"…"
[19] II. … Das BG hat dem Kl. rechtsfehlerfrei einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zuerkannt.
[20] 1. Das BG hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Kl. nach den seinerzeit für die Parteien maßgeblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Internet-Plattform eBay einen wirksamen Kaufvertrag mit dem Bekl. gem. § 433 BGB über den angebotenen Radsatz abgeschlossen hat. Insb. hat es rechtsfehlerfrei – und insoweit von der Revision auch nicht angegriffen – festgestellt, der Bekl. habe den Nachweis nicht erbracht, dass ihm gerade der Radsatz, auf den der Kl. geboten hatte, gestohlen worden war und er deshalb die Internetauktion etwa aus berechtigtem Grund vorzeitig abgebrochen hätte.
[21] 2. Der Bekl. kann dem Schadensersatzanspruch des Kl., wie das BG ebenfalls frei von Rechtsfehlern entschieden hat, auch nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegenhalten.
[22] a) Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs erfordert eine sorgfältige und umfassende Prüfung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls und muss auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben (BGH NJW 2015, 548 Rn 11; BGHZ 68, 299 [304] = NJW 1977,1234). Die Beurteilung, ob das Verhalten eines Bieters auf der Internet-Plattform eBay, der an einer Vielzahl von Auktionen teilgenommen hat, als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist, ist in erster Linie dem Tatrichter vorbehalten. Sie kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das BG den Sachverhalt rechtsfehlerfrei festgestellt, alle maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt sowie den zutreffenden rechtlichen Maßstab angewandt hat und ob seine Wertung gegen Denk- und Erfahrungssätze verstößt (Senat NJW 2017, 1474 Rn 20; BGHZ 204, 145 = NJW 2015, 1087 Rn 16 m.w.N.). Ein solcher Rechtsfehler ist dem BG indes nicht unterlaufen.
[23] b) Wie auch die Revision nicht verkennt, ist es für sich genommen nicht zu beanstanden, dass ein Bieter sich als sog. Schnäppchenjäger betätigt, der bei Internetauktionen gezielt auf Waren bietet, die zu einem weit unter Marktwert liegenden Mindestgebot angeboten werden. Ebensowenig ist es missbilligenswert, wenn ein solcher Bieter sein Höchstgebot auf einen deutlich unter dem Marktwert der Ware liegenden Betrag begrenzt. Denn es macht gerade den Reiz einer solchen Internetauktion aus, dass der Bieter die Chance hat, den Auktionsgegenstand zu einem Schnäppchenpreis zu erwerben, während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, durch den Mechanismus des Überbietens einen für ihn vorteilhaften Preis zu erzielen (vgl. Senat NJW 2012, 2723 Rn 20 f.; NJW 2015, 548 Rn 10). Im Übrigen ist es der Verkäufer, der in solchen Fällen von sich aus durch die Wahl eines niedrigen Startpreises unterhalb des Marktwerts ohne Einrichtung eines Mindestpreises das Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs eingegangen ist (Senat NJW 2015, 548 Rn 12 m.w.N.). An der Beurteilung dieser Ausgangslage ändert sich auch dann nichts, wenn ein Bieter sich in einer Vielzahl von Fällen solche für den Verkäufer riskanten Auktionsangebote zunutze macht, um ein für ihn günstiges “Schnäppchen' zu erzielen, weil allein die Quantität eines von der Rechtsordnung im Einzelfall gebilligten Vorgehens i.d.R. nicht zu dessen Missbilligung führt.
[24] c) Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten eines Bieters bei Internetauktionen kommt dagegen, wovon das BG zutreffend ausgegangen ist, dann in Betracht, wenn seine Absicht von vornherein nicht auf den Erfolg des Vertrages, sondern auf dessen Scheitern gerichtet ist, er also den angebotenen Gegenstand gar nicht erwerben will, sondern auf den Abbruch der Auktion abzielt, um daraufhin Schadensersatzansprüche geltend machen zu können (sog. Abbruchjäger).
[25] Allerdings lassen sich abstrakte, verallgemeinerungsfähige Kriterien, die den zwingenden Schluss auf ein Vorgehen als “Abbruchjäger' in diesem Sinne zuließen, nicht aufstellen. Es hängt vielmehr von der dem Tatrichter obliegenden Gesamtwürdigung der konkreten Einzelfallumstände ab, ob die jeweils vorliegenden Indizien einen solchen Schluss tragen.
[26] Auch insofern ist die Beurteilung des BG aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das BG hat sich nicht die Überzeugung davon verschaffen können, dass eine entsprechende, nicht auf Vertragsdurchführung, sondern auf den Abbruch und somit das Scheitern des Vertrages gerichtete Absicht beim Kl. vorhanden gewesen ist. Das BG hat die Angaben des Zeugen S sowie die des Kl. bei seiner Anhörung sowie ersichtlich alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls gewürdigt.
[27] Soweit die Revision geltend macht, verschiedene – vom BG ausdrücklich gewürdigte – Umstände (Gesamtsumme der gebotenen Geldbeträge, Anzahl der Gegenstände, auf die ein Gebot abgegeben worden sei, Zeitablauf bis zur gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs im vorliegenden Fall) ließen zumindest insgesamt den Schluss darauf zu, dass es dem Kl. nur um das Scheitern des Vertrags und daraus resultierende Schadensersatza...