BGB § 781 § 812 § 814
Leitsatz
Erbringt der Haftpflichtversicherer des Schädigers eine Teilzahlung an den Geschädigten, verbunden mit der Erklärung, man gehe von einer Mithaftung von 50 % aus, stellt das jedenfalls dann kein der Rückforderung des Betrags entgegenstehendes deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar, wenn der Geschädigte der Einschätzung des VR zur Höhe der Mithaftung widerspricht und den Restbetrag geltend macht.
(Leitsatz des Einsenders)
LG Saarbrücken, Urt. v. 12.10.2012 – 13 S 100/12
Sachverhalt
Die klagende Kfz-Haftpflichtversicherung nimmt den Bekl. auf Rückzahlung von von ihr an den Bekl. als Entschädigungsleistung aus einem Unfallereignis gestellten Betrag in Anspruch, an dem ihr VN beteiligt war. Die Kl. nahm außergerichtlich aufgrund der Unfallschilderung beider Unfallbeteiligter und des Beifahrers der Bekl. eine Haftungsteilung an, was sie dem Bekl. mitteilte. Auf dieser Grundlage rechnete sie den Schaden ab. Der Bekl. gab sich mit der Zahlung der Kl. nicht zufrieden und klagte unter Zugrundelegung einer alleinigen Eintrittspflicht der Kl. den restlichen Schadensbetrag ein. In diesem Verfahren wies das Gericht die Klage des hiesigen Bekl. mit der Begründung ab, er habe durch grob fahrlässiges Verhalten den Unfall herbeigeführt, sodass von seiner Haftung auszugehen sei.
Die Kl. machte daraufhin die Rückzahlung des von ihr nach ihrer Auffassung rechtsgrundlos geleisteten Zahlung an den Bekl. geltend. Der Bekl. berief sich darauf, dass die Kl. ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgegeben habe, damit eine Rückforderung ausgeschlossen sei. Das BG billigte den von dem AG bejahten Rückforderungsanspruch.
2 Aus den Gründen:
"Zu Recht hat das Erstgericht einen Rückforderungsanspruch der Kl. aus Bereicherungsrecht (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB) bejaht. Dem steht insb. nicht entgegen, dass die Kl. den Unfallschaden des Bekl. vorprozessual auf hälftiger Basis reguliert hatte. Ein Schuldanerkenntnis liegt hierin umständehalber nicht."
1. Ob in einer Äußerung eine schuldanerkennende Erklärung liegt und welche Rechtswirkungen von dieser ausgehen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. So liegt ein konstitutives Schuldanerkenntnis i.S.d. § 781 BGB vor, wenn der Anerkennende unabhängig vom Schuldgrund eine neue selbstständige Verpflichtung schaffen will, die auch dann ihre Rechtswirksamkeit bewahren soll, wenn der ursprüngliche Anspruch nicht besteht (vgl. BGH, Urt. v. 4.4.2000 – XI ZR 152/99, NJW 2000, 2984; Saarländisches OLG NJW 2011, 1820 ff.; Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., § 781 Rn 2). Bei einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis will der Anerkennende dagegen eine bereits bestehende Schuld lediglich bestätigen oder in einem bestehenden Schuldverhältnis einzelne Einwendungen dem Streit oder der Ungewissheit entziehen (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.1994 – VII ZR 215/93, NJW 1995, 960; v. 10.6.2008 – XI ZR 348/07, NJW 2008, 3425; Saarländisches OLG a.a.O.).
2. Ein konstitutives (abstraktes) Schuldanerkenntnis liegt hier nicht vor, weil nicht erkennbar ist, dass die Kl. mit ihrer Erklärung, sie gehe von einer Haftungsteilung aus, eine selbstständige Verpflichtung begründen wollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie ihre Erklärung gerade im Hinblick auf ihr Versicherungsverhältnis mit dem Halter und der Fahrerin des Unfallfahrzeuges, der Zeugin … , abgegeben hat. Die Erklärung erfolgte daher nicht losgelöst von einem Rechtsgrund, d.h. von den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen, sondern gerade mit Bezug auf einen solchen (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.2008 – IV ZR 293/05, VersR 2009, 106).
3. Aber auch die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses kommt vorliegend nicht in Betracht.
a) Durch ein vertraglich bestätigendes (deklaratorisches) Schuldanerkenntnis wollen die Parteien einen bestehenden oder zumindest für möglich gehaltenen Anspruch ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit entziehen und diesen (insoweit) endgültig festzulegen (vgl. BGHZ 66, 250, 253 f.; BGH, Urt. v. 3.6.2008 – XI ZR 239/07, ZIP 2008, 1373; v. 1.12.1994 – VII ZR 215/93, MDR 1995, 244, und v. 11.7.1995 – X ZR 42/93, ZIP 1995, 1420–1422). In dieser Festlegung besteht der rechtsgeschäftliche Gehalt des Schuldbestätigungsvertrags; der Vertrag wirkt insoweit regelnd auf die Rechtsbeziehungen der Parteien ein, als er die Verwirklichung einer Forderung von möglicherweise bestehenden Einwendungen (oder Einreden) befreit oder sogar ein möglicherweise noch nicht bestehendes Schuldverhältnis begründet, indem nämlich ein nur “möglicherweise’ bestehendes Schuldverhältnis “bestätigt’ wird.
b) Der Wille der Parteien, eine derart weitgehende rechtliche Wirkung herbeizuführen, kann, wenn dies nicht ausdrücklich erklärt worden ist, nur unter engen Voraussetzungen angenommen werden (vgl. BGH, Urt. v. 3.6.2008 a.a.O.; Urt. v. 27.1.1988 – IVb ZR 82/86, WM 1988, 794, 795). Der erklärte Wille der Beteiligten muss die mit einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis verbundenen Rechtsfolgen tragen. Das setzt insb. voraus, dass diese Rechtsfolgen der Interessenlage der Bete...