Auszug aus einer Entscheidung des BayVGH :
"… Die vom Kläger begangene gefährliche Körperverletzung und die dreifache sexuelle Nötigung waren von einem hohen Aggressionspotenzial gekennzeichnet (…), wodurch der Zusammenhang mit der Kraftfahreignung hergestellt wird. Letzterer setzt weder voraus, dass die Anlasstaten einen Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften darstellen, noch, dass sie im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen oder im Straßenverkehr begangen wurden oder der Betroffene bereits zuvor im Straßenverkehr aufgefallen ist (…). Als Regelbeispiel, in dem ein Zusammenhang mit der Kraftfahreignung anzunehmen ist, sind in § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 FeV Straftaten, die Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bieten, genannt. Dem liegt die Einschätzung des Gesetz- und Verordnungsgebers zugrunde, dass allgemeinrechtliche Straftaten in der Regel durch generalisierte, gewohnheitsmäßige Fehleinstellungen und Fehlreaktionen bedingt sind, welche auch eine adäquate Bewertung der Normen und Gesetze erschweren, die den Straßenverkehr regeln … Straftaten weisen insbesondere dann auf ein hohes Aggressionspotenzial hin und stehen im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung, wenn die Tathandlungen auf einer Bereitschaft zu ausgeprägt impulsivem Verhalten beruhen und dabei Verhaltensmuster deutlich werden, die sich so negativ auf das Führen von Kraftfahrzeugen auswirken können, dass die Verkehrssicherheit gefährdet ist (…). Allerdings kann ein hohes Aggressionspotenzial – wovon aufgrund der Tatausführung beim Kläger eher auszugehen ist – auch auf einer Neigung zu planvoller, bedenkenloser Durchsetzung eigener Anliegen ohne Rücksicht auf berechtigte Interessen anderer beruhen (…). In Betracht kommen insoweit typischerweise solche Straftaten, die sich durch Aggression gegen Personen oder Sachen ausdrücken, wie etwa Körperverletzung, Raub, Vergewaltigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung, Nötigung und Sachbeschädigung (…) Die vom Kläger begangenen Sexualstraftaten (§ 177 Abs. 1, § 179 Abs. 1 StGB a.F.) waren zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beibringungsanordnung auch noch verwertbar und durften ihm deshalb grundsätzlich vorgehalten werden (…) Jedoch hat die Beklagte beim Erlass der Beibringungsanordnung weder im Rahmen ihrer Ermessensausübung noch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hinreichend erwogen, dass seit der letzten Straftat (Tattag 25.5.2006) mehr als elf Jahre vergangen waren und die weiteren Taten sogar mehr als dreizehn Jahre (Tattag 2.8.2003) zurücklagen."
Für die Frage von Eignungszweifeln und die anschließende Ermessensausübung macht es einen Unterschied, ob eine fahreignungsrelevante Zuwiderhandlung erst kurze Zeit oder aber bereits mehrere Jahre zurückliegt, selbst wenn sie nach den maßgeblichen Tilgungsvorschriften noch verwertbar ist (BVerwG, U. v. 17.11.2016 a.a.O. Rn 36 zu im Fahreignungsregister eingetragenen Straftaten). Bei mehrere Jahre zurückliegenden Verkehrsverstößen hat die Fahrerlaubnisbehörde mit Blick auf deren Art, Zahl und Erheblichkeit insbesondere zu erwägen, ob verbleibende Eignungszweifel ohne Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ausgeräumt werden können, z.B. durch Vorlage von Zeugnissen, Berichten eines Bewährungshelfers oder anderen geeigneten Beweismitteln. Wenn dies in Betracht kommt, wird sie dem Fahrerlaubnisbewerber oder -inhaber hierzu Gelegenheit geben müssen (BVerwG, U. v. 17.11.2016 a.a.O.). … Durch einen langen Zeitablauf kann sich auch ergeben, dass ein aufgrund wissenschaftlicher Untersuchungen allgemein anzunehmender Zusammenhang mit der Fahreignung im konkreten Fall nicht mehr ausreicht, um eine Gefahrerforschungsmaßnahme zu rechtfertigen. Ziehen Umstände, die Zweifel an der Fahreignung begründen, keine Eintragung in das Fahreignungsregister nach sich, muss einzelfallbezogen unter Einbeziehung aller relevanten Umstände geprüft werden, ob die gegebenen Verdachtsmomente noch einen relevanten Gefahrenverdacht begründen …). Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist nur gerechtfertigt, wenn dies zur Abwehr einer bei realistischer Einschätzung tatsächlich bestehenden Gefahr notwendig ist, d.h. wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Betroffene ein entsprechendes Verhalten im Straßenverkehr zeigt …
Im Falle des Klägers lässt sich der Beibringungsaufforderung nicht hinreichend entnehmen, weshalb sich ein mehr als zehn Jahre zurückliegendes Verhalten bei völligem Fehlen von aggressiven Handlungen im Straßenverkehr künftig im Straßenverkehr auswirken soll. Sein strafrechtlich geahndetes Verhalten hätte Ende Oktober 2017 im Hinblick auf die wegen der befürchteten Wiederholungsgefahr (vgl. BT-Drucks 13/9062, S. 7) besonders langen Tilgungsfristen im Bundeszentralregister ggf. noch Anlass geboten, seine besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gemäß § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 8 FeV zu überprüfen. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass vom Kläger, der durchgehend im Besitz...