" … Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen."
1. …
a. Die Bekl. konnte die Annahme des Versicherungsantrags des VN gem. § 123 Abs. 1 BGB, § 22 VVG anfechten, weil der VN sie bei der Antragstellung arglistig getäuscht hat …
(1) Die Anfechtungserklärung (§ 143 Abs. 1 BGB) ist mit dem Zugang an die Bezugsberechtigte Frau M G wirksam geworden. Grundsätzlich ist Anfechtungsgegner i.S.d. § 143 Abs. 1 BGB der Vertragspartner, im Fall seines Todes die Erben. In AVB kann aber anderes geregelt werden. Hier bezeichnet § 7 Abs. 8 ALB den Bezugsberechtigten als bevollmächtigt, eine Anfechtungserklärung entgegenzunehmen. Das ist zulässig und begründet eine wirksame Empfangsvollmacht … . Die Abtretung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag änderte daran nichts.
(2) Die Voraussetzungen des Anfechtungsgrunds der arglistigen Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB) sind erfüllt.
(a) Eine arglistige Täuschung, die den Abschluss des Versicherungsvertrags bewirkt, setzt zunächst voraus, dass dem VR gefahrerhebliche Umstände verschwiegen werden. Das war der Fall. Der VN hat in dem am 26.6.2006 ausgefüllten Antragsformular zur Frage nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden in den letzten 5 Jahren – mit exemplarischer Bezugnahme auf Tumorerkrankungen – die Antwort “ja’ angekreuzt und diese konkretisiert durch die erläuternde Angabe “grippale Infekte, Knieschmerzen → alles ausgeheilt’. Zu der Frage nach Untersuchungen, Beratungen, Behandlungen oder Operationen in den letzten fünf Jahren beschränkte ersieh auf die Angabe “Grippe, Erkältungen’. Verschwiegen hat er eine Hodenkrebserkrankung, wegen deren zwei Jahre vor Antragstellung der linke Hoden entfernt und eine Chemotherapie durchgeführt wurden. Dass ein Tumorleiden für den Abschluss einer Lebensversicherung gefahrerheblich ist, wird von der Kl. zwar bestritten, ist aber offenkundig und nicht beweisbedürftig (§ 291 ZPO).
(b) Der Senat ist davon überzeugt, dass der VN mit seiner Täuschung bewusst und gewollt Einfluss auf die Willensentschließung der Bekl. nehmen wollte und damit arglistig agiert hat. (wird ausgeführt)
(c) Die Erklärung der Anfechtung erfolgte fristgerecht.
Gem. § 124 Abs. 1 BGB kann die Anfechtung einer nach § 123 BGB anfechtbaren Willenserklärung nur binnen Jahresfrist erfolgen. Sie beginnt gem. § 124 Abs. 2 BGB mit dem Entdecken der Täuschung. Entscheidend ist der Moment, in dem der Anfechtungsberechtigte von dem Irrtum und dem arglistigen Verhalten des anderen Teils erfährt und über die Täuschung bestimmte Behauptungen aufzustellen vermag. Weil § 124 Abs. 2 BGB ein Wissen verlangt, sind ein Verdacht, eine Vermutung oder eine fahrlässig fortbestehende Unkenntnis nicht genügend. Andererseits muss der Getäuschte nicht sämtliche Einzelheiten kennen oder die volle Gewissheit erlangt haben. Letztlich soll es auf den “Gesamteindruck’ ankommen …
Im Zusammenhang mit dem Abschluss von Versicherungsverträgen ist streitig, ob der VR behandelt werden muss, als wisse er um Täuschung, Irrtum und Arglist, wenn Verdachtsmomente aufgetreten sind, denen er nachzugehen versäumte. Das ist abzulehnen. Auch hier steht die fahrlässige Unkenntnis des VR, der Rückfragen trotz entsprechender Anhaltspunkte unterlässt, der positiven Kenntnis nicht gleich (OLG Hamm VersR 1982, 85 … ). In der neueren Rspr. ist anerkannt, dass das Anfechtungsrecht als solches unabhängig davon besteht, ob der VR Nachfrageobliegenheiten verletzt hat (siehe zuletzt BGH VersR 2011, 909 … ). Überträgt man diese Wertung auf die hier relevante Fragestellung … , können unterbliebene Nachforschungen den Beginn der Frist des § 124 Abs. 1 BGB nicht zugunsten des arglistigen VN vorverlagern. Maßgeblich bleibt der Zeitpunkt der sicheren und zuverlässigen Kenntnis nach hinreichender Klärung des Sachverhalts …
Die Bekl. hatte diese Kenntnis erst ab dem Zeitpunkt, in dem ihr verlässliche Informationen über die Hodenkrebserkrankung und den Zeitpunkt von Diagnose und Behandlung aus ärztlicher Quelle zugegangen sind. Das war nicht vor Dezember 2010 der Fall. Damals hatte sie sich an das S Klinikum K gewandt mit der Bitte, Unterlagen über die Behandlung im Jahr 2009 zu übersenden. In dem daraufhin zur Verfügung gestellten Arztbericht v. 14.7.2009 ist von der Krebsdiagnose, der Hodenentfernung im Mai 2004 und einer sich anschließende Chemotherapie die Rede. Basierend auf diesen Informationen, hat die Bekl. sodann im Februar 2011 den Vertrag fristgerecht angefochten.
Entgegen der Auffassung der Kl., die für eine länger als ein Jahr vor der Anfechtungserklärung erlangte Kenntnis darlegungs- und beweisbelastet ist, begann die Anfechtungsfrist nicht schon im November 2009 zu laufen. Zwar war der Bekl. schon damals die Ermittlungsakte mit dem Bericht des Polizeipräsidiums K v. 10.8.2009 zugegangen. Dieser Bericht ließ indes nicht mit hinreichender Sicherheit auf eine arglistige Täuschung schließen. Die dort niedergeschriebenen Informationen über frühere Erkrankungen beruhten auf einem “Gespräch mit den Angehörigen und dem Geschäftspartner des Verst...