Wenn es beim materiellen Schaden um den Erwerbsschaden bzw. Verdienstausfall geht, muss dieser grundsätzlich konkret nachgewiesen werden. Die Rechtsprechung des Senats zeigt deutlich, wie wichtig es ist, den "wahren" oder "wirklichen" Schaden möglichst genau zu erfassen. Einen heftigen Streit darüber, ob hierfür die Bruttolohnmethode oder die modifizierte Nettolohnmethode der richtige Berechnungsweg sei, hat der Senat mit seinem Urteil aus dem Jahr 1994 kurz und bündig damit beigelegt, dass es sich um bloße Berechnungstechniken ohne eigenständige normative Aussage handele, die bei richtiger Anwendung nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führen könnten. Zahlreiche Entscheidungen befassen sich mit dem hypothetischen Schadensverlauf und der Prognose für das künftige Erwerbseinkommen des Geschädigten. Hier gilt § 252 BGB, wonach der Schaden auch den entgangenen Gewinn umfasst, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Hierfür bedarf es, wenn etwa die berufliche Entwicklung des Geschädigten ohne das Schadensereignis zu beurteilen ist, einer Prognose insbesondere auf der Grundlage dessen, was zur Ausbildung und bisherigen Situation des Geschädigten festgestellt werden kann. Dabei hat der Senat die Tatrichter immer wieder ermahnt, sich den Schwierigkeiten einer solchen Schadensermittlung nicht vorschnell unter Hinweis auf die Unsicherheit einer Prognose zu entziehen, sondern den Parteivortrag zum mutmaßlichen Verlauf eingehend zu würdigen und ggf. auch ein Sachverständigengutachten einzuholen. Hier sind aber auch die Rechtsanwälte gefordert, weil es zunächst einmal ihre Aufgabe ist, die konkreten Einzelheiten vorzutragen. Von den vielen Prognosefällen erinnere ich mich besonders an den Fall eines Fußballspielers, der bei einer ärztlichen Behandlung durch eine zu heiße Wärmeplatte verletzt wurde und geltend machte, ihm sei hierdurch ein äußerst lukrativer Vertrag entgangen. Das erforderte eine umfassende Würdigung, ob der Vertrag tatsächlich an dieser Verletzung oder aus anderen Gründen gescheitert war, was hier zu bejahen war und zur Klagabweisung geführt hat.
Einer möglichst genauen Erfassung des Schadens bedarf es aber nur dann, wenn dieser dem Schädiger auch zuzurechnen ist. Ich habe schon eingangs erwähnt, welche Kriterien zu einer sachgerechten Eingrenzung der Haftung entwickelt worden sind und habe am Beispiel des Schweinefalls gezeigt, dass sich ein normatives Eingrenzen der haftungsausfüllenden Kausalität aus dem Schutzzweck der Norm ergeben kann, weil in jenem Fall die Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs durch einen eigenständigen und vom Geschädigten selbst zu verantwortenden Gefahrenkreis überlagert worden war. Dieser Aspekt eigener Verantwortlichkeit für den Schaden kann auch den haftungsrechtlich erforderlichen Zurechnungszusammenhang ausschließen. Mit diesem wird sich gleich Frau von Pentz befassen und ich will mich deshalb zu diesem Punkt ganz kurz fassen, um ihr nicht vorzugreifen.
Aber ich möchte Ihnen doch einen recht markanten Fall aus "meiner Zeit" präsentieren, nämlich aus dem Jahr 1991, weil dieser Fall die Problematik besonders deutlich macht. Hier war ein Polizeibeamter bei einem Verkehrsunfall verletzt und in den Ruhestand versetzt worden. Die Besonderheit bestand darin, dass er nach der Pensionierung zunächst als Programmierer tätig war und mehr verdiente als zuvor, dann jedoch in eine neu gegründete Firma seines Bruders eintrat, die alsbald aus konjunkturellen Gründen geschlossen wurde. Anschließend wurde er selbst Unternehmer, allerdings nur mit einer Fritten-Bude, deren Ertrag denn doch hinter seinen früheren Bezügen bei der Polizei zurückblieb. Seine Klage auf Ersatz des Verdienstausfalls blieb ohne Erfolg, weil der Senat den erforderlichen inneren Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis verneint hat. Daran fehlt es nicht nur, wenn das den Schaden auslösende Verhalten des Geschädigten völlig ungewöhnlich oder unsachgemäß ist, sondern auch dann, wenn sein Willensentschluss, der den Schaden tatsächlich verursacht hat, der ursprünglich vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage so weit entrückt und so weit in den Bereich des eigenen Lebensrisikos hinein verlagert ist, dass der Schädiger für diese Folge gerechterweise nicht mehr haftbar gemacht werden kann. Beachten Sie bitte das Wort "gerechterweise", weil es beim Schadensausgleich letztlich um Gerechtigkeit geht. Eine Ausgrenzung späterer Schäden – so der Senat – könne jedoch im Hinblick auf den Grundsatz der Totalrestitution nur unter strengen Anforderungen vorgenommen werden und erfordere eine klare Zäsur, die auch nach außen erkennen lasse, dass der Verletzte seine berufliche Entwicklung eigenverantwortlich zu seinem persönlichen Lebensrisiko habe werden lassen. Eine solche Zäsur hat der Senat im Wechsel zur Firma des Bruders gesehen und deshalb den erforderlichen Zusammenhang verneint, weil die späteren finanziel...