ARB 75 § 2 Abs. 3; 4 Abs. 2
Leitsatz
1. Die Prozesskosten für eine Drittschuldner-Einziehungsklage fallen nicht unter die Risikobegrenzungsklausel des § 2 Abs. 3 Buchst. b ARB 75.
2. Der Ausschluss einer Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Ansprüchen Dritter, die vom Versicherungsnehmer im eigenen Namen geltend gemacht werden (§ 4 Abs. 2 Buchst. c ARB 75), erfasst seinem Sinn und Zweck nach die Einziehungsklage des Pfändungspfandgläubigers gegen den Drittschuldner nicht.
BGH, Urt. v. 29.10.2008 – IV ZR 128/07
Sachverhalt
Die Klägerin, ein Handwerksunternehmen der Holzbau- und Zimmereibranche, nimmt die Beklagte auf Leistung aus einer Rechtsschutzversicherung (Firmenvertragsrechtsschutz gem. § 24 Abs. 3 Nr. 1 ARB 92) in Anspruch. Die Klägerin hatte sich an Barter-Geschäften beteiligt. Solche Geschäfte beruhen auf einem Zusammenschluss von Unternehmen zu einem Unternehmenspool unter gleichzeitiger Vermittlung von Waren und Dienstleistungen aller Art. Dabei erfolge die Abrechnung durch Führung entsprechender Konten beim Barter-Unternehmen. Gegen ein solches Barter-Unternehmen erwirkte die Klägerin im Jahre 2002 ein rechtskräftiges Urteil auf Auszahlung ihres Kontoguthabens. Drei Vollstreckungsversuche bei der Schuldnerin scheiterten. Im Jahre 2004 erhielt die Klägerin ein Schreiben eines anderen Barter-Unternehmens, aus dem sich ergab, dass nicht mehr die Schuldnerin das Konto der Klägerin führte, sondern das andere Unternehmen. Daraufhin ließ die Klägerin den Anspruch der Schuldnerin auf Rückübertragung und Auszahlung des Guthabens pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses weigerte sich die Drittschuldnerin, das Guthaben an die Klägerin auszuzahlen. Diese ging deshalb mit einer Einziehungsklage gegen die Drittschuldnerin vor …
Die Beklagte verweigert die Erstattung der dabei entstandenen Kosten. LG und OLG haben der Klage stattgegebgen. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: [11]„ … 1. Die Revision zieht nicht in Zweifel, dass die Klägerin mit der Einziehungsklage, für die hier Rechtsschutz verlangt wird, rechtliche Interessen in ihrer im Versicherungsschein bezeichneten Eigenschaft als Gewerbetreibende wahrgenommen hat, und dass der geltend gemachte Anspruch auf schuldrechtliche Verträge gestützt war (§ 24 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1 ARB 92). Es fehlt aber auch nicht, anders als die Revision meint, an einem inneren sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten gewerblichen Tätigkeit und der aus schuldrechtlichen Verträgen hergeleiteten Einziehungsforderung (zu diesem Erfordernis vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, 27. Aufl., ARB 75 § 24 Rn 2; ARB 94 § 24 Rn 4; Harbauer/Stahl, Rechtsschutzversicherung, 7. Aufl., ARB 75 § 24 Rn 21, 49; ARB 94/2000 § 24 Rn 4; zu der entsprechenden Ausschlussklausel beim Familienrechtsschutz vgl. Senatsurt. v. 28.6.1978, VersR 1978, 816 unter 2 insbes. zu c; v. 7.12.1994, VersR 1995, 166 unter 1d). Es mag sein, wie die Revision geltend macht, dass mit der Einziehungsklage Inkasso- und Finanzierungsgeschäfte abgewickelt werden. Dabei geht es aber um im Betrieb der Klägerin entstandene Ansprüche insbesondere auf Gegenleistungen für ihre gewerbliche Tätigkeit, die wegen der Vereinbarung des Barter-Handels zu dem bei der Vollstreckungsschuldnerin entstandenen und auf die Drittschuldnerin weiter übertragenen Guthaben geführt haben. Für diese Einordnung der mit der Einziehungsklage wahrgenommenen rechtlichen Interessen unter das speziell versicherte Risiko spielt keine Rolle, dass die Klägerin die Einziehungsforderung gegen die Drittschuldnerin vor ihrer gerichtlichen Geltendmachung durch Pfändung und Überweisung (§§ 829, 835 f. ZPO) und insoweit kraft öffentlichen Rechts erworben hatte (a.A. Rex, VersR 1995, 505, 506).
[12] 2. Dem Anspruch auf Versicherungsleistungen steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin vor Erhebung der Einziehungsklage gegen die Drittschuldnerin schon drei Mal vergeblich versucht hatte, bei der Schuldnerin zu vollstrecken. Nach § 2 Abs. 3 Buchst. b ARB 92 ist zwar die Leistungspflicht des Versicherers auf drei “Anträge auf Vollstreckung oder Vollstreckungsabwehr je Vollstreckungstitel’ beschränkt. Die Einziehungsklage ist jedoch – wie die Auslegung der Klausel ergibt – kein solcher Vollstreckungsantrag.
[13] Die Klausel verwendet zur Kennzeichnung der Vollstreckungskosten auslösenden Maßnahmen, auf die sich die Beschränkung bezieht, mit der Wendung “Anträge auf Vollstreckung oder Vollstreckungsabwehr’ Begriffe der Rechtssprache. Deshalb erfährt der Grundsatz, dass Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen sind, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (st. Rspr., vgl. BGHZ 123, 83, 85), eine Ausnahme. Wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet, ist anzunehmen, dass darunter auch in Allgemeinen Versicherungsbedin...