Rezension zu Krenberger/Krumm, OWiG-Kommentar, 7. Aufl. 2022

Alle Alltagsfragen zum OWiG gehen beim Amtsgericht "über den Tisch". Da ist es nur hilfreich, dass die beiden Autoren, Dr. Benjamin Krenberger und Carsten Krumm, als Amtsrichter an der Schnittstelle zwischen Behörde, Anwaltschaft und den Obergerichten sitzen. Gleichwohl sind sie durch ihre langjährige Tätigkeit als Dozenten auch mit sämtlichen Aspekten der Verteidigung vertraut, wodurch auch diese Sichtweise dem Kommentar seinen Charakter verleiht: klar, ausgewogen und praxisorientiert.

Das Recht der Ordnungswidrigkeiten ist maßgeblich geprägt vom Spannungsfeld zwischen Prozessökonomie und Einzelfallgerechtigkeit und wird insbesondere bei verkehrsrechtlichen Massenverfahren regelmäßig zum Politikum. Die essentielle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Umfang der Auskunftsrechte vom November 2020 hat dies zuletzt verdeutlicht; trotz klarer Vorgaben streben die Obergerichte in ihrer Interpretation in alle Richtungen davon und der BGH versucht sich (noch) nicht zu positionieren. Gerade zu diesem Punkt fällt die Stringenz auf, die einen guten Kommentar ausmacht. Statt einer tendenziösen Meinung wird die Problematik prägnant und verständlich aufgezeigt und sodann systematisch eingeordnet. Dieser Stil zieht sich stringent durch das gesamte Werk, ermöglicht so die richtige Problemverortung und folglich die dogmatisch richtige Lösung – egal aus welcher Sphäre der Leser das Thema angeht.

Die bereits 7. Auflage steht ebenbürtig neben dem Standardwerk zum OWiG schlechthin; dem Kommentar von Dr. Erich Göhler, welcher zuletzt mit Stand Mai 2020 in seiner 18. Auflage erschienen ist. Dem Käufer stellt sich natürlich die Frage, wie die beiden Bücher sich zueinander verhalten. Der "Krenberger/Krumm" ist mit seinem Stand März 2022 deutlich aktueller und berücksichtigt natürlich die erheblichen Veränderungen der letzten Monate sowohl in der Gesetzgebung als auch in der Rechtsprechung. Lässt man die 380 Seiten Gesetzestexte und Richtlinien beim "Göhler" außen vor, bleibt das Werk immer noch kompakter. Maßgeblich hierfür ist, dass im "Krenberger/Krumm" der Fokus auf die wesentlichen Praxisprobleme gelegt wird und die weiterführende Literatur in die Fußnoten verortet wird. Hier werden wiederum zumeist die wichtigsten Fundstellen aufgeführt, welche ihrerseits weiterführende Nachweise beinhalten.

Der "Göhler" mag hierdurch ein nahezu allumfängliches Kompendium der jeweils einschlägigen Literatur und Rechtsprechung abbilden, jedoch leidet oft die Übersichtlichkeit und Leserlichkeit. Für akademische Probleme wird die Vollständigkeit des "Göhler" vorteilhafter sein. Wenngleich die Leserschaft es gewohnt ist, die Kernaussagen in Schachtelsätzen zwischen seitenweise eingeklammerten Verweisen im Fließtext zu suchen, ist dies auf Dauer ermüdend. Dazu bietet der "Krenberger/Krumm" eine erfrischende Alternative.

Die Darstellung ermöglicht hier auch bei komplexeren Themen eine flüssige Lektüre, ohne dass die dreimalige Rückkehr an den Satzanfang erforderlich wird. Sofern dann die weiterführende Rechtsprechung bemüht werden muss, ist diese ohne Weiteres in der Fußnote auffindbar. Somit entschlackt der Kommentar die Materie auf das Wesentliche, wobei inhaltlich keine Abstriche erkennbar sind. Die Arbeitsweise mit dem Buch ist schlichtweg eine andere, praktischere. Somit kann auf Thermopapier verzichtet werden, was die tägliche Handhabe auch haptisch angenehmer macht.

Die Antwort zu Fragen im OWiG ist orange!

Autor: Filip Siegert

Filip Siegert, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht, Würzburg

zfs 1/2023, S. 7

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