Die Entscheidung des BGH wirft (nur auf den ersten Blick) mehr Fragen auf, als dass sie Antworten geben würde, was aber in der Natur der Entscheidungsform liegt. Es lohnt sich dennoch, sich einmal kurz mit dem Einziehungsverfahren, den möglichen Rechtsmitteln und der Verweisungstechnik des § 87 OWiG zu befassen.
Zu unterscheiden ist nach dem Wortlaut des § 87 Abs. 3 S. 1 OWiG zwischen dem selbstständigen Einziehungsverfahren, § 29a Abs. 5 OWiG, und dem einheitlichen Einziehungsverfahren, § 29a Abs. 2 OWiG, wobei Letzteres untrennbar mit der Ahndung gegen den Täter verknüpft ist (Krenberger/Krumm, OWiG, 6. Aufl. 2020, § 87, Rn 32; vgl. auch BeckOK OWiG/Meyberg OWiG § 29a Rn 94–97: "subjektives Verfahren"). Nur das selbstständige Einziehungsverfahren gem. § 29a Abs. 5 OWiG kann nach § 87 Abs. 3 OWiG i.V.m. den Einschränkungen des § 87 Abs. 6 OWiG – ausschließlich – nach den Maßstäben der §§ 434 ff. StPO behandelt werden. Die Entscheidung des BGH betrifft also gerade nicht "herkömmliche" Einziehungsverfahren gegen die Halter von z.B. Lkw, wenn gegen den Fahrer ein Bußgeldverfahren geführt wird und zugleich gegen den Halter die Einziehung des Werts von Taterträgen betrieben wird. Auch wenn in der tatrichterlichen Entscheidung nur noch über die Einziehung befunden werden sollte, ist dann die Rechtsbeschwerde das statthafte Rechtsmittel (vgl. BayObLG, Beschl. v. 24.2.1994 – 3 ObOWi 18/94, NStZ 1994, 442, allerdings mit inhaltlichen Einschränkungen nach §§ 421 ff. StPO). Aus einem gegen den Täter und den Drittbegünstigten geführten einheitlichen Verfahren wird weder durch Rücknahme und Neuerlass des Einziehungsbescheids gegen den Dritten noch durch die Rechtskraft des gegen den Täter gerichteten Einziehungsbescheids ein selbstständiges Verfahren (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 8.5.2018 – 1 OWi 2 Ss Bs 6/18, BeckRS 2018, 14365, zfs 2018, 529). Insoweit kann geschlussfolgert werden, dass für Einziehungsentscheidungen, die nach § 29a Abs. 2 OWiG im "herkömmlichen" Einziehungsverfahren ergehen, selbst wenn dies im Beschlussweg nach § 72 OWiG erfolgt, stets die Rechtsbeschwerde das statthafte Rechtsmittel ist. Dies gebietet auch der Gleichlauf der Rechtsmittel: Würde im Beschlussweg entschieden, stünde sonst trotz einheitlicher Entscheidung dem Täter ggf. gar kein Rechtsmittel zur Verfügung (nur Rechtsbeschwerde wegen Formfehlern, § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 OWiG; kein Zulassungsantrag, vgl. § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG), wohingegen dem Einziehungsbetroffenen die sofortige Beschwerde offen stände, innerhalb derer allerdings die Grundtat mglw. nur eingeschränkt überprüft werden würde (vgl. § 438 Abs. 2 StPO). Sind beide Verfahrensbeteiligte jedoch dem Regime der §§ 79, 80 OWiG unterworden, entsteht keine Ungleichheit.
Für das selbstständige Einziehungsverfahren wirft der BGH hier aber eine Art Fächer von Entscheidungsvarianten auf: Wird – auf Antrag oder ggf. nach Anordnung des Gerichts, vgl. §§ 434, 431 StPO – in einer Hauptverhandlung entschieden, die dann, so der BGH, nur nach den Maßstäben der §§ 71 ff. OWiG zu führen ist, kann auf das dort ergehende Urteil auch nur die Rechtsbeschwerde eingelegt werden. Wird, wie es der Regelfall (§ 434 Abs. 2 StPO) vorsieht, über das Nachverfahren per Beschluss entschieden, wird nur die sofortige Beschwerde zum LG möglich sein. Die hier gegebene Vorgehensweise des Tatgerichts, die Entscheidung nach § 72 OWiG anzukündigen mit den entsprechenden gesetzlich vorgegebenen Hinweisen war für ein selbstständiges Verfahren nach § 29a Abs. 5 OWiG somit ohnehin rechtsfehlerhaft.
Problematisch und bisher nicht geklärt ist die Frage des Verfahrenswechsels nach Aufhebung und Zurückverweisung: Der BGH überlässt es der Entscheidung des OLG, ob es diesen als unzulässig einstuft. Für diesen Fall wäre das Tatgericht auch weiterhin an das Urteilsverfahren gebunden und die Rechtsbeschwerde wäre statthaft, da es sich um einen urteilsersetzenden Beschluss handelt und nicht um einen solchen nach § 434 Abs. 2 StPO. Dies passt auch zur sonstigen Rspr., die das Rechtsmittel als geboten erachtet, das sich nach der Entscheidungsart richtet (vgl. etwa BGHSt 50, 180 = NJW 2005, 3078).
Würde das OLG aber den Verfahrenswechsel für zulässig erachten, wäre – durch das OLG – zu klären, wie mit den aufrecht erhaltenen Feststellungen des hier insoweit nicht aufgehobenen Urteils erster Instanz im Rahmen der Vorgaben der §§ 434 ff. StPO umzugehen ist.
RiAG Dr. Benjamin Krenberger
zfs 1/2021, S. 50 - 53