FeV §§ 14, 17, 21, 22; Anlage 4 FeV Nr. 9.2; VwGO § 123
Leitsatz
1. Der Formulierung des § 22 Abs. 4 FeV ist immanent, dass die Fahrerlaubnisbehörde den Bewerber dann zur Prüfung zuzulassen hat, wenn nur noch die Prüfungen abzulegen sind und die übrigen Erteilungsvoraussetzungen (§§ 2 Abs. 2 FeV, 7 bis 19 FeV) grds. vorliegen. Die Fahrprüfung stellt den abschließenden und von der Behörde inhaltlich nicht mehr zu überprüfenden Verfahrensschritt dar, der nach § 2 Abs. 2 S. 1 StVG, §§ 21 ff. FeV zur Erteilung der Fahrerlaubnis führt. Nach § 22 Abs. 2 S. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde zuvor zu ermitteln, ob Bedenken gegen die Eignung des Bewerbers zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen. Die Fahreignung ist von der Straßenverkehrsbehörde vor Erteilung des Prüfauftrages zu untersuchen; sie ist ein konstitutives Element dafür, dass einem Bewerber eine Fahrerlaubnis erteilt werden kann (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 4 StVG, § 11 Abs. 1 FeV).
2. Zur Prüfung hinreichender Anhaltspunkte für fahreignungsrelevanten (einmaligen/gelegentlichen/regelmäßigen) Cannabis-Konsum.
3. Dem Wesen und Zweck einer einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht in diesem Verfahren grds. nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit oder unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen könnte. (Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache). Im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie von Art. 19 Abs. 4 GG gilt dies aber dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Klärung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht.
(Leitsätze der Schriftleitung)
VG Oldenburg, Beschl. v. 25.11.2010 – 7 B 2807/10
Sachverhalt
I. Der am 30.12.1981 geborene Antragsteller begehrt die Zulassung zur Praktischen Fahrerlaubnisprüfung.
Er beantragte beim Antragsgegner die Erteilung der Fahrerlaubnis der Klassen B und BE. Er legte mit seinem Antrag eine Sehtestbescheinigung gem. § 12 Abs. 2 FeV vor.
Mit Schreiben vom 5.2.2010 wandte sich der Antragsgegner an die Polizeiinspektion O. und bat um Mitteilung, wie sich der Antragssteller während der letzten 4 Jahre geführt habe und ob Hinweise oder Tatsachen vorlägen, die den Antragsteller als ungeeignet zum Führen von Kfz erscheinen ließen.
Daraufhin teilte diese dem Antragsgegner mit, dass aus ihrer Sicht solche in Hinweise vorlägen. Der Antragsteller sei "mit Auffälligkeiten polizeilich registriert". Es seien Verfahren wegen Sachbeschädigung, Fahren ohne Fahrerlaubnis und eines Verstoßes gegen das BtMG eingeleitet worden.
Diesen Verfahren lagen folgende Sachverhalte zugrunde:
1. Fahren ohne Fahrerlaubnis
Am 15.6.2006 fuhr der Antragsteller mehrfach in seiner Nachbarschaft mit einem "Quad" und einem "Pocketbike", obwohl er die hierfür erforderliche Erlaubnis nicht besaß, im Anschluss an ein erzieherisches Gespräch stellte die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren gem. § 45 Abs. 1 JGG ein.
2. Sachbeschädigung
Am 28.2.2009 warf der Antragsteller gemeinsam mit einem Freund die Fensterscheiben eines leerstehenden Gebäudes ein. Hierbei standen sie unter Alkoholeinfluss. Das Strafverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft O. nach einem Erziehungsgespräch mit der Polizei gem. § 45 Abs. 2 JGG eingestellt.
3. Fahren ohne Fahrerlaubnis
Am 17.7.2009 führte der Antragsteller sein Kleinkraftrad mit einer Geschwindigkeit von 70-75 km/h, obwohl er nur im Besitz einer Mofaprüfbescheinigung war. Der Antragsteller versuchte sich zunächst dem Zugriff der Polizei durch Flucht zu entziehen. Später räumte er gegenüber der Polizei ein, bauliche Veränderungen an seinem Kraftrad vorgenommen zu haben, obwohl er wusste, dass dies nicht zulässig war. Das AG W. ermahnte den Antragsteller daraufhin.
4. Verstoß gegen BtMG
Am 20.11.2009 wurde der Antragsteller bei einer Kontrolle des Hauptzollamtes O. am Bahnhof in L. mit ca. 7 g Marihuana angetroffen. Bei seiner Beschuldigtenvernehmung beim Polizeikommissariat W. am 19.1.2010 gab er an, vor dem "Vorfall" in Winschoten (NL) Cannabis konsumiert zu haben. Dort sei ihm die Idee gekommen, "Gras für zuhause mitzunehmen". Nach dem Vorfall habe er nur noch ein- oder zweimal gekifft. Seit Mitte Dezember 2009 habe er kein Cannabis mehr konsumiert.
In Kenntnis dieser Strafverfahren ordnete der Antragsgegner zunächst die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Klärung der Fragen an, ob zu erwarten sei, dass der Antragsteller auch zukünftig gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde und ob zu erwarten sei, dass der Antragsteller zukünftig unter dem Einfluss berauschender Mittel ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führen werde.
Im Anschluss an Gespräche und Schriftwechsel mit dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ordnete der Antragsgegner am 2.7.2010 an, dass der Antragsteller ein...