Da die Prüfung der Erfolgsaussicht im Prozesskostenhilfeverfahren eine Prognose über den voraussichtlichen Ausgang des Rechtsstreites erfordert, gilt ein Verbot der Vorwegnahme der Beweiswürdigung gerade nicht (vgl. BVerfG NJW 2003, 2976). Mit dieser Einschränkung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird auch nicht die gebotene Gleichstellung von zahlungsfähigen und unbemittelten Rechtssuchenden verhindert. Der Unbemittelte wird vielmehr dem Zahlungsfähigen gleichgestellt, der seine Prozesschancen vernünftig – auch unter Berücksichtigung des Kostenrisikos – einschätzte (vgl. BVerfG NJW 1997, 2102; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rn 407).

Liegt bereits ein Strafurteil hinsichtlich des Sachverhaltes vor, der auch Gegenstand des Zivilrechtsstreites ist, darf das Zivilgericht im Rahmen der Würdigung der Beweise gem. § 286 ZPO auch die in dem Strafurteil getroffenen Feststellungen verwerten. Wird das Strafurteil von einer Partei in den Zivilprozess eingebracht, darf und muss der Zivilrichter das Strafurteil gem. §§ 415, 417 ZPO im Wege des Urkundsbeweises verwerten, ohne dass dem Prozessgegner ein Widerspruchsrecht hiergegen zusteht (vgl. BGH WM 1973, 560 (561); BAG NJW 1999, 81 (82); OLG Köln FamRZ 1991, 580; Völzmann, Die Bindungswirkung von Strafurteilen im Zivilprozess, 2006, 43). Dem steht nicht § 14 Abs. 2 Nr. 1 EGZPO entgegen, der eine Bindungswirkung des strafgerichtlichen Urteils für das Zivilgericht verneint (vgl. hierzu BGH NJW 1983, 230 ff.; BGH NJW-RR 1988, 1527 f.). Die Verneinung der Bindungswirkung hat nur zur Folge, dass das Zivilgericht nicht unbeschränkt und ohne eigene Prüfung die tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils übernehmen darf. Zulässig und geboten ist es allerdings, dass das Zivilgericht im Rahmen der eigenen Sachprüfung neben der Gesamtheit der Umstände, die im Prozess vorgetragen worden sind, und der urkundenbeweislichen Bewertung des Strafurteils tatsächliche Feststellungen trifft. Damit können auch aus dem Strafurteil zu Lasten des dort Angeklagten Feststellungen gewonnen werden (vgl. BGH WM 1972, 560 (561); BGHZ 7, 116 (121); OLG Koblenz NJW-RR 1995, 727 (728); OLG Koblenz AnwBl 1990, 215 (218). Das führt rechtstatsächlich dazu, dass den Feststellungen in einem Strafurteil auch zu folgen ist, soweit nicht gewichtige Gründen für die Unrichtigkeit des Strafurteils von den Parteien vorgebracht werden (vgl. OLG Koblenz AnwBl 1990, 215 (216), LG Essen MDR 1984, 68 (69); OLG Koblenz NJW-RR 1995, 727 (728)).

RiOLG Heinz Diehl, Frankfurt/M.

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