Versicherer reagieren gelegentlich "bockig", wenn sie im Wege der Klage auf zukünftige Leistung nicht nur zur Zahlung rückständigen Entgeltschadens, sondern insbesondere auch zu einem ausgeurteilten zukünftigen monatlichen Entgeltschaden verurteilt wurden.
Nachdem sich der Verfasser nach einer entsprechenden Ausurteilung ein Jahr nach Rechtskraft des Urteils erneut an den Versicherer wandte, um im Hinblick auf die gestiegenen Nettolöhne eine Anpassung des zu zahlenden Betrages herbeizuführen, vertrat die in Anspruch genommene Versicherung die Auffassung, dass man nicht von einer Erhöhung der Nettolöhne ausgehe. Gleiches wiederholte sich in den Folgejahren. Hierdurch wurde dem Verfasser erstmals bewusst, dass eine Klage auf zukünftige Leistung erhebliche Nachteile für den Geschädigten jedenfalls dann mit sich bringen kann, wenn auf Passivseite keine sachgerechte, angemessene Bearbeitung erfolgt. Wie im Folgenden darzustellen sein wird, steht dem Anspruchsteller bei der Durchsetzung eines gestiegenen Nettolohns nämlich die Rechtskraft des selbst erstrittenen Urteils entgegen. Im konkreten Fall hatte das Landgericht Köln einen Nettoentgeltschaden für die Zukunft, d.h. beginnend mit dem 1.1.2017 in Höhe von EUR 1.500,- ausgeurteilt. Dass sich die Nettolöhne seit 2017 bis zum heutigen Tage erhöht haben und der ausgeurteilte Betrag von EUR 1.500,- heute nicht mehr sachgerecht ist, ist offenkundig. Gleichwohl ist die Durchsetzung eines höheren Nettoentgeltschadens aktuell nicht möglich, weil die Rechtskraft des Urteils einem weitergehend geltend zu machenden Anspruch entgegensteht. Der Tenor eines Urteils in dem ein Anspruch auf zukünftige Leistung beschieden wird, lautet üblicherweise wie folgt:
Zitat
"Die beklagte Versicherung wird verurteilt, an den Kläger einen rückständigen Unterhalt zu zahlen für den Zeitraum von … bis in Höhe von EUR … . Der Beklagte wird weitergehend verurteilt, mit Wirkung ab dem 1.1.2017 einen monatlichen Nettounterhalt zu zahlen in Höhe von EUR 1.500,-."
Nicht nur der für die Vergangenheit titulierte Unterhaltsanspruch, sondern auch der Unterhaltsanspruch für die Zukunft erwächst in Rechtskraft. Wie bei jedem anderen Urteil auch, kann hier nur eine Abänderung gemäß § 323 ZPO erfolgen. Nach § 323 Abs. 1 ZPO gilt Folgendes:
Zitat
"Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt."
Während im Familienrecht schon vor vielen Jahren in Unterhaltsverfahren ein sogenannter "dynamischer Titel" eingeführt wurde, um hier zu einem gerechten monatlichen Unterhaltsanspruch zu gelangen, ist ein ausgeurteilter Entgeltschadenersatzanspruch nur nach Maßgabe des § 323 Abs. 1 ZPO abänderbar. Danach ist eine solche Abänderungsklage nach § 323 Abs. 1 Satz 2 ZPO nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ergibt. Nach der Rechtsprechung gilt eine solche wesentliche Änderung als eingetreten, wenn eine Abänderung im Bereich von 10 % dargelegt werden kann.
Ausgehend davon, dass in den letzten Jahren Nettolohnzuwächse von knapp 2 % zu beobachten waren, kann mithin im konkreten Fall für den ab dem 1.1.2017 ausgeurteilten Nettobetrag von EUR 1.500,- Abänderungsklage frühestens im Jahre 2022 eingereicht werden. Erst dann wird vermutlich die "Wesentlichkeitsschwelle" aus § 323 Abs. 1 Satz 2 ZPO erreicht sein. Auf den konkreten Fall bezogen bedeutet dies, dass das Unfallopfer in den Jahren 2018, 2019, 2020 und 2021 auf den mit Wirkung ab dem 1.1.2017 ausurteilten monatlichen Nettobetrag beschränkt ist, obwohl sich die Einkünfte tatsächlich jährlich um knapp 2 % erhöht haben.
Ein weiterer Nachteil tritt hinzu, der ebenfalls auf § 323 ZPO beruht. Insoweit heißt es nämlich in § 323 Abs. 3 wie folgt:
Zitat
"Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage."
Danach ist zunächst einmal festzuhalten, dass die Rechtskraft der seinerzeit erstrittenen Entscheidung eine frühzeitige Anpassung des monatlich geschuldeten Entgeltschadens hindert. Lässt man einmal Zinseszinsgrundsätze unberücksichtigt, entgeht dem Unfallgeschädigten im konkreten Fall für die Jahre 2018, 2019, 2020 und 2021 je rund EUR 360,- pro Jahr mit der Folge, dass sich ein Fehlbetrag von rund EUR 1.500,- ergibt, bevor dann für die Zukunft eine Abänderung des Urteils möglich wird. Diese geschilderten Nachteile bestehen nicht, wenn der Entgeltschaden durch Feststellungsklage festgestellt wird, was den Verfasser nach der negativen Erfahrung im Hinblick auf das Regulierungsverhalten der in Anspruch genommenen Versicherung dazu veranlasst, Entgeltschäden ausschließlich nur noch mit der Feststellungsklage zu verfolgen. Deren Vorteile liegen auf der Hand, wie sogleich aufzuzeigen sein wird.