Wer kennt nicht diesen täglichen Ärger mit den Versicherungen? Immerhin wirbt nun eine Versicherung sogar mit dem Slogan: "Ich will versichert werden, nicht verunsichert." In der Tat: Schön wäre es, wenn dies einmal wieder der Fall wäre. Tatsächlich haben die Versicherungen in Deutschland einen Ruf, der schlechter nicht mehr sein kann. Es ist allgemeine Meinung, dass Versicherungen im Schadensfall so wenig wie möglich zahlen und jeder Versicherungsfall ausschließlich auf dem Rücken der Geschädigten oder des Versicherungsnehmers ausgetragen wird.
Vorbei sind die Zeiten, als die Schadensregulierung noch die Bezeichnung "fair" verdiente, vorbei die Zeiten, als der Geschädigte sich vertrauensvoll in die Hände einer Versicherung begeben konnte. Vorbei auch die Zeiten, als die Schadensregulierung von hoher fachlicher Kompetenz und von Verantwortungsbewusstsein auf Seiten der Regulierungsmitarbeiter einer Versicherung getragen wurde.
Heute gibt es nun das "Schadensmanagement der Versicherer", tatsächlich handelt es sich dabei um nichts weiter, als um "Schadenssteuerung", die ausschließlich zulasten des Geschädigten und zum wirtschaftlichen Wohle der Versicherungen betrieben wird.
Ein Beispiel: Da erleidet jemand einen Verkehrsunfall, schuldlos, wie er meint. Schon auf dem Notizzettel, der ihm von der Polizei mit den Unfalldaten ausgehändigt wird, wird ihm empfohlen, zur Schadensregulierung Kontakt mit dem "Zentralruf der Autoversicherer" aufzunehmen. Praktischerweise steht die Nummer schon auf dem Zettel aufgedruckt. Er ruft dort an und wird sogleich zu der gegnerischen Versicherung weiterverbunden. Dort wird er beruhigt und in trügerischer Sicherheit gewogen. Es wird ihm versichert, dass man sich um alles kümmern werde, ein Abschleppwagen werde gleich einen Mietwagen mitbringen, das beschädigte Auto werde in eine "Vertrauenswerkstatt" gebracht (das sind diese sagenhaften namenlosen Werkstätten, die das gesamte Know-how, das Spezialwerkzeug und die EDV-Software für alle Fahrzeugtypen haben, mit Originalteilen reparieren, die Werksgarantie nicht tangieren und alles zum halben Preis einer Fachwerkstatt!), dort werde ein Sachverständiger das Fahrzeug begutachten und zur Reparatur freigeben. Wenn dann die Reparatur fertig sei, werde das reparierte Fahrzeug frisch gewaschen wieder bei dem Geschädigten gegen das Mietauto getauscht. Das alles sei aber nur dann möglich, wenn weder ein freier Sachverständiger beauftragt, noch eine freie Markenwerkstatt, kein freies Mietwagenunternehmen und schon gar nicht ein freier Rechtsanwalt beauftragt werde! Anderenfalls könne sich die Regulierung sehr lang hinziehen.
Und in der Tat: Kaum ist ein Rechtsanwalt beauftragt worden, dauert die Regulierung plötzlich Monate. Da meldet der Versicherungsnehmer angeblich den Schaden nicht, da wird die Ermittlungsakte benötigt, dann ein ergänzender Aktenauszug, dann hat sich der Versicherungsnehmer angeblich immer noch nicht gemeldet, dann hat der Sachbearbeiter Urlaub, dann muss eine Rechnungsprüfung durchgeführt werden, dann werden billigere Vergleichwerkstätten benannt, es beginnt das Theater um die Mietwagenkosten, ganz zu schweigen von dem plötzlich eingeführten Mithaftungseinwand. Letztendlich ist auf beiden Seiten ein wirtschaftlich vollkommen unsinniger Verwaltungsaufwand betrieben worden.
Und wenn dann der Rechtsanwalt Klage eingereicht hat, kommt das bekannte lapidare Schreiben, man solle die Klage zurücknehmen, es werde jetzt bezahlt. Welcher gigantische volkswirtschaftliche Schaden wird dadurch jährlich angerichtet, wenn die Gerichte für solche überflüssigen Klagen Akten anlegen, Richter beschäftigen und die Zustellung von oftmals drei Abschriften an Halter, Fahrer und Versicherer veranlassen müssen, von dem Schriftverkehr mit dem Rechtsschutzversicherer und dem überflüssigen Zahlungsverkehr einmal ganz abgesehen?
Es wird dringend Zeit, dass in der Schadensregulierung wieder Vernunft einkehrt!