[8] "… I. Das BG hat ausgeführt, Nr. 2 Abs. 1 ULLA definiere den Versicherungsfall als erstmalige Geltendmachung eines Haftpflichtanspruchs gegen eine versicherte Person. Der so beschriebene Versicherungsfall könne durch einen Beherrschungswechsel wahrscheinlicher werden. Dabei sei die Gefahrerheblichkeit eines Beherrschungswechsels nicht auf Fälle beschränkt, in denen der künftige Mehrheitsaktionär eine Unternehmensprüfung vornehme. Vielmehr sei es auch möglich, dass der neue Mehrheitsaktionär unbeanstandete Maßnahmen des bisherigen Managements als pflichtwidrig erachte oder dass er, abweichend von früheren Entscheidungen, die Inanspruchnahme eines Organs für angezeigt halte. Diese letztgenannte Möglichkeit habe sich hier realisiert. Die infolge des Beherrschungswechsels eingetretene Gefahrerhöhung stelle sich als nicht veranlasste Gefahrerhöhung dar (§ 27 Abs. 1 S. 1 VVG a.F.), und die VN hätte den Beherrschungswechsel unverzüglich der Bekl. anzeigen müssen (§ 27 Abs. 2 VVG a.F.). Nachdem dieser am 5.10.2007 erfolgt war, hätte eine pflichtgemäße Anzeige noch im Oktober zugehen müssen. Da der Versicherungsfall mehr als einen Monat danach, am 11.12.2007, eingetreten sei, sei die Bekl. nach § 28 Abs. 1 VVG a.F. leistungsfrei."
[9] II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[10] Das BG hätte die Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung unter Hinweis auf §§ 27, 28 VVG a.F. abweisen dürfen.
[11] 1. In der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Unternehmensleitern und Leitenden Angestellten verspricht der VR dem VN Versicherungsschutz unter anderem für den Fall, dass eine versicherte Person wegen einer bei Ausübung der organschaftlichen Tätigkeit bei der VN begangenen Pflichtverletzung für einen Vermögensschaden auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Der Versicherungsschutz umfasst sowohl die gerichtliche und außergerichtliche Abwehr unbegründeter als auch die Befriedigung begründeter Schadensersatzansprüche (vgl. Nr. 1 Abs. 1, Nr. 3.2 Abs. 1, Nr. 4.1 ULLA). Diese Voraussetzungen sind hier unstreitig erfüllt.
[12] 2. Entgegen der Annahme des BG kann die Bekl. den Versicherungsschutz nicht deshalb verweigern, weil die VN den Beherrschungswechsel der Bekl. nicht unverzüglich nach § 27 Abs. 2 VVG a.F. angezeigt hat.
[13] ) Es kann hier dahinstehen, ob wie das BG meint durch den Beherrschungswechsel eine Gefahrerhöhung eingetreten ist … , denn selbst wenn dies hier angenommen wird, enthalten die AVB der Bekl. abschließende Regelungen, die weil sie für die VN günstiger sind als die gesetzlichen Bestimmungen für einen Rückgriff auf die §§ 27, 28 VVG a.F. keinen Raum lassen. Eine um Verständnis bemühte VN entnimmt den Nrn. 9.2.1 und 9.2.2 der ULLA, dass sie für die nach den Feststellungen des BG hier allein in Betracht kommende nicht veranlasste d.h. unabhängig vom Willen der VN eingetretene Gefahrerhöhung keine Anzeigepflicht i.S.d. §§ 27, 28 VVG a.F. trifft.
[14] b) Nr. 9.2.1 ULLA regelt die Anzeigepflichten der VN. Bereits diese Regelung, die sich allein auf veranlasste Gefahrerhöhungen bezieht, wie der Hinweis in Nr. 9.2.1 Abs. 3 auf “verursachte Gefahrerhöhungen’ zeigt, enthält eine gegenüber den §§ 27, 28 VVG a.F. für die VN günstigere Regelung von Anzeigepflichten während der Vertragslaufzeit. Nach Nr. 9.2.1 Abs. 2 ist die VN verpflichtet, dem VR unverzüglich die nach Vertragsschluss eintretenden, die übernommene Gefahr erhöhenden Umstände “auf Befragen’ des VR mitzuteilen. Eine Verpflichtung der VN, die Bekl. über alle nach Vertragsschluss eintretenden gefahrerhöhenden Umstände in Kenntnis zu setzen, besteht damit erst nach Erhalt einer Aufforderung des VR. Erst dann hat sie Mitteilung darüber zu machen, ob und welche Änderung in dem versicherten Risiko gegenüber den zum Zwecke der Beitragsbemessung gemachten Angaben eingetreten ist. Diese Regelung stellt gegenüber den gesetzlichen Vorschriften eine begünstigende Abweichung dar, die einen Rückgriff auf die §§ 23 ff. VVG a.F. ausschließt (Koch, GmbHR 2004, 288, 296). Bei veranlassten Gefahrerhöhungen, die nach Vertragsschluss eintreten, besteht mithin eine Anzeigepflicht nur “auf Befragen’.
[15] c) Mit Rücksicht hierauf scheidet auch bei der nach den Feststellungen des BG hier allein in Betracht kommenden nicht veranlassten Gefahrerhöhung ein Rückgriff auf die §§ 27, 28 VVG a.F. aus.
[16] Die nicht veranlasste Gefahrerhöhung wird nur bei den Rechtsfolgen in Nr. 9.2.2 a) Abs. 2 ULLA genannt. Danach steht dem VR für den Fall, dass nach Abschluss des Versicherungsvertrags eine Gefahrerhöhung unabhängig vom Willen der VN eintritt, ein Kündigungsrecht mit einmonatiger Kündigungsfrist zu. Eine Anzeigepflicht der VN ist hier nicht erwähnt.
[17] Da es sich bei der in Nr. 9.2.1 ULLA vorgesehenen Anzeigepflicht “auf Befragen’ um eine Erleichterung gegenüber den gesetzlichen Vorschriften handelt und diese für veranlasste Gefahrerhöhungen gilt, muss eine um Verständnis bemühte VN nicht damit rechnen, dass im Fall einer nicht veranlassten Gefahrerhöhung...