1. Dass ein Richterwechsel nicht die Folge hat, dass bis dahin von einem anderen Richter durchgeführte Beweisaufnahmen wiederholt werden müssen (§ 398 ZPO), lässt sich § 309 ZPO entnehmen. Da das Urteil danach nur von denjenigen Richtern gefällt werden darf, die der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung beigewohnt haben, und mit dieser Verhandlung der "Schlusstermin" zur letzten mündlichen Verhandlung gemeint ist, steht es fest, dass ein Richter, der an zuvor durchgeführten Beweisaufnahmen nicht mitgewirkt hat, an der Entscheidung mitwirken kann, wenn er beim letzten Termin zur mündlichen Verhandlung anwesend war (vgl. BGH NJW 1979, 2518; BGH NJW 1970, 946 = BGHZ 53, 245, 257). Diese Weichenstellung entspricht angesichts der hohen Wechselfrequenz von Richtern zwischen Spruchkörpern eines Gerichtes und zwischen Gerichten und sonstigen Gründen des Ausscheidens aus Gerichten der Prozessökonomie.
2. Dieser Grundsatz muss jedoch dann eine Ausnahme erfahren, wenn die Beweiswürdigung des Gerichtes es erforderlich macht, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu beurteilen, weil dies nur auf Grund des persönlichen Eindrucks des Richters möglich ist und, was nicht allzu gebräuchlich ist, entsprechende Eindrücke der vernehmenden Richter nicht in die Sitzungsniederschrift aufgenommen und den Parteien zugänglich gemacht worden sind (vgl. BGH NJW 1992, 187, 188; BGH NJW 1991, 1180). Das führt dazu, dass wegen des zu beachtenden Grundsatzes der Unmittelbarkeit (§ 355 ZPO) die Beweisaufnahme zur Gewinnung des persönlichen Eindrucks von dem Zeugen und damit die Ermöglichung einer Beweiswürdigung zu wiederholen ist (§ 398 ZPO; OLG Düsseldorf NJW 1992, 179, 180). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 295 ZPO, da der dort angeordnete Rügeverzicht nicht angenommen werden kann. Zwar lässt § 295 Abs. 1 ZPO die Annahme eines Rügeverzichtes bei einem Verstoß gegen die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu, die darin liegt, dass nur diejenigen Richter das Urteil fällen sollen, die auch einen unmittelbaren persönlichen Eindruck von der Beweisaufnahme erhalten haben (vgl. BGH NJW 1964, 108). Die Heilungsvorschrift greift jedoch deshalb nicht ein, weil die Parteien in der Schlussverhandlung nicht wissen konnten, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft nicht protokollierten persönliche Eindrücken entscheidendes Gewicht für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugen beimessen werde (vgl. BGH NJW 1991, 1180).
RiOLG a.D. Heinz Diehl, Neu-Isenburg