1 Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Kosten für eine auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG gestützte straßenverkehrsrechtliche Verwarnung.
2 Der Kläger wurde 1995 erstmals wegen eines Standes von 9 Punkten im Verkehrszentralregister verwarnt.
3 Auf die Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom Februar 2001, dass der Kläger 12 Punkte erreicht habe, verwarnte ihn der Beklagte im März 2001 erneut und wies ihn auf die Möglichkeit hin, diese Punktzahl durch die Teilnahme an einem Aufbauseminar zu verringern.
4 Der Kläger legte am 4.6.2003 eine am 30.5.2003 ausgestellte Bescheinigung über die Teilnahme an einem Aufbauseminar vor. Die daraufhin vom Beklagten eingeholte Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 20.6.2003 wies für den Kläger zwei mit insgesamt 7 Punkten bewertete Verkehrsordnungswidrigkeiten aus. Im November 2003 erfolgte eine weitere Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes, dass sich der Punktestand des Klägers unter Berücksichtigung eines Rabatts von 4 Punkten auf insgesamt 10 Punkte belaufe. Im Januar 2004 teilte das Kraftfahrt-Bundesamt mit, nun seien 15 Punkte erreicht.
5 Daraufhin sprach der Beklagte am 25.2.2004 gestützt auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG eine Verwarnung gegenüber dem Kläger aus. Die im Verkehrszentralregister zu seinen Lasten eingetragenen Verkehrsverstöße seien mit 19 Punkten zu bewerten. Für die Teilnahme an einem Aufbauseminar sei ihm ein Rabatt in Höhe von 4 Punkten eingeräumt worden, da sein Punktestand nach der damaligen Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes nur sieben Punkte betragen habe. Danach habe das Kraftfahrt-Bundesamt aber die Eintragung weiterer Verkehrsverstöße mitgeteilt, die der Kläger bereits vor der Seminarteilnahme begangen habe. Für das Punktsystem gelte das Tattagprinzip, so dass es für die dort maßgeblichen Schwellen auf den Tag der Begehung des Verkehrsverstoßes ankomme. Weil der Kläger zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung bereits 15 Punkte erreicht habe, gem. § 4 Abs. 4 StVG ein Punkterabatt aber nur bis zu einem Stand von 13 Punkten möglich sei, müsse der ihm gewährte Punktabzug zurückgenommen werden. Seitdem sei ein weiterer mit 4 Punkten bewerteter Verkehrsverstoß hinzugekommen, was an sich zu 19 Punkten führe. Doch sei der Kläger, da ihm gegenüber bislang erst eine Verwarnung ausgesprochen worden sei, nach § 4 Abs. 5 StVG so zu stellen, als ob er nur 17 Punkte habe. Gem. § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG sei er zu verwarnen, weil er bereits an einem Aufbauseminar teilgenommen habe. Für diese Maßnahme setzte der Beklagte eine Gebühr in Höhe von 17,90 EUR und Zustellauslagen in Höhe von 5,60 EUR fest.
6 Nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt den Beklagten davon unterrichtet hatte, dass ein mit 4 Punkten bewerteter Verkehrsverstoß zu Unrecht im Verkehrszentralregister eingetragen und deshalb dort wieder gelöscht sei, teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 11.3.2004 mit, dass sich sein Punktestand derzeit auf 15 Punkte belaufe. Am Schreiben vom 25.2.2004 werde festgehalten.
7 Den Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium S. zurück und setzte hierfür eine Gebühr in Höhe von 25,60 EUR fest. Der Widerspruch sei, soweit er sich gegen die Verwarnung richte, unzulässig; soweit die Gebührenfestsetzung angefochten werde, sei er unbegründet. Da das Tattagprinzip gelte, sei die Verwarnung zu Recht erfolgt.
8 Mit Urt. v. 27.2.2006 hat das VG Stuttgart [10 K 5180/04] den Bescheid hinsichtlich der Gebührenfestsetzung und den Widerspruchsbescheid hinsichtlich der Überprüfung dieser Gebührenfestsetzung und der Auferlegung einer Widerspruchsgebühr aufgehoben; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung, dass für die Ermittlung des Punktestandes im Rahmen von § 4 Abs. 4 StVG das Rechtskraftprinzip maßgeblich sei.
9 Die Berufung des Beklagten hat der VGH Baden-Württemberg mit Urt. v. 9.1.2007 [10 S 1874/06, Leits. in zfs 2007, 242] zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es: Da die Verwarnung vom 25.2.2004 rechtswidrig gewesen sei, könnten dem Kläger hierfür auch keine Kosten auferlegt werden. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verwarnung habe der Kläger nicht die in § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG vorausgesetzten 14, sondern nur 11 Punkte erreicht. Der Beklagte habe die Verkehrsverstöße zwar zutreffend mit insgesamt 15 Punkten bewertet, es aber zu Unrecht unterlassen, hiervon 4 Punkte wegen der Teilnahme an einem Aufbauseminar abzuziehen. Als Stichtag für den Punktestand habe der Gesetzgeber in § 4 Abs. 4 Satz 4 StVG das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung bestimmt. Zu berücksichtigen seien die Verkehrsverstöße, die dem Fahrerlaubnisinhaber zu diesem Zeitpunkt im Rechtssinne vorgeworfen werden könnten. Dies sei nur bei bis dahin bereits rechtskräftig geahndeten Verstößen der Fall. Die Festlegung eines Stichtags spreche gegen das Abstellen auf den Tattag, da sie auf der Überlegung beruhe, dass der stichtagsbezogen zu ermittelnde Umstand eindeutig festgestellt werden könne und unveränderlich sei. Das Tattagpr...