Hinweis: 1. Der oben zitierte Beschl. des BayVGH v. 14.2.2006 – 11 CS 05.1210 hat mit Blick auf den Verstoß gegen § 3 Abs. 3 S. 1 StVG folgenden Wortlaut:
" … II. 2. Die streitgegenständliche Fahrerlaubnisentziehung war im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung wegen eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG rechtswidrig. Eine Aufhebung muss jedoch gem. Art. 46 BayVwVfG unterbleiben, da die Verletzung der Verfahrensvorschrift die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat."
a) Der Antragsteller hat eingeräumt, gelegentlich Cannabis konsumiert zu haben, und hat mit einer nachgewiesenen THC-Konzentration von 4,5 ng/ml im Blut ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt. Gem. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist deshalb die Fahrerlaubnisbehörde grundsätzlich zu Recht davon ausgegangen, dass er fahrungeeignet ist, weil er zwischen der Einnahme von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs nicht getrennt hat. …
b) § 3 Abs. 3 S. 1 StVG greift vorliegend ein. …
c) Nach Art. 46 BayVwVfG unterbleibt ungeachtet der Rechtswidrigkeit der Fahrerlaubnisentziehung jedoch deren Aufhebung, da sie von der Behörde sofort in fehlerfreier Weise erneut erlassen werden könnte (vgl. Kopp, VwVfG 9. Aufl. 2005, Rn 42 zu § 46 VwVfG m.w.N.).
aa) Bei § 3 Abs. 3 S. 1 StVG handelt es sich um eine Verfahrensvorschrift. Die Absätze 3 und 4 des § 3 StVG sind hierbei im Zusammenhang zu sehen. § 3 Abs. 4 StVG als materiell-rechtliche Regelung normiert die inhaltliche Bindung der Fahrerlaubnisbehörde im Entziehungsverfahren an Entscheidungen im Straf- und Bußgeldverfahren. Würde bereits vor rechtskräftigem Abschluss des Straf- oder Bußgeldverfahrens eine behördliche Fahrerlaubnisentziehung erfolgen, wäre nicht sichergestellt, dass sich diese Bindungswirkung praktisch durchsetzt. Um der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen im Rahmen von Ahndung und behördlicher Fahrerlaubnisentziehung entgegenzuwirken, bestimmt § 3 Abs. 3 S. 1 StVG, dass die Fahrerlaubnisbehörde erst dann entscheiden darf, wenn ein Strafverfahren abgeschlossen ist, bei dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB inmitten steht. § 3 Abs. 3 S. 1 StVG dient daher mit seinem Sinn und Zweck widersprüchliche Entscheidungen zu verhindern der Durchsetzung des materiellen Rechts, stellt aber selbst keine materiell-rechtliche Vorschrift dar.
bb) Verstöße gegen rein verfahrensrechtliche Bestimmungen sind gem. Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich, wenn der Verwaltungsakt nicht gem. Art. 44 BayVwVfG nichtig ist und die Entscheidung in der Sache durch den Fehler nicht beeinflusst worden ist.
Eine Nichtigkeit der Fahrerlaubnisentziehung gem. Art 44 BayVwVfG ist hier nicht gegeben. In Betracht käme nur die Nichtigkeit nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG, dessen Voraussetzungen sind aber vorliegend nicht erfüllt. Nach der Evidenztheorie (BVerwG 35, 343; 70, 43), die ihren Rückhalt im Gesetzeswortlaut findet, kommt es auf die Schwere und Offenkundigkeit des Fehlers an. Besonders schwerwiegende Fehler, die zur Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes führen, sind danach solche, die in einem so schwerwiegenden Widerspruch zur geltenden Rechtsordnung und den ihr zugrunde liegenden Wertvorstellungen der Gemeinschaft stehen, dass es unerträglich wäre, wenn der Verwaltungsakt die mit ihm intendierten Rechtswirkungen hätte (vgl. Kopp, VwVfG 9. Aufl. 2005, Rn 8 zu § 44 m.w.N. zur Rechtsprechung). Es muss sich grundsätzlich um Fehler handeln, die denen in Art. 44 Abs. 2 BayVwVfG in Tragweite und Schwere vergleichbar sind (vgl. Gesetzesbegründung zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 44 VwVfG des Bundes, BT-Drucks 7/910, S. 64). Die vorliegend i.S.v. § 3 Abs. 3 S. 1 StVG verfrühte Entscheidung im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren stellt keinen Fehler dar, der der Entscheidung einer absolut sachlich unzuständigen Behörde oder einer offensichtlichen Gefälligkeitsentscheidung vergleichbar wäre. Eine Nichtigkeit nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG kommt nicht in Betracht.
Gem. Art. 46 BayVwVfG ist der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 StVG unbeachtlich, da der Fehler sich nicht auf die Entscheidung in der Sache ausgewirkt hat. Es konnte nicht zu widersprüchlichen Entscheidungen im Straf- und im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren kommen, da der Antragsteller in der strafgerichtlichen Berufungsinstanz schließlich nur wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG mit einem Bußgeld belegt wurde und eine Entscheidung nach § 69 StGB ganz unterblieben ist. Diese Entscheidung wurde am 25.2.2005 rechtskräftig. Die streitgegenständliche Fahrerlaubnisentziehung wäre somit bei Beachtung von § 3 Abs. 3 S. 1 StVG ebenso ergangen. … “
2. Die Fahrerlaubnisbehörde ist nach der nur im Verhältnis zu Strafverfahren geltenden Bestimmung des § 3 Abs. 3 StVG nicht gehindert, die Entziehung der Fahrerlaubnis anzuordnen, auch wenn wegen desselben Sachverhalts ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, aber noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Auch eine analoge Anwendung von § 3 Abs. 3 StVG im Verhältnis zu Ordnungswidrigkeiten ko...