BGB § 249 § 251 Abs. 2 S. 1
Leitsatz
1. Bei der Bestimmung des Wiederbeschaffungswertes eines mit einem sog. Bodykit umgerüsteten, unfallbeschädigten Serienfahrzeuges können die Kosten der Umrüstung den Kosten für ein entsprechendes Grundmodell hinzugesetzt werden, wenn ein Gebrauchtwagenmarkt für Fahrzeuge mit einer vergleichbaren Ausrüstung nicht existiert und eine zeitwertgerechte Ersatzbeschaffung eines entsprechend ausgerüsteten Fahrzeugs daher nicht möglich ist. Voraussetzung ist allerdings, dass die Umrüstung den Wert des Fahrzeugs objektiv erhöht.
2. Überschreiten die Herstellungskosten (WBA plus Kosten der Umrüstung) den Zeitwert des beschädigten Fahrzeugs aber erheblich und sind daneben keine anerkennenswerten Gründe für diesen Aufwand ersichtlich, so kann sich die Entschädigungsforderung als unverhältnismäßig darstellen, § 251 Abs. 2 S. 1 BGB. Der Wiederbeschaffungswert beschränkt sich dann auf die Kosten für den Ersatz des Serienfahrzeugs und die durch die Umrüstung herbeigeführte Werterhöhung
(Leitsätze der Redaktion)
OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.8.2021 – 1 U 173/20
Sachverhalt
Die Parteien streiten über den Umfang des ersatzfähigen Sachschadens nach einem Unfall, der sich am 10.11.2017 in R. ereignet hat. Damals wurde der Mercedes Benz, Typ GLE 350 D Coupe des Klägers durch ein bei der Beklagten versichertes Fahrzeug erheblich beschädigt. Unstreitig hat die Beklagte für den gesamten unfallbedingten Schaden einzustehen.
Das Fahrzeug des Klägers wurde am 23.7.2015 erstmalig zugelassen und wies am Unfalltag eine Kilometerlaufleistung von 67.368 km auf. Es war mit einem sogenannten "Bodykit WIDE BODY" der Firma P. ausgestattet.
Der von dem Kläger beauftragte Sachverständige ermittelte in seinem Gutachten vom 17.11.2017 Reparaturkosten in Höhe von 97.898,30 EUR (brutto) und 82.267,48 EUR netto, einen Wiederbeschaffungswert von 82.000, -- EUR brutto sowie einen Restwert von 16.700, -- EUR. Für das Gutachten stellte er dem Kläger 2.839,34 EUR in Rechnung.
Am 20.11.2017 verkaufte der Kläger den Mercedes zu dem von seinem Gutachter ermittelten Restwert.
Der Kläger hat den Ersatz der Netto-Reparaturkosten beantragt und dabei die Ansicht vertreten, dass bei der Bemessung des Wiederbeschaffungswertes zu den Kosten für die Beschaffung eines vergleichbaren Grundmodells in Höhe von 65.000, -- EUR die Kosten für den Umbau – Neupreis des verbauten Bodykits – hinzuzurechnen seien, da ein Gebrauchtwagenmarkt für Fahrzeuge mit einem derartigen Umbau nicht existiere. Es sei darauf abzustellen, welchen Betrag er aufwenden müsse, um ein dem streitgegenständlichen Fahrzeug entsprechendes Fahrzeug wieder zu beschaffen und nicht darauf, welchen (Mehr-)Wert das Fahrzeug durch den Umbau gehabt habe. Diese Kosten beliefen sich nach den Angaben des von ihm eingeschalteten Sachverständigen auf durchschnittlich 44.050,– EUR, so dass sich unter Berücksichtigung der Kosten für das vergleichbare Grundmodell ein Wiederbeschaffungswert von insgesamt 109.050, – EUR errechne.
Die Beklagte hat die von dem Gutachter des Klägers ermittelten Werte bestritten und behauptet, es sei lediglich von einem Wiederbeschaffungswert von 53.338,50 EUR netto, dafür von einem Restwert von 33.000,00 EUR auszugehen.
Das Landgericht hat der Klage – nach Einholung eines Sachverständigengutachtens – zum überwiegenden Teil stattgegeben. Der Anspruch des Klägers sei zwar auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt, dieser errechne sich aber aus der Summe vom Wert eines Grundmodells plus Kosten des BodyKits minus Restwert und betrügen netto 72.417,65 EUR, abzüglich inzwischen geleisteter Zahlungen durch die Beklagte.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und das Urteil auf die Berufung der Beklagten abgeändert.
2 Aus den Gründen:
[22] Die Berufung der Beklagten ist überwiegend begründet, das Rechtsmittel des Klägers bleibt ohne Erfolg. Dem Kläger steht wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs gemäß §§ 7, 18 StVG, 115 VVG lediglich eine Entschädigung in Höhe von 48.846,22 EUR nebst der Erstattung der Gutachterkosten und der Kostenpauschale sowie Zinsen in Höhe von 2.165,59 EUR zu. Die sich daraus ergebende Gesamtforderung von 53.930,15 EUR (51.764,56 + 2.165,59) ist durch die Zahlungen der Beklagten erloschen.
[23] 1. Der Kläger kann nicht den Ersatz der vom Sachverständigen geschätzten Nettoreparaturkosten beanspruchen. Voraussetzung eines solchen Anspruchs ist, dass entweder der unfallbedingte Fahrzeugschaden (Reparaturkosten zuzüglich eines etwaigen Minderwertes) unterhalb des Wiederbeschaffungsaufwandes (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) liegt oder der Fahrzeugschaden zwar oberhalb des Wiederbeschaffungsaufwandes (aber unterhalb des Wiederbeschaffungswertes) liegt und der Geschädigte sein Fahrzeug – gegebenenfalls unrepariert – in einem verkehrssicheren Zustand mindestens sechs Monate nach dem Unfall weiter nutzt (BGH, NJW 2006, 2179). Ersatz von Reparaturkosten – bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fa...