Die fiktive Abrechnung von Kraftfahrzeugschäden ist seit ihrer höchstrichterlichen Anerkennung umstritten. Geradezu wellenförmig bauen sich immer wieder Widerstände auf. Die wiederholte Beschäftigung des Verkehrsgerichtstags[2] zeugt davon ebenso wie zahlreiche Aufsätze und Monographien zu diesem Thema.[3] Die letzte große Welle datiert auf die Jahrtausendwende, als im Zuge der Reform des Schadensersatzrechts durch das 2. Schadensrechtsänderungsgesetz auch die Frage im Raum stand, die fiktive Abrechnung bei Kfz-Schäden ganz zu versagen oder sie zumindest um die nicht angefallenen öffentlichen Abgaben zu mindern.[4] Das Ergebnis kennen Sie, der Gesetzgeber hat – aus Vereinfachungsgründen – die kleine Lösung gewählt und lediglich den Ersatz nicht angefallener Umsatzsteuer versagt. Im Übrigen hat er die weitere Entwicklung der Rechtsprechung überlassen. Diese hat die Aufgabe unter der Zielsetzung der Novellierung, die Attraktivität der fiktiven Abrechnung zu mindern, angenommen. Zuletzt hat sogar der VII. Zivilsenat die fiktive Abrechnung des sog. kleinen Schadensersatzes nach Werkmängeln gänzlich untersagt.[5] Das hat sogleich jene auf den Plan gerufen, die ohnehin der fiktiven Abrechnung kritisch gegenüberstehen und eine Abkehr von der fiktiven Abrechnung sämtlicher Schäden einschließlich des Kfz-Schadens begründet sehen.[6] Es ist nunmehr Zeit für die Frage, in welchem Umfang die fiktive Abrechnung von Kfz-Schäden noch Bestand hat oder ob sie sogar vor ihrer Ablösung steht.

[2] Vgl. 20. VGT 1982 AK V; 28. VGT 1990 AK V; 34. VGT 1996 AK V; 38. VGT 2000 AK III, einsehbar jew. unter https://www.deutscher-verkehrsgerichtstag.de/vgt/themen-empfehlungen; zu den unterschiedlichen Positionen des VGT etwa Bollweg NZV 2000, 188.
[3] Befürwortend etwa Gebhard AnwBl 2002, 320; Steffen NZV 1991, 1; ders. NJW 1995, 2057; Weber VersR 1990, 934, 938 ff.; ders. VersR 1992, 534; eher kritisch Bollweg NZV 2000, 188; Freundorfer VersR 1992, 1332; Greger NZV 2000, 1; Haug VersR 2000, 1329 und 1471; Honsell/Harrer JuS 1985, 162 und 1991, 443; Huber DAR 2000, 20; Kääb/Grube NZV 1989, 342; Knütel ZGS 2003, 17; Krumbholz NZV 1990, 218; Otto NZV 2001, 336; Schiemann/Haug VersR 2006, 160; Schopp MDR 1993, 313; zum Ganzen auch Oetker, in: MüKoBGB, 7. Aufl., § 249 Rn 376 f.; Staudinger/Schiemann, BGB (2017), § 249 Rn 223 f., jew. m.w.N.
[4] Dazu etwa Jaeger/Luckey MDR 2002, 1168; Karczewski VersR 2001, 1070; Müller DAR 2002, 540 sowie VersR 2003, 1, jew. m.w.N.
[6] Etwa U. Picker JZ 2018, 676.

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