Naumann/Brinkmann: Die Private Unfallversicherung in der anwaltlichen Praxis, 1. Aufl. 2009, Deutscher AnwaltVerlag, 592 Seiten, 59 EUR
Das von Rechtsanwalt Naumann und Ass. jur. Brinkmann, beide verfügen über Erfahrung in Schadenabteilungen einer Unfallversicherung, für die anwaltliche Praxis verfasste Werk wurde als Einstieg in das Recht der Privaten Unfallversicherung konzipiert und will Basiswissen zur sachgerechten sowie zeitökonomischen Bearbeitung von Einzelfällen vermitteln. Diese Ziele haben die Autoren erreicht.
Das Werk umfasst 15 Kapitel nebst Anhang.
Das zweite Kapitel widmet sich dem Zustandekommen, der Ausgestaltung und der Beendigung des Versicherungsvertrages, auch unter Berücksichtigung der VVG-Reform. Angesprochen werden auch aus der Reform resultierende Streitpunkte bei einer unterlassenen Anpassung der Altverträge.
Im anschließenden Kapitel werden der bedingungsgemäße Unfallbegriff sowie die in den gängigen Unfallversicherungs-Bedingungen vorgesehene Unfallfiktion erläutert. Wie bei den anderen Kapiteln auch, sind gerade hier zahlreiche (Abgrenzungs-)Beispiele, Praxistipps und Hinweise auf Musterbedingungen und deren Erweiterung enthalten.
Hieran schließt sich das umfangreiche Kapitel über die Ausschlüsse vom Versicherungsschutz an. In einem allgemeinen Überblick wird zunächst kurz das für die Beweislast wichtige Wechselspiel zwischen Ausschluss und Wiedereinschluss erläutert. Sodann wird einer der praktisch wichtigsten Ausschlüsse wegen Bewusstseinsstörung erläutert. Hier hat sich bei dem Punkt krankheitsbedingte Bewusstseinsstörungen ein handwerklicher Fehler eingeschlichen: Schwindelanfälle, die auf vorübergehenden Kreislaufreaktionen beruhen, sollen nicht unter den Ausschluss fallen, weil es an einer Erkrankung als Ursache fehlt. Einer solchen Ansicht hat der BGH (VersR 2008, 1683 = zfs 2010, 159) jedoch eine Absage erteilt, was zumindest zu berücksichtigen gewesen wäre. Bei den weiteren Ausschlüssen fallen die Ausführungen des praktisch ebenso wichtigen Ausschlusses wegen Bandscheibenschadens im Verhältnis zu eher nachrangigen Ausschlüssen etwas knapp aus. Der Einsteiger wird aber in jedem Fall hinreichend informiert. Umfassend bearbeitet wird der aktuell am häufigsten diskutierte Ausschluss wegen psychischer Reaktion. Zwar wird bei der Frage der Wirksamkeit die erste dazu ergangene BGH-Entscheidung nicht genannt. Die hieran anknüpfenden BGH-Entscheidungen werden jedoch zitiert und auf eine noch ausstehende BGH-Entscheidung zur genauen Reichweite des Ausschlusses hingewiesen. Im Rahmen dieses Hinweises werden auch die bereits geklärten Fallgruppen aufgezeigt. Hervorzuheben ist in diesem Kapitel der Hinweis/Verweis auf die Neurootologie als nicht anerkannte medizinische Fachdisziplin, die keine verlässlichen Aussagen über die Ursachen von Beschwerden liefert, was bei allen anderen auf dem Markt befindlichen Werken nicht gesehen wird.
Beim nächsten Kapitel über die versicherten Leistungen und Kosten handelt es sich um das umfangsreichste Kapitel, das naturgemäß der wichtigsten Leistungsart Invalidität die größte Beachtung schenkt und sich zu einzelnen Streitständen klar mit einfach nachvollziehbarer Argumentation positioniert. Wünschenswert wäre hier allerdings gewesen, die enorme Wichtigkeit der Invaliditätsfristen noch mehr und auch am Anfang in der Gliederung hervorzuheben. Die nach der VVG-Reform bestehenden Hinweispflichten des Versicherers werden erst in Kapitel 10 über die Pflichten des Versicherers besprochen. Besonders lobenswert hervorzuheben ist, dass auch sämtliche weiteren Leistungsarten, z.T. literarisch sogar erstmals, entsprechend der Zielrichtung des Werkes kurz angesprochen werden.
Völliges – juristisch-literarisches – Neuland wird sodann mit Kapitel 6 über medizinische Basisinformation betreten, was auch nicht anmaßend erscheint. Vielmehr ist ein solcher Vorstoß – es werden die medizinischen Standardwerke aufgezählt, die Neutral-Null-Methode erläutert, Einschätzungsempfehlungen vorgestellt pp. – ausdrücklich zu begrüßen, weil sie zum Tagesgeschäft des Unfallmandats gehören.
Neben weiteren Kapiteln über Fälligkeit, Obliegenheiten und speziellen Fragestellungen/Besteuerung, schließen sich schließlich zwei letzte Kapitel über Anwaltskosten sowie Taktik und Vorgehen im Mandat an, in denen z.B. auch die verschiedenen Beschwerdemöglichkeiten dargestellt werden.
Abschließend befinden sich im Anhang neben sämtlichen Bedingungstexten seit den AUB 61 nebst Synopse, auch für das VVG, chronologisch und nach Themenkomplexen geordnete Fristenübersichten sowie zwei Musterklageschriften, bevor das Werk mit einem gut brauchbaren Stichwortverzeichnis schließt.
Festgehalten werden kann daher, dass das Werk neben den bereits auf dem Markt befindlichen Arbeitsmitteln eine Berechtigung hat, dem Versprechen aus Klappentext und Vorwort zur Vermittlung von Basiswesen für Einsteiger mehr als gerecht wird und auch für den erfahrenen Praktiker eine Ergänzung der Handbibliothek für die andernorts nicht ...