LuftVG § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3; LuftVZO § 24 Abs. 1 Nr. 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 § 24c Abs. 2; StVG § 29 Abs. 6 S. 2 § 30 Abs. 4; VwGO § 146 Abs. 4
Leitsatz
1. In Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO hat das OVG grds. von der Sachlage zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung des VG auszugehen, sodass Änderungen des Sachverhalts, die sich erst nach dem Ergehen dieser Entscheidung ergeben haben, in der Regel auch dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn sie innerhalb der für die Begründung der Beschwerde maßgeblichen Frist dargelegt werden.
2. Ein Luftfahrzeugführer, der einer berechtigterweise erlassenen Anordnung, sich einer Begutachtung zu unterziehen, keine Folge geleistet hat, kann, wenn daraus die zuständige Behörde zeitnah nachteilige Schlussfolgerungen in Bezug auf seine Zuverlässigkeit zum Führen von Luftfahrzeugen zieht, dagegen grds. nicht erfolgreich einwenden, inzwischen unterlägen von ihm begangene Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten einem Verwertungsverbot, sodass nunmehr das Verlangen nach einer Begutachtung nicht mehr gerechtfertigt sei.
Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.12.2012 – 7 ME 131/12
Sachverhalt
Der ASt. wendet sich mit seiner Beschwerde dagegen, dass es das VG abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs v. 4.6.2006 wiederherzustellen, den er gegen den Bescheid der Luftfahrt-Bundesamtes v. 18.5.2012 erhoben hat. Mit diesem Bescheid war u.a. das Ruhen seiner Lizenz für Verkehrspiloten angeordnet worden, weil er der behördlichen Aufforderung v. 22.11.2011 in der Fassung der Mitteilung v. 20.2.2012 nicht nachgekommen war, bis zum Ablauf des 30.4.2012 durch eine Untersuchung im Fachgebiet "Klinische Flugpsychologie" bei den flugmedizinischen Zentren in C. oder D. nachzuweisen, dass bei ihm keine die Flugsicherheit beeinträchtigenden Zuverlässigkeitsmängel als Luftfahrzeugführer vorlägen. Diese Aufforderung war ergangen, nachdem der Behörde bekannt geworden war, dass der ASt. im Zeitraum vom Oktober 2006 bis zum Februar 2010 sieben Verkehrsordnungswidrigkeiten (überwiegend Geschwindigkeitsüberschreitungen von mehr als 20 km/h) und eine Straftat (unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) begangen hatte.
Das VG hat den begehrten vorläufigen Rechtsschutz im Wesentlichen mit der Begründung versagt, dass das Luftfahrt-Bundesamt vor dem Hintergrund des § 24 Abs. 2 S. 2 LuftVZO berechtigt gewesen sei, an der Zuverlässigkeit des ASt. zu zweifeln, dass sich diese Zweifel nur durch gutachterliche Feststellungen ausräumen ließen und dass die Behörde das Ruhen der Lizenz des ASt. habe anordnen dürfen, nachdem er den vom ihm geforderten gutachterlichen Nachweis seiner Zuverlässigkeit nicht fristgerecht geführt habe. Die Vorinstanz hat ihre Entscheidung mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, die in unvollständiger Weise über den Kreis der Personen belehrt, die zu einer Prozessvertretung vor dem OVG befugt sind.
Der ASt. hat sich am 5. und 6.9.2012 einer Begutachtung durch das Flugmedizinische Zentrum E. unterzogen und das ihm daraufhin erteilte Tauglichkeitszeugnis v. 15.10.2012 sowie die diesem zugrunde liegende neuropsychologische Leistungstestung sowie das psychiatrische Gutachten jeweils v. 17.9.2012 – vor Ablauf eines Jahres nach Zustellung des erstinstanzlichen Beschl. in das Beschwerdeverfahren eingeführt. Er hat außerdem in Anknüpfung an einen Hinweis des Berichterstatters v. 19.9.2009 unter dem 27.9.2012 bei dem Luftfahrt-Bundesamt beantragt, statt einer Begutachtung durch die flugmedizinischen Zentren in C. oder D. das Untersuchungsergebnis des Flugmedizinischen Zentrums E. zu akzeptieren.
Der ASt. ist unter anderem der Auffassung, dass das Luftfahrt-Bundesamt und diesem folgend auch das VG ihren Entscheidungen einen aus Rechtsgründen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt hätten, weil Verkehrsordnungswidrigkeiten zu seinem Nachteil verwertet worden seien, deren Tilgungsreife bereits eingetreten sei. Er beanstandet außerdem, dass eine gebotene Würdigung seiner Gesamtpersönlichkeit nicht stattgefunden und sein langjähriges beanstandungsfreies Wirken als Berufspilot, Fluglehrer und Prüfer keine erkennbare Berücksichtigung gefunden habe. Er beruft sich ferner auf schutzwürdiges Vertrauen, das durch eine Verlängerung seiner Lizenz am 3.11.2011 geschaffen worden sei. Schließlich macht er geltend, dass er zumindest zwischenzeitlich seine Zuverlässigkeit hinreichend glaubhaft gemacht habe und bezieht sich u.a. auf eine ergänzende Stellungnahme des Flugmedizinischen Zentrums E. sowie eine eigene eidesstattliche Versicherung, die jeweils v. 25.10.2012 datieren.
2 Aus den Gründen:
" … II. Die Beschwerde des ASt. gegen den Beschl. des VG Braunschweig v. 6.7.2012 hat keinen Erfolg, weil sich aus den seitens des Senats allein zu prüfenden dargelegten Beschwerdegründen, soweit sie in dem Verfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO berücksichtigt werden können, nicht ergibt, dass die angefochtene Entscheidung in der begehrten Weise abzuändern ist (§ 146 Abs. 4 S. 3 und 6 VwGO)."
Entgegen der Auffassung des ASt. kann der Senat die zur Begründung...