BGB § 254
Leitsatz
1. Mietwagenkosten, die sich in der Gesamtsumme unter dem arithmetischen Mittel der Listen Schwacke und Fraunhofer bewegen, sind erstattungsfähig.
2. Winterreifen sind im Winterhalbjahr als erstattungsfähige Position im Rahmen einer Mietwagenanmietung anzusehen.
(Leitsätze des Einsenders)
AG Celle, Urt. v. 12.11.2012 – 15a C 848/12
Sachverhalt
Nach einem Verkehrsunfall mietete der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug, wobei der Mietpreis unterhalb des arithmetischen Mittelwertes aus der Schwacke-Liste und dem Fraunhofer-Mietpreisspiegel lag. Das AG ging von einer Erstattungsfähigkeit der Mietwagenkosten aus.
2 Aus den Gründen:
"Die Kl. hat Anspruch auf Ersatz der vollen Mietwagenkosten i.H.v. 649,32 EUR, somit auf Zahlung des ausstehenden Restbetrages von 209,32 EUR."
Der für die Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten grds. maßgebliche Normaltarif kann im Wege der Schätzung gem. § 287 ZPO ermittelt werden, wobei in vorhandenen Listen und Tabellen ausgewiesene Werte herangezogen werden können; die Art der Schätzungsgrundlage für die Ermittlung des Normaltarifs gibt § 287 ZPO dabei im Einzelnen nicht vor (OLG Celle, Urt. v. 29.2.2012 – 14 U 49/11, NJW-RR 2012, 602 f.). Im Rahmen des Schätzungsermessens nach § 287 ZPO kann der erstattungsfähige Normaltarif aus einer Kombination der Schwacke-Liste sowie des Fraunhofer-Mietpreisspiegels in der Weise errechnet werden, dass aus der Summe der Mietpreise dieser Listen das arithmetische Mittel gebildet wird (vgl. OLG Celle, a.a.O.). Auch in Rechnung gestellte Zusatzkosten für Winterreifen sind im Winterhalbjahr erstattungsfähig (OLG Celle, a.a.O.).
Für die vorliegende Mietwagenklasse ergibt sich bei einer Gesamtnutzungsdauer von 5 Tagen zzgl. der Kosten für eine Haftungsreduzierung CDW und für Winterreifen ein arithmetischer Mittelwert aus Schwacke-Liste 2011 und Fraunhofer-Mietpreisspiegels, der – abzgl. einer Pauschale von 5 % für ersparte Eigenaufwendungen – über dem von der Kl. geltend gemachten Gesamtbetrag liegt.“
3 Anmerkung:
Keine der beiden hauptsächlich verwandten Methoden zur Bestimmung des Normaltarifs hat vollständig überzeugt. Die Art der Datengewinnung bei der Schwacke-Methode stieß auf das Bedenken, dass das offensichtliche Interesse der Vermieter, überhöhte Tarife anzugeben, die Gefahr begründe, dass ein überhöhtes Preisniveau wiedergegeben werde (vgl. LG Fulda NZV 2010, 91, 92). Da die Einzeldaten durch Abfrage beim Bundesverband der Autovermieter sowohl unter Offenlegung des Verwendungszwecks wie unter Mitteilung fehlender Abschlussbereitschaft erhoben werden, bestehe die naheliegende Gefahr, dass eine Ergebnismanipulation seitens der Befragten, die an hohen Einzelpreisen interessiert seien, die Folge sein werde. Als Beleg hierfür werden vor allem die deutlichen, dem Marktgeschehen nicht entsprechenden Preissteigerungen zwischen den Schwacke-Tabellen 2003 und 2006 angeführt (vgl. im Einzelnen LG Fulda a.a.O.; OLG München r+s 2008, 439), die einen erheblichen Manipulationsverdacht bei der Sammlung der Daten für das Jahr 2006 nahe legten. Bei der Erstellung der Fraunhofer-Liste findet eine verdeckte Datenerhebung statt. Schönheitsfehler dieser Methode ist es, dass die Preise für Mietwagen mit einer Vorlauffrist von einer Woche erhoben werden, was den Bedarf des Mieters nach einem Verkehrsunfall nicht deckt (vgl. OLG Köln NZV 2010, 144; LG Siegen NZV 2010, 146; Wenning, NZV 2009, 473). Hinzu kommt, dass die Fraunhofer-Liste durch die Ausweisung in zweistufigen Postleitzahlgebieten ein allzu grobes Raster darstellt, sodass je nach der Größe des Einzugsgebietes Unrichtigkeiten auftreten. Fehlt es an der Homogenität des Gebietes, werden also städtische und ländliche Gebiete zusammengefasst, führt dies zu einer "Preisverzerrung nach unten" (vgl. auch OLG Köln a.a.O.). Als weitere Fehlerquelle mit Auswirkungen in dieser Richtung kann auch die Gewinnung der Daten durch Internet-Abfrage bei sechs bundesweit agierenden Anbietern führen, die nicht der Nachfragtätigkeit des durchschnittlichen Kunden bei der Miete eines Ersatzfahrzeugs entspricht.
Kritiker haben unter Hinweis auf die Schwächen der Werke Mängelbeseitigung erbeten, die nicht durchgeführt worden ist (vgl. Riedmeyer, zfs 2010, 70). Die Klärung der tatsächlichen Verhältnisse und die Bewertung der statistischen Leistungen bei der Abfassung der Werke können auch nicht durch den BGH erfolgen, dem als Revisionsgericht Beweiserhebungen und etwa die Zuziehung von Sachverständigen versagt ist. Vielmehr hat der BGH sowohl die Schwacke-Liste als auch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel als zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten geeignet bezeichnet, sich zur Korrekturmöglichkeit durch den Tatrichter dazu bekannt, dass der Tatrichter im Rahmen seines Ermessens von den sich aus den Listen ergebenden Tarifen durch Zu- und Abschläge abweichen darf (zfs 2011, 441). Vor allem hat der BGH zum Schutz der Tatrichter es verhindert, dass zur – abstrakten – Klärung des Wertes der Tabellenwerke statistische Kolloquien abgehalten werden müssen. Die Eignung von Liste...