[22] Die Berufung der Beklagten ist überwiegend begründet, das Rechtsmittel des Klägers bleibt ohne Erfolg. Dem Kläger steht wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs gemäß §§ 7, 18 StVG, 115 VVG lediglich eine Entschädigung in Höhe von 48.846,22 EUR nebst der Erstattung der Gutachterkosten und der Kostenpauschale sowie Zinsen in Höhe von 2.165,59 EUR zu. Die sich daraus ergebende Gesamtforderung von 53.930,15 EUR (51.764,56 + 2.165,59) ist durch die Zahlungen der Beklagten erloschen.
[23] 1. Der Kläger kann nicht den Ersatz der vom Sachverständigen geschätzten Nettoreparaturkosten beanspruchen. Voraussetzung eines solchen Anspruchs ist, dass entweder der unfallbedingte Fahrzeugschaden (Reparaturkosten zuzüglich eines etwaigen Minderwertes) unterhalb des Wiederbeschaffungsaufwandes (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) liegt oder der Fahrzeugschaden zwar oberhalb des Wiederbeschaffungsaufwandes (aber unterhalb des Wiederbeschaffungswertes) liegt und der Geschädigte sein Fahrzeug – gegebenenfalls unrepariert – in einem verkehrssicheren Zustand mindestens sechs Monate nach dem Unfall weiter nutzt (BGH, NJW 2006, 2179). Ersatz von Reparaturkosten – bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs – können nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang ausgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Schätzung gemacht hat (BGHZ, 162, 161).
[24] Keiner dieser Fälle ist vorliegend gegeben.
[25] Der unfallbedingte Fahrzeugschaden (hier nur die Reparaturkosten) beträgt netto 82.267,48 EUR. Als Aufwand für die Wiederbeschaffung können nicht 72.417,65 EUR netto (WBW netto unter Einbeziehung einer neuwertigen Bodykit-Ausstattung abzüglich Restwert) angesetzt werden. Unter den gegebenen Umständen ist vielmehr ein Betrag von lediglich 48.846,22 EUR (Wiederbeschaffungswert: Serienfahrzeug 52.100,84 EUR netto + Werterhöhung durch Bodykitausstattung 13.445,8 EUR netto = 65.546,22 EUR netto abzüglich Restwert 16.700,– EUR) anzusetzen; auf diesen Betrag ist der Anspruch des Klägers auf Ausgleich seines Fahrzeugschadens beschränkt (§ 251 BGB).
[26] 2. Maßgebliche Bezugsgröße bei der Schadensberechnung ist der Wiederbeschaffungswert. Dies ist der nach den Verhältnissen auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu ermittelnde Preis eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, den der Geschädigte aufwenden muss, um von einem seriösen Händler einen dem Unfallfahrzeug entsprechenden Ersatzwagen zu erwerben (BGH, NJW 2017, 2401; 1978, 1373). Dabei kommt es allein auf eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit der Ersatzbeschaffung unter objektiven Gesichtspunkten an. Entscheidend ist daher nicht, wie gerade der Geschädigte den Wert seines alten und den Wert eines Ersatzfahrzeugs ansetzt, sondern ob eine Schätzung unter objektiven Wertmaßstäben zur Feststellung einer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit führt (BGH, NJW 1966, 1454). Auf bestimmte Ausstattungsmerkmale und Sonderfunktionen kann es daher grundsätzlich nur ankommen, soweit sie auf dem Markt objektiv werterhöhend wirken. Auf der anderen Seite ist gerade eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur gegeben, wenn das Ersatzfahrzeug das beschädigte Fahrzeug in seiner konkreten, ihm vom Geschädigten in objektiv nachvollziehbarer Weise zugedachten und wirtschaftlich relevanten Funktion ersetzen kann.
[27] Maßgebend ist nach all dem und im Unterschied zur bloßen Wertkompensation nach § 251 BGB weder der Abschreibungswert noch der Preis, den der Geschädigte beim Verkauf des Unfallfahrzeugs in unbeschädigtem Zustand erzielt hätte (Zeit- oder Veräußerungswert), sondern der – bei Fehlen eines funktionierenden Marktes unter Umständen höhere – Preis, den der Geschädigte beim Kauf eines gleichwertigen Fahrzeugs aufwenden müsste (BGH, NJW 2017, 2401 unter Verweis auf Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 249 Rn 16; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, BGB, 13. Aufl., § 249 Rn 134).
[28] 3. Nach diesen Grundsätzen wären die auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu zahlenden Mehrkosten für ein Fahrzeug mit Bodykit-Ausrüstung gegenüber einem vergleichbaren Fahrzeug ohne eine solche Ausstattung ohne Weiteres vom Wiederbeschaffungswert umfasst und damit grundsätzlich im Rahmen des § 249 Abs. 1 und 2 BGB ersatzfähig. Existiert – wie hier – nach den plausiblen Ausführungen des Sachverständigen G. kein Markt für die Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs mit einer Bodykit-Ausrüstung, dann sind grundsätzlich die Umrüstungskosten als zusätzlicher Rechnungsposten in die Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts einzustellen (BGH, NJW 2017, 2401). Bei der Umrüstung eines Serienfahrzeugs mit einer Bodykit-Ausrüstung handelt es sich nämlich nicht um die bloße Übertragung individueller Ausstattungsmerkmale ohne objektivierbaren wirtschaftlichen Wert. Insoweit ist in den bislang entschiedenen Fällen (BGH, NJW 2017, 2401 "Taxi-Fall"; OLG Saarbrücken, BeckRS 2020, 19766 "behindertengerechte Sonderausstattung") danach differenziert worden, ob sich die Au...