[Ohne Titel]
5. Haftung "bei dem Betrieb" (§ 7 Abs. 1 StVG)
Das unverändert fortgeltende Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG war ebenfalls Gegenstand neuerer Senatsentscheidungen:
Entsprechend dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG wird dieser Begriff herkömmlich weit ausgelegt. Die Haftung umfasst alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe und es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist. Insoweit ist eine am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierte wertende Betrachtung angezeigt.
Die aktuelle Senats-Rspr. hat der Kette von Entscheidungen zum Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" weitere Glieder angefügt:
a) Senatsbeschluss vom 20.10.2009 ("Chemieschutzanzüge – CSA")
So etwa mit dem Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009 dem Folgendes zugrunde lag:
Dem Armaturenbrett der Zugmaschine eines Sattelzuges entströmte während der Fahrt Brandgeruch. Der Fahrer hielt den Sattelzug, der Fässer mit Gefahrgut geladen hatte, an. Kurze Zeit später stand zunächst das Fahrerhaus, dann der Anhänger in Flammen. Die Feuerwehr des klagenden Landkreises bekämpfte den Brand und setzte dabei sog. Chemieschutzanzüge (CSA) ein. Die Anzüge wurden von den brennenden Chemikalien irreparabel beschädigt. Der Landkreis forderte von dem Halter und von dem Kfz-Haftpflichtversicherer des Lastzuges Erstattung der Kosten für neue Chemieschutzanzüge. Er machte Gefährdungshaftung gem. § 7 Abs. 1 StVG geltend.
Wie ausgeführt kommt es für die am umfassenden Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG auszurichtende Zurechnung eines Ereignisses zur Betriebsgefahr darauf an, dass ein naher örtlicher und zeitlicher Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs besteht und die Fahrweise oder der Betrieb des Fahrzeugs zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen hat. Zudem muss es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handeln, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift des § 7 Abs. 1 StVG schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um deretwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist.
Nach diesen Grundsätzen konnte das Berufungsgericht den entstandenen Schaden dem Betrieb des in Brand geratenen Sattelzuges zuordnen. Der ersichtlich unter dem Armaturenbrett der Zugmaschine entstandene Brand, der auf das Fahrerhaus und die Ladung auf dem Anhänger übergriff, war auf das engste mit der Fahrt des Lkw verknüpft. Dessen Betriebsgefahr war maßgeblich davon mitgeprägt, dass er Chemikalien transportierte. Die irreparable Kontaminierung der von der Feuerwehr bei der Brandbekämpfung eingesetzten Chemieschutzanzüge konnte deshalb ohne weiteres dem Betrieb des Fahrzeugs zugerechnet werden. Die spezifische Gefahr des Gefahrguttransports wirkte sich gerade in der zur Gebrauchsunfähigkeit führenden Beschädigung der Chemieschutzanzüge aus.
b) Senatsbeschluss vom 10.11.2009
Der Kl. – über dessen Rechtsmittel der Senat am 10. November 2009 entschied – geriet auf der eisglatten Fahrbahn der Autobahn mit dem Pkw ins Schleudern, konnte den Wagen aber abfangen und auf dem Standstreifen abstellen. Er stieg aus dem Pkw, um das Warndreieck aus dem Kofferraum zu holen und die Stelle abzusichern. In diesem Augenblick stieß der Bekl. mit seinem Pkw, der ebenfalls von der Fahrspur geraten war, gegen den Wagen des Kl. und schob diesen ca. 30 Meter nach vorne. Der Kl. wurde mitgerissen und von der Autobahn geschleudert. Er erlitt erhebliche Verletzungen.
Das Berufungsgericht sprach dem Kl. nicht vollständigen, sondern auf eine Quote von 80 % geminderten Schadensersatz zu. Dabei berücksichtigte es zu Lasten des Kl., dass von seinem Pkw eine Betriebsgefahr ausging. Hiergegen richtete sich das Rechtsmittel des Kl.; es blieb erfolglos.
Für die vorbeschriebene Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG genügt es, dass sich – schlagwortartig verkürzt – eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist. Davon war im Streitfall auszugehen. Ein von der Fahrbahn abgekommenes, auf dem Standstreifen zum Stehen gebrachtes, nicht abgesichertes Fahrzeug bildet ein Hindernis. Stößt ein nachfolgendes Fahrzeug hiergegen, dann ist das Unfallgeschehen auch von dem Betrieb des auf dem Standstreifen stehenden Fahrzeugs bestimmt. Das Berufungsgericht hatte dem Kl. mithin wegen der Betriebsgefahr seines Pkw zu Recht einen Mitverursachungsant...