BGB § 249 § 254; ZPO § 287
Leitsatz
1) Mietet ein Verkehrsunfallgeschädigter bei einem Autovermieter ein Ersatzfahrzeug zu einem überhöhten Preis an, ohne sich nach der Höhe der Mietwagenkosten anderweit erkundigt zu haben, so trägt er die Darlegungs- und Beweislast für seine Behauptung, ein günstigerer Tarif sei ihm nicht zugänglich gewesen.
2) Dem Tatrichter steht es im Rahmen des durch § 287 ZPO eingeräumten Schätzungsermessens frei, ob er zur Bestimmung der Höhe erforderlicher Mietwagenkosten auf den Schwacke-Mietpreisspiegel aus dem Jahr 2003 oder aus dem Jahr 2006 zurückgreift. Bedenken gegen eine Schätzgrundlage muss nicht durch Beweiserhebung nachgegangen werden, wenn eine andere geeignete Schätzgrundlage zur Verfügung steht.
BGH, Urt. v. 14.10.2008 – VI ZR 308/07
Sachverhalt
Der beklagte Haftpflichtversicherer ist einstandspflichtig für den Ersatz des Schadens, der den Klägerinnen auf Grund eines Verkehrsunfalls am 27.9.2005 entstanden ist. Die Parteien streiten über den Ersatz restlicher Mietwagenkosten.
Bei dem Unfall wurde das Fahrzeug der Klägerinnen beschädigt, war aber noch fahrfähig. Bei der Begutachtung am nachfolgenden Tag ergab sich eine Reparaturdauer von 11 Tagen. Am 29.9.2005 nahm die Beklagte in einem an die Klägerinnen gerichteten Schreiben u.a. zur Höhe der Mietwagenkosten Stellung, welche in der relevanten Mietwagenklasse 49 EUR pro Tag betrügen. Am 4.10.2005, dem Tag des Reparaturbeginns, mieteten die Klägerinnen bei einer Autovermietung ein Ersatzfahrzeug zum Preis von 158 EUR netto täglich an. Auf den vom Autovermieter in Rechnung gestellten Betrag von 1.650,68 EUR zahlte die Beklagte 699,48 EUR. Den Differenzbetrag verlangen die Klägerinnen mit der Klage ersetzt.
Das AG hat der Klage in Höhe von 32,58 EUR stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Klägerinnen hatte keinen Erfolg. Vielmehr hat das Berufungsgericht auf die Anschlussberufung der Beklagten die Klage vollständig abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihren Klagantrag weiter.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: [4] „I. Das Berufungsgericht nimmt an, dass die Klägerinnen die Regulierung der Mietwagenkosten lediglich auf der Grundlage des Normaltarifs nach dem Mietwagenspiegel Schwacke 2003 für das Postleitzahlgebiet 083 verlangen können.
[5] Sie hätten nicht nachgewiesen, dass ihnen auf dem zeitlich und örtlich relevanten Markt im Oktober 2005 kein anderer als der von der eingeschalteten Autovermietung angebotene Tarif zugänglich gewesen sei. Zwischen dem Verkehrsunfall und der Anmietung habe ein Zeitraum von rund einer Woche gelegen, wobei zu berücksichtigen sei, dass das Fahrzeug fahrtüchtig gewesen sei. Eine Ausnahmesituation, die es gerechtfertigt habe, die Klägerinnen von einer weiter gehenden Erkundigungspflicht freizustellen, habe nicht vorgelegen. Sie hätten vielmehr sieben Tage Zeit gehabt, um sich hinsichtlich der Marktgerechtigkeit des ihnen angebotenen Tarifs zu erkundigen. Dies hätten die Klägerinnen nicht getan. Sie könnten sich nicht darauf berufen, erstmals mit einer solchen Situation konfrontiert worden zu sein; denn zumindest auf Grund des Schreibens der Beklagten vom 29.9.2005 hätten ihnen Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit des ihnen abverlangten Preises kommen müssen, der mehr als drei Mal so hoch gewesen sei wie der von der Beklagten genannte.
[6] Der Schwacke-Mietpreisspiegel für 2006 könne im Bezirk des LG Chemnitz keine Anwendung finden, was das Berufungsgericht weiter ausführt. Danach könnten die Klägerinnen die Regulierung nur unter Zugrundelegung des Mietpreisspiegels 2003 (gewichtetes Mittel) verlangen. Das Gericht gehe dabei regelmäßig davon aus, dass bei der Berechnung des für die Schadensbehebung erforderlichen Aufwands gem. § 249 BGB – zumindest für den Fall, dass sich der Geschädigte nicht erkundigt habe – auf denjenigen Tarif abzustellen sei, der der Anmietdauer am nächsten komme. Dies sei vorliegend der Wochentarif.
[7] Hier ergebe sich ein Tagesmietpreis von 52,86 EUR, nach Abzug ersparter Eigenaufwendungen von 10 % also 47,57 EUR. Hinzuzusetzen sei der gem. § 287 ZPO zu schätzende Aufschlag auf den Normaltarif, der unter Berücksichtigung der den Parteien mitgeteilten Schätzungsgrundlagen 19 %, also 9,03 EUR betrage. Hinzu komme ein Inflationsausgleich von 6 % (insgesamt 37,36 EUR), ferner seien die Zustellkosten (17,40 EUR) zuzurechnen. Der sich danach ergebende Gesamtbetrag sei durch die Zahlung der Beklagten ausgeglichen.
[8] II. Die Revision hat keinen Erfolg.
[9] 1. Nach der Rspr. des erkennenden Senats kann der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGHZ 160, 377, 383 f.; Senatsurt. v. 9.5.2006 – VI ZR 117/05 – VersR 2006, 986, 987; vom 30.1.2007 – VI ZR 99/06 – VersR 2007, 516, 517; vom 20.3.2007 – VI ZR 254/05 – VersR 2008, 235, 2...