Ungeachtet der rechtlichen Begründung erfährt die fiktive Abrechnung in der Praxis nicht selten Ablehnung. Viele Argumente wurden und werden gegen die fiktive Schadensabrechnung vorgebracht. Sie sei verantwortlich für überzogene Schadensforderungen, erleichtere kriminelle Praktiken mit gestellten Unfällen, die durch die fiktive Schadensabrechnung erst ihren Sinn bekommen, führe zum Abwandern des Unfallreparaturgeschäfts von den Fachwerkstätten in den "grauen" oder "schwarzen" Markt, biete Anreize zu provisorischen und damit u.U. der Verkehrssicherheit abträglichen Reparaturen, fördere die Tendenz zur Aufblähung der Unfallkosten durch "fürsorgliche" Begutachtung und verursache Schäden für die Volkswirtschaft durch Erhöhung der Unfallkosten, was zu hohen Prämien führe und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Versicherungswirtschaft beeinträchtige. Der alles überragende Vorwurf gegenüber der fiktiven Abrechnung ist jedoch die Gefahr der Überkompensation, der Bereicherung des Geschädigten am Schadensfall. Es könne nicht sein, dass der Geschädigte den vollen zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag erhalte, sich mit einer Billigreparatur begnüge und die Differenz einstreiche. Dem ist entgegengehalten worden, darin liege ein überobligatorischer Verzicht des Geschädigten, der dem Schädiger nach allgemeinen Schadensgrundsätzen gerade nicht zugutekomme. Dennoch bleibt ein ungutes Gefühl, das offenbar auch beim BGH zu einer teilweisen Revision seiner Auffassung und zu einer zunehmenden Einschränkung der fiktiven Schadensabrechnung geführt hat.
Drei Aspekte spielen dabei nach meinem Eindruck eine maßgebliche Rolle. Zum einen legt der VI. Zivilsenat bei der Bemessung der Erforderlichkeit i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB einen gegenüber der konkreten Abrechnung stärker objektivierten Maßstab an, der zudem aus einer eher ex post- statt ex ante-Betrachtung erfolgt und von den jeweils vom Geschädigten ergriffenen Maßnahmen zur Schadensbeseitigung unabhängig ist. Zum anderen erfährt das Wirtschaftlichkeitsgebot und eine damit korrespondierende Schadensminderungspflicht eine stärkere Betonung und zwar sowohl auf der tatbestandlichen Ebene der Erforderlichkeit als auch auf der Rechtsfolgenebene bei § 254 BGB. Schließlich überprüft der Senat das Ergebnis mit Blick u.U. auf das Bereicherungsverbot, um eine Überkompensation des Geschädigten im Einzelfall zu verhindern.