Der Gesetzgeber hat zwar in § 11 Abs. 8 RVG ausdrücklich die Vergütungsfestsetzung auch von Rahmengebühren zugelassen. In der Praxis wird von dieser Möglichkeit kaum einmal Gebrauch gemacht.
1. Mindestgebühr
Die Festsetzung nur der Mindestgebühr ist für den Anwalt völlig uninteressant. Im vom LG Zweibrücken RVGreport 2010, 180 (Hansens) entschiedenen Fall hatte der Anwalt (wohl) die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV-RVG mit einem Gebührenrahmen von 30 bis 300 EUR (Mittelgebühr 165 EUR) und die Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV-RVG mit einem Gebührenrahmen von 30 bis 250 EUR (Mittelgebühr 140 EUR) geltend gemacht. Die Beschränkung auf die jeweiligen Mindestgebühren i.H.v. jeweils 30 EUR kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn der Anwalt gem. § 315 BGB verbindlich erklärt, dass er gegenüber dem Auftraggeber nur die Mindestgebühr geltend macht, so LAG Hessen RVGreport 2006, 381 (Hansens) für die Geschäftsgebühr; Hansens in: Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2. Aufl., Teil 4 Rn 144; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., § 11 RVG Rn 93. Nach erfolgter Vergütungsfestsetzung der Mindestgebühren ist der Anwalt somit gehindert, den darüber hinausgehenden Mehrbetrag bis zum Höchstbetrag der Gebühr bzw. bis zum höchsten Gebührenrahmen gegen den Auftraggeber einzuklagen oder anderweit einzufordern. Folglich hat die Festsetzung der Mindestgebühren gegen den eigenen Auftraggeber keine praktische Bedeutung.
2. Zustimmungserklärung
Die Festsetzung von Rahmengebühren kommt ferner dann in Betracht, wenn der Auftraggeber der Höhe dieser Gebühr ausdrücklich zugestimmt hat.
a) Inhalt der Zustimmungserklärung
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, so BR-Drucks 830/03, S. 233, hat der Auftraggeber der konkreten Höhe der Gebühren, also dem Gebührenbetrag, zuzustimmen. Es genügt jedoch auch, wenn die Zustimmung ohne Festlegung auf den Gebührenbetrag so konkret ist, dass hieraus der betreffende Gebührenbetrag ermittelt werden kann, so Hansens a.a.O. Rn 145; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe a.a.O. Rn 97. Somit genügt beispielsweise die ausdrückliche Zustimmung zur Mittelgebühr den Erfordernissen des § 11 Abs. 8 S. 1 RVG.
Der Auftraggeber muss aber nicht etwa der Vergütungsfestsetzung zustimmen.
b) Form der Zustimmungserklärung
Die Form der Zustimmungserklärung des Auftraggebers ist gesetzlich nicht bestimmt. Aus der Regelung in § 11 Abs. 8 S. 2 RVG, nach der die Zustimmungserklärung mit dem Antrag vorzulegen ist, folgt, dass die Erklärung in Papierform vorhanden sein muss, Hansens a.a.O. Rn 146. Ggf. genügt auch der Ausdruck einer entsprechenden E-Mail. Jedenfalls muss die Zustimmungserklärung nicht die Formerfordernisse einer Vergütungsvereinbarung nach § 3a RVG erfüllen.
c) Zeitpunkt der Zustimmungserklärung
Bereits der Begriff der "Zustimmung" erfordert die nachträgliche Erklärung des Auftraggebers zur Gebührenhöhe, siehe §§ 182, 183 BGB. Die vorherige Zustimmung wäre nämlich als "Einwilligung" zu bezeichnen (siehe § 183 S. 1 BGB). Die (nachträgliche) Zustimmung erfordert somit, dass der Anwalt zunächst einmal die Bestimmung der Rahmengebühr gem. § 14 Abs. 1 RVG, § 315 ff. BGB trifft. Diese Bestimmung wiederum kann der Anwalt im Einzelfall erst dann treffen, wenn die Vergütung fällig geworden ist (siehe § 8 RVG) oder zumindest der jeweilige Gebührentatbestand abschließend verwirklicht worden ist, siehe N. Schneider, Die Vergütungsvereinbarung, Rn 2415.
Hier hatte der Anwalt mit dem Auftraggeber die Vereinbarung am 19.1.2012 geschlossen, also an dem Tag, an dem sich der Anwalt als Verteidiger im Strafbefehlsverfahren gemeldet hatte. Zu diesem Zeitpunkt mag der Anwalt zwar den Gebührentatbestand der Grundgebühr nach Nr. 5100 VV-RVG ("erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall") vollständig erfüllt haben, nicht jedoch den der Verfahrengebühr, der sämtliche Tätigkeiten bis zur Mandatsniederlegung abgedeckt hat. Eine Zustimmung des Auftraggebers, die der Gebührenbestimmung durch den Anwalt vorausgeht, stellt praktisch eine "vorweggenommene Vergütungsvereinbarung" dar, so N. Schneider a.a.O. Denn die Mittelgebühr sollte ja auch dann vereinbart werden, wenn die hierfür erforderlichen durchschnittlichen Kriterien nach § 14 Abs. 1 RVG gar nicht verwirklicht worden waren.
d) Vorlage der Zustimmungserklärung
§ 11 Abs. 8 S. 2 RVG erfordert die Vorlage der Zustimmungserklärung zusammen mit dem Vergütungsfestsetzungsantrag. Ist dies nicht der Fall, soll der Antrag abzulehnen sein. Gleichwohl sollte der Rechtspfleger/UdG dem Anwalt zunächst Gelegenheit geben, die Erklärung nachzureichen. Denn auch bei Ablehnung des Antrags wäre der Anwalt nicht gehindert, einen neuen Vergütungsfestsetzungsantrag unter nunmehriger Beifügung der Zustimmungserklärung einzureichen.
4. Verfahrensweise des Rechtsanwalts
Gerade bei der Tätigkeit in Strafsachen treten die Auftraggeber häufig an den Anwalt mit der Bitte um Einräumung einer Ratenzahlung heran. Diese Bitte kann der Anwalt dann zum Anlass nehmen, sich eine schriftliche Zustimmung des Auftraggebers zur Gebüh...