StVO § 23 Abs. 1a
Leitsatz
Der Scanner eines Paketauslieferungsfahrers ist ein elektronisches Gerät im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO.
OLG Hamm, Beschl. v. 3.11.2020 – 4 RBs 345/20
Sachverhalt
Das AG hat den Betr. wegen "vorsätzlicher verbotswidriger Nutzung eines elektronischen Gerätes, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient als Kraftfahrzeugführer" zu einer Geldbuße von 120 EUR verurteilt. Zur Sache hat das AG folgende Feststellung getroffen: "Der Betroffene befuhr am 5.11.2019 um 15.08 Uhr mit einem Pkw der Marke G mit dem amtlichen Kennzeichen A-BC 123 die D Straße in P auf Höhe der Hausnummer 17. Dabei nutze der Betr. einen sogenannten Scanner der Marke N, indem er diesen mit seiner rechten Hand halbhoch hielt und Tippbewegungen durchführte. Dies geschah wissentlich und willentlich. Der Scanner dient dazu, dem Betr. die ihm auszuführenden Aufträge vor Augen zu führen. Dabei zeigt das Gerät dem Betr. die Lieferadresse an. Sobald der Betr. einen Auftrag erledigt hat, bestätigt er dies auf dem Scanner und die Spedition erhält Mitteilung davon, dass der Auftrag ausgeführt worden ist. Er ähnelt seinem Aussehen nach einem Mobiltelefon, da er über ein Display und eine Tastatur verfügt. Er ist jedoch etwas breiter als ein handelsübliches Mobiltelefon." Aus den Urteilsgründen ergibt sich ferner, dass der Scanner mit einem Akku oder einer Batterie betrieben wird.
Das OLG Hamm hat die Rechtsbeschwerde des Betr. zur Fortbildung des Rechts zugelassen, die Sache auf den Bußgeldsenat übertragen und die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.
2 Aus den Gründen:
"… II."
Die Rechtsbeschwerde war zur Fortbildung des (materiellen) Rechts (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG) zuzulassen und die Sache auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen (§ 80a Abs. 3 S. 1 OWiG). Die Frage, ob ein Scanner ein elektronisches Gerät i.S.v. § 23 Abs. 1a StVO in der Neufassung (mit Wirkung ab dem 19.10.2017) darstellt, ist – soweit ersichtlich – noch nicht höchstrichterlich entschieden und erscheint klärungsbedürftig.
III.
Die zugelassene und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das angefochtene Urteil hält einer sachlich-rechtlichen Prüfung stand. Die vom AG getroffenen Feststellungen belegen eine vorsätzliche verbotswidrige Nutzung eines elektronischen Gerätes i.S.v. § 23 Abs. 1a StVO. Die Feststellungen tragen die Annahme, dass der Betr. ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient, benutzt und hierzu aufgenommen hat. Der Scanner wird den Feststellungen zufolge mit einem Akku oder einer Batterie betrieben, stellt also ein elektronisches Gerät dar. Dieses Gerät zeigte dem Betr. die auszuführenden Aufträge und die Lieferadressen an und diente damit seiner Information und Organisation. Von der Erledigung eines Auftrags erhielt der Auftraggeber jeweils über den Scanner eine Nachricht, sodass das Gerät auch der Kommunikation diente. Dadurch, dass der Betr. den Scanner in der Hand hielt und auf die Tastatur tippte, hat er das Gerät aufgenommen und bedient. Nach dem Wortlaut der Norm ist der Tatbestand mithin erfüllt und zwar vorsätzlich. Dieses Ergebnis entspricht auch dem Sinn und dem Zweck der Norm (vgl. hierzu OLG Hamm, Beschl. v. 28.5.2019, III-4 RBs 92/19; Merz SVR 2019, 441, 444 jeweils m.w.N.). Der Gesetzgeber wollte der unfallgefährlichen Ablenkung der Kraftfahrzeugführer durch Mobiltelefone und andere elektronische Geräte entgegenwirken und hat den Tatbestand zudem offen formuliert. Der Scanner der Marke N wird wie ein Mobiltelefon über eine Tastatur bedient und verfügt auch über ein Display. Die Bedienung des Gerätes erfolgt weitgehend in gleicher Weise wie bei einem Mobiltelefon und führt ebenso wie dieses zur Ablenkung des Fahrers.
Der Rechtsfolgenausspruch weist ebenfalls keine Rechtsfehler auf.
IV.
Hinsichtlich der von der Verteidigung angeführten Rechtsansicht, nicht nur die im Jahr 2020 in Kraft getretene Fassung der StVO sei teilweise wegen Verletzung des Zitiergebotes nichtig, sondern auch die ab dem Jahr 2013 geltende Fassung sei nichtig, bedurfte es nicht der Zulassung der Rechtsbeschwerde, da diese Frage bereits höchstrichterlich entschieden ist (OLG Oldenburg, Beschl. v. 8.10.2020 – 2 Ss (OWi) 230/20). Der Senat schließt sich der Auffassung des OLG Oldenburg an. Danach ist nicht von der Nichtigkeit der StVO vom 6.3.2013 wegen einer Verletzung des Zitiergebotes auszugehen.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.“
zfs 1/2021, S. 53