Bei Kindern gelten für das Mitverschulden die gleichen Grundsätze für eine Verantwortlichkeit i.S.d. § 828 BGB wie bei der Haftungsbegründung. Eine Anspruchskürzung scheidet daher bei Kindern unter 7 Jahren generell aus. Bei Kindern, die das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet haben, ist nach § 828 Abs. 2 BGB ein Mitverschulden bei Unfällen mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn ausgeschlossen, wenn nicht ausnahmsweise eine teleologische Reduktion des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB vorzunehmen ist. Eine solche kommt nur in Betracht, wenn sich keine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat. Nach der Rechtsprechung des BGH ist bei dem Haftungsprivileg nicht grundsätzlich zwischen dem fließenden und dem ruhenden Verkehr zu unterscheiden, wenn auch das Haftungsprivileg im fließenden Verkehr häufiger als im sog. ruhenden Verkehr eingreifen mag. Das schließt jedoch nicht aus, dass sich in besonders gelagerten Fällen auch im ruhenden Verkehr eine spezifische Gefahr des motorisierten Verkehrs verwirklichen kann. Dabei ist auf eine typische Fallkonstellation der Überforderung des Kindes durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe im motorisierten Straßenverkehr abzustellen. Darauf, ob sich diese Überforderungssituation konkret ausgewirkt hat oder ob das Kind aus anderen Gründen nicht in der Lage war, sich verkehrsgerecht zu verhalten, kommt es nicht an.
Nach diesen Grundsätzen hat der BGH eine Haftung des Kindes bei Beschädigung eines parkenden Kraftfahrzeugs mit einem Kickboard oder einem Fahrrad in Fällen angenommen, in denen das Fahrzeug ordnungsgemäß geparkt war und sich nicht aus weiteren Umständen eine typische Überforderungssituation für das Kind ergab. Eine solche Überforderungssituation lag z.B. vor, als ein Kind mit einem Fahrrad gegen ein mit geöffneten hinteren Türen am Fahrbahnrand stehendes Fahrzeug fuhr. Im Prozess müssen Geschädigte, die eine Haftung des Kindes geltend machen, darlegen und beweisen, dass sich eine typische Überforderungssituation durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs bei dem Unfall nicht realisiert hat. Eine Haftung ist nämlich die Ausnahme von dem Regelfall des § 828 Abs. 2 BGB.
Beim Mitverschulden von Jugendlichen kommt es im Übrigen auf das Wissen und Können der Altersgruppe an, der der Jugendliche angehört (sog. Gruppenfahrlässigkeit). Bei der Abwägung nach §§ 9 StVG, 254 BGB ist das Mitverschulden eines Kindes in der Regel geringer zu bewerten als das entsprechende Mitverschulden eines Erwachsenen. Die Betriebsgefahr des Kfz wird daher, insbesondere bei jüngeren Jugendlichen, regelmäßig nicht voll hinter das Mitverschulden des Kindes zurücktreten, weil dies nur der Fall ist, wenn der Sorgfaltsverstoß altersspezifisch auch subjektiv besonders vorwerfbar ist.