkenntnis ist bei Verkehrsunfällen aber die Ausnahme.
II. Deklaratorisches (bestätigendes) Schuldanerkenntnis
Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis ist ein – im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht geregelter – Vertrag, der – im Unterschied zum konstitutiven Schuldanerkenntnis – den in Frage stehenden Anspruch nicht auf eine neue Anspruchsgrundlage stellt, sondern diesen Anspruch unter Beibehaltung des Anspruchsgrundes dadurch verstärkt, dass er ihn Einwänden des Anspruchsgegners gegen den Grund des Anspruchs entzieht. Entzogen werden dem Anspruchsgegner Einwendungen und Einreden, die bei Abgabe der Erklärung bestanden und ihm bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnete. Durch ein vertraglich bestätigendes (deklaratorisches) Schuldanerkenntnis wollen die Parteien einen bestehenden oder zumindest für möglich gehaltenen Anspruch ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit entziehen und diesen (insoweit) endgültig festzulegen. In dieser Festlegung besteht der rechtsgeschäftliche Gehalt des Schuldbestätigungsvertrags; der Vertrag wirkt insoweit regelnd auf die Rechtsbeziehungen der Parteien ein, als er die Verwirklichung einer Forderung von möglicherweise bestehenden Einwendungen (oder Einreden) befreit oder sogar ein möglicherweise noch nicht bestehendes Schuldverhältnis begründet, indem nämlich ein nur "möglicherweise" bestehendes Schuldverhältnis "bestätigt" wird. Die Rechtsnatur des Schuldbestätigungsvertrags weist damit dem Vergleich ähnliche Züge auf.
Einem solchen Vertrag kommt damit eine weitgehende Rechtswirkung zu. Der Wille der Parteien, eine derart weitgehende rechtliche Wirkung herbeizuführen, kann deshalb, wenn dies nicht ausdrücklich erklärt worden ist, nur unter engen Voraussetzungen angenommen werden. Der erklärte Wille der Beteiligten muss die mit einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis verbundenen Rechtsfolgen tragen. Das setzt insbesondere voraus, dass diese Rechtsfolgen der Interessenlage der Beteiligten, dem mit der Erklärung erkennbar verfolgten Zweck und der allgemeinen Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses entsprechen. Die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ist danach nur gerechtfertigt, wenn die Beteiligten dafür unter den konkreten Umständen einen besonderen Anlass hatten, weil zuvor Streit oder zumindest eine (subjektive) Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder über einzelne rechtliche Punkte herrschte.
Dabei wird der Erklärung, den Schaden tragen zu wollen, tendenziell der Charakter eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses zugeschrieben. der (bloßen) Aussage "Ich bin schuld" dagegen nicht. Die nach einem Verkehrsunfall von einem Beteiligten abgegebene schriftliche Erklärung, nach der er sich verpflichtet, dem Unfallgegner "den Unfallschaden" zu ersetzen, ist ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, durch das dem Versprechenden die Einwendungen aus dem Grundverhältnis abgeschnitten sind, die er bei der Abgabe der Erklärung kannte oder mit denen er rechnete. Eine derartige Erklärung ist nicht nur eine "Beruhigungserklärung" oder ein Beweismittel. In diesem Maße hat der Schuldbestäti...