Keine der beiden hauptsächlich verwandten Methoden zur Bestimmung des Normaltarifs hat vollständig überzeugt. Die Art der Datengewinnung bei der Schwacke-Methode stieß auf das Bedenken, dass das offensichtliche Interesse der Vermieter, überhöhte Tarife anzugeben, die Gefahr begründe, dass ein überhöhtes Preisniveau wiedergegeben werde (vgl. LG Fulda NZV 2010, 91, 92). Da die Einzeldaten durch Abfrage beim Bundesverband der Autovermieter sowohl unter Offenlegung des Verwendungszwecks wie unter Mitteilung fehlender Abschlussbereitschaft erhoben werden, bestehe die naheliegende Gefahr, dass eine Ergebnismanipulation seitens der Befragten, die an hohen Einzelpreisen interessiert seien, die Folge sein werde. Als Beleg hierfür werden vor allem die deutlichen, dem Marktgeschehen nicht entsprechenden Preissteigerungen zwischen den Schwacke-Tabellen 2003 und 2006 angeführt (vgl. im Einzelnen LG Fulda a.a.O.; OLG München r+s 2008, 439), die einen erheblichen Manipulationsverdacht bei der Sammlung der Daten für das Jahr 2006 nahe legten. Bei der Erstellung der Fraunhofer-Liste findet eine verdeckte Datenerhebung statt. Schönheitsfehler dieser Methode ist es, dass die Preise für Mietwagen mit einer Vorlauffrist von einer Woche erhoben werden, was den Bedarf des Mieters nach einem Verkehrsunfall nicht deckt (vgl. OLG Köln NZV 2010, 144; LG Siegen NZV 2010, 146; Wenning, NZV 2009, 473). Hinzu kommt, dass die Fraunhofer-Liste durch die Ausweisung in zweistufigen Postleitzahlgebieten ein allzu grobes Raster darstellt, sodass je nach der Größe des Einzugsgebietes Unrichtigkeiten auftreten. Fehlt es an der Homogenität des Gebietes, werden also städtische und ländliche Gebiete zusammengefasst, führt dies zu einer "Preisverzerrung nach unten" (vgl. auch OLG Köln a.a.O.). Als weitere Fehlerquelle mit Auswirkungen in dieser Richtung kann auch die Gewinnung der Daten durch Internet-Abfrage bei sechs bundesweit agierenden Anbietern führen, die nicht der Nachfragtätigkeit des durchschnittlichen Kunden bei der Miete eines Ersatzfahrzeugs entspricht.

Kritiker haben unter Hinweis auf die Schwächen der Werke Mängelbeseitigung erbeten, die nicht durchgeführt worden ist (vgl. Riedmeyer, zfs 2010, 70). Die Klärung der tatsächlichen Verhältnisse und die Bewertung der statistischen Leistungen bei der Abfassung der Werke können auch nicht durch den BGH erfolgen, dem als Revisionsgericht Beweiserhebungen und etwa die Zuziehung von Sachverständigen versagt ist. Vielmehr hat der BGH sowohl die Schwacke-Liste als auch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel als zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten geeignet bezeichnet, sich zur Korrekturmöglichkeit durch den Tatrichter dazu bekannt, dass der Tatrichter im Rahmen seines Ermessens von den sich aus den Listen ergebenden Tarifen durch Zu- und Abschläge abweichen darf (zfs 2011, 441). Vor allem hat der BGH zum Schutz der Tatrichter es verhindert, dass zur – abstrakten – Klärung des Wertes der Tabellenwerke statistische Kolloquien abgehalten werden müssen. Die Eignung von Listen und Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, soll nur der Klärung bedürfen, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH zfs 2008, 383 und 441; vgl. auch BGH zfs 2011, 497).

Da verkürzt zusammengefasst, die Schwacke-Liste zu "überhöhten" Werten, die Fraunhofer-Liste zu "zu niedrigen" Werten führt, liegt es nahe, das arithmetische Mittel beider zu bilden, und damit einen realistischen Wert zu gewinnen.

Nachdem der BGH angedeutet hatte, er halte zur Überwindung des Streits zwischen den Anhängern der Schwacke-Methode und denen der Fraunhofer-Schule eine Kombination durch Abstellen auf das arithmetische Mittel beider Tabellenwerke für eine brauchbare Lösung (vgl. BGH NJW-RR 2010, 1054; BGH NJW-RR 2011, 823), haben sich dem zahlreiche OLG angeschlossen (OLG Celle NJW-RR 2012, 802; OLG Karlsruhe NJW-RR 2012, 26; OLG Köln SP 2010, 396; OLG Saarbrücken NZV 2010, 242). Im Übrigen dürfte der Streit zwischen beiden Methoden deshalb nicht entscheidungserheblich sein, weil dem Geschädigten nicht vorgeworfen werden kann, ein Ersatzfahrzeug zu der Preisvorgabe der – voraussehbar gegenüber der Fraunhofer-Liste teureren – Schwacke-Liste gemietet zu haben. Das stellt kein ein Mitverschulden bei der Abwicklung des Schadens anzusehendes Moment dar, da der "durchschnittliche" Geschädigte trotz aller Publizität im straßenverkehrsrechtlichen Schrifttum nicht die Kenntnis davon hat, dass die Schwacke-Liste bei der Bestimmung des Normaltarifs im allgemeinen zu höheren, von der Haftpflichtversicherung beklagten Preisangaben führt. Fehlt es an einem Verschulden bei der Schadensabwicklung, kann dies dem Geschädigten aber auch nicht nach § 254 BGB anspruchsmindernd entgegen gehalten werden.

RiOLG a.D. Heinz Diehl

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