" … Der Kl. hat gegen die Bekl. aus der bei ihr gehaltenen Unfallversicherung keinen Anspruch auf Zahlung von 306.775,14 EUR, weil die von ihm geltend gemachte Vollinvalidität nicht auf einem Unfall i.S.d. dem Vertrag zugrunde liegenden AUB 2000 beruht."
1. Nach Ziff. 1.3 AUB 2000 liegt ein Unfall vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Dieser Unfallbegriff entspricht der nunmehr gesetzlichen Definition in § 178 Abs. 2 VVG. Maßgeblich für das Verständnis des Unfallbegriffs ist dabei – begrenzt durch den Wortsinn – die Sicht eines verständigen Laien ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, denn an diesen wendet sich der VR mit seinen AGB (BGH VersR 1982, 841 f.). Die Vorstellungen des Laien sind von der allgemeinen Lebensauffassung und dem allgemeinen Sprachgebrauch geprägt (Bruck/Möller/Leverenz, VVG, 9. Aufl. 2010, § 178 Rn 15).
Der Kl. macht allein geltend, das die Gesundheitsbeschädigung auslösende Ereignis sei die von ihm aufgewandte Kraftanstrengung beim Anheben der Kanister gewesen. Auf seinen in der Folge erlittenen Sturz auf der Treppe kommt es vor diesem Hintergrund bei der Prüfung eines Unfalls i.S.d. Versicherungsbedingungen nicht an, weil der Kl. – auch nach Erörterung und entsprechender Klarstellung durch den Klägervertreter im Senatstermin – nicht vorträgt, er habe aufgrund dieses Sturzes Gesundheitsbeeinträchtigungen erlitten, die im Ergebnis zur Invalidität geführt hätten.
a) Das Anheben der Kanister bzw. die dabei aufgewandte Kraftanstrengung stellt durchaus ein Ereignis dar, weil es sich dabei um einen dynamischen Vorgang handelt. Ein Ereignis ist in jeglichem Geschehensablauf zu sehen, durch den ein bestehender Zustand verändert wird (Bruck/Möller/Leverenz, a.a.O., Rn 25). Auch wirkte dieses Ereignis auf den Körper des Kl. ein, weil die Schwerkraft der Kanister einen von ihm körperlich zu überwindenden Widerstand darstellte.
b) Allerdings ist die vom Kl. aufgewandte Kraftanstrengung zur Überwindung der Schwerkraft der Kanister nicht als ein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis i.S.d. Unfallbegriffs zu qualifizieren.
Ein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis liegt – in Abgrenzung zu innerorganischen Vorgängen – vor, wenn Kräfte auf den Körper der versicherten Person einwirken, die außerhalb des Einflussbereichs des eigenen Körpers liegen. Mit der Begrenzung auf von außen wirkende Ereignisse soll die private Unfallversicherung auf Vorgänge beschränkt werden, deren schädliche Wirkungen nicht auf Eigenschaften und Handlungsweisen des Betroffenen selbst beruhen, sondern jeden, unabhängig davon, in einer Weise treffen, die gleichsam jedermann widerfahren kann. Die Auswirkungen rein innerkörperlicher Vorgänge wie etwa eines Herzinfarktes oder einer Gehirnblutung sollen nicht von der Unfallversicherung abgedeckt werden (Bruck/Möller/Leverenz, a.a.O., Rn 40). Nur dann, wenn der innerkörperliche Vorgang – wie hier die Gehirnblutung – seinerseits auf einem von außen wirksamen Ereignis beruht, ist deshalb ein Unfall anzunehmen.
An einer solchen von außen auf den Körper des Kl. einwirkenden Kraft im Sinne eines Ereignisses fehlt es hier. Insoweit kann sich der Kl. nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die außerhalb seines Körpers wirksame Schwerkraft der Kanister auf ihn eingewirkt habe, als er sie anhob und transportierte und zu ihrer Überwindung eine entsprechende Körperkraft aufwenden musste. Die Schwerkraft der Kanister stellt kein Unfallereignis dar. Ihr fehlt jedes dynamische Element, das dem Ereignisbegriff innewohnt, weil sie ganz unabhängig von jeglicher menschlicher (oder sonstiger) Einwirkung aufgrund der Naturgesetzlichkeit existiert. Die Schwerkraft entfaltete im Hinblick auf den Körper des Kl. erst dann ihre Wirkung, als er versuchte, sie durch Aufbietung eigener Muskelkraft zu überwinden. Diese Kraftanstrengung bleibt ein innerer Vorgang, solange der Gegenstand einfaches Objekt der Bemühungen ist (BGH VersR 1989, 73; VersR 1988, 242; Senat VersR 1995, 774).
Eigene Bewegungen und Anstrengungen des Verletzten können nur dann Unfälle bewirken, wenn sie nicht gänzlich willensgestört ablaufen und im Ergebnis die Gesundheitsbeschädigung zusammen mit einer äußeren (störenden) Einwirkung ausgelöst haben (Senat VersR 1999, 44; OLG Frankfurt RuS 2009, 32). Maßgeblich ist dabei die Bewegungsstörung von außen, die Bewegung muss anders verlaufen oder enden als geplant, ansonsten fehlt es an einem “von außen’ auf den Körper einwirkendem Ereignis. In Fällen, in denen die versicherte Person eine normale Bewegung vollständig plan- und willensgemäß ausführt, aber ungewollt eine Beeinträchtigung erleidet, fehlt es so an einer Einwirkung von außen …
Diese Differenzierung folgt im Übrigen zwingend aus der Systematik der AUB 2000 bzw. des § 178 Abs. 1 und 2 VVG. Wenn Kraftanstrengungen als solche bereits genügen würden, um eine von außen wirksam werdende Einwirkung auf den ...