RVG § 11 Abs. 8
Leitsatz
Die für die Festsetzung einer Rahmengebühr gegen den Mandanten nach § 11 Abs. 8 RVG erforderliche Zustimmungserklärung des Mandanten kann nicht schon bei Auftragserteilung erklärt werden, sondern erst nach dem Abschluss der Angelegenheit.
LG Cottbus, Beschl. v. 19.10.2012 – 24 Qs 223/12
Sachverhalt
Der Rechtsanwalt bestellte sich am 19.1.2012 in dem vor dem AG Cottbus betriebenen Strafbefehlsverfahren als Verteidiger des Beschuldigten. Er legte gegen den Strafbefehl Einspruch ein und beschränkte diesen auf den Rechtsfolgenteil. Das AG schloss das Verfahren durch Beschluss v. 16.4.2012, indem es die Geldstrafe reduzierte.
Nach Abschluss des Verfahrens beantragte der Verteidiger die Vergütungsfestsetzung gegen den eigenen Auftraggeber gem. § 11 RVG. Hierzu legte er formularmäßig abgefasste "Allgemeine Mandatsbedingungen" vor, die dieser am 19.1.2011 (richtig: 2012) unterzeichnet hatte, in denen es auszugsweise heißt: "Sofern für die anwaltliche Tätigkeit Rahmengebühren gem. § 14 RVG entstehen (z.B. in Strafsachen), stimmt der Mandant dem Ansatz der Mittelgebühr zur vereinfachten Festsetzung durch das Gericht ausdrücklich zu."
Die Rechtspflegerin des AG hat diesen Vergütungsfestsetzungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, die vorgelegte Zustimmungserklärung des Auftragebers sei nicht ausreichend, weil diese bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Anwaltsvertrags erteilt worden sei. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Verteidigers hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen:
" … Vorliegend macht der Beschwerdeführer die Festsetzung von Rahmengebühren geltend. Gem. § 11 Abs. 8 i.V.m. Abs. 1 RVG kommt die Festsetzung der Vergütung im vereinfachten Verfahren nur dann in Betracht, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat."
An einer solchen Zustimmungserklärung fehlt es hier. Die Kammer folgt der Rechtsauffassung der Rechtspflegerin des AG. In der Kommentarliteratur werden zu der Rechtsfrage, auf welchen Zeitpunkt für die Zustimmungserklärung abzustellen ist, unterschiedliche Auffassungen vertreten. Eine Auffassung stellt darauf ab, dass es unerheblich sei, wann die Zustimmungserklärung des Auftraggebers erfolgt sei, vgl. Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl., § 11 Rn 40. Die andere Rechtsauffassung verlangt, dass die Zustimmungserklärung erst nach dem Abschluss der Angelegenheit erfolgt sei, vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., § 11 Rn 99.
Die Kammer folgt der zuletzt genannten Rechtsauffassung, wie auch schon das LG Zweibrücken RVGreport 2010, 180 (Hansens) = AGS 2010, 238. Die vom Verurteilten bei Auftragserteilung abgegebene formularmäßige Zustimmungserklärung für die Festsetzung von Gebühren in Höhe der Mittelgebühr im Strafverfahren entspricht nicht der nach der Systematik des Gesetzes erforderlichen Zustimmungserklärung. Wie auch das LG Zweibrücken geht die Kammer davon aus, dass es bei der Abgabe der Zustimmungserklärung gerade nicht um die Gebührenvereinbarung geht, sondern dass der Mandant der Ermessensausübung des Verteidigers zustimmt. Die Ermessensausübung kann der Verteidiger mit Blick auf die Bemessungskriterien des § 14 RVG naturgemäß aber erst bei Abschluss seiner Tätigkeit umfassend vornehmen. Nur dann entsprechen sie auch der gesetzlichen Vergütung i.S.d. § 11 Abs. 1 RVG.
Die Rechtspflegerin hat daher zu Recht im Ergebnis eine Vergütungsfestsetzung zurückgewiesen, weil es sich bei der beantragten festzusetzenden Vergütung nicht um die gesetzliche i.S.v. § 11 RVG handelt.“
3 Anmerkung:
Der Gesetzgeber hat zwar in § 11 Abs. 8 RVG ausdrücklich die Vergütungsfestsetzung auch von Rahmengebühren zugelassen. In der Praxis wird von dieser Möglichkeit kaum einmal Gebrauch gemacht.
1. Mindestgebühr
Die Festsetzung nur der Mindestgebühr ist für den Anwalt völlig uninteressant. Im vom LG Zweibrücken RVGreport 2010, 180 (Hansens) entschiedenen Fall hatte der Anwalt (wohl) die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV-RVG mit einem Gebührenrahmen von 30 bis 300 EUR (Mittelgebühr 165 EUR) und die Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV-RVG mit einem Gebührenrahmen von 30 bis 250 EUR (Mittelgebühr 140 EUR) geltend gemacht. Die Beschränkung auf die jeweiligen Mindestgebühren i.H.v. jeweils 30 EUR kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn der Anwalt gem. § 315 BGB verbindlich erklärt, dass er gegenüber dem Auftraggeber nur die Mindestgebühr geltend macht, so LAG Hessen RVGreport 2006, 381 (Hansens) für die Geschäftsgebühr; Hansens in: Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2. Aufl., Teil 4 Rn 144; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., § 11 RVG Rn 93. Nach erfolgter Vergütungsfestsetzung der Mindestgebühren ist der Anwalt somit gehindert, den darüber hinausgehenden Mehrbetrag bis zum Höchstbetrag der Gebühr bzw. bis zum höchsten Gebührenrahmen gegen den Auftraggeber einzuklagen oder anderweit einzufordern. Folglich hat die Festsetzung der Mindestgebühren gegen den eigenen Auftraggeber keine praktische Bedeutung.
2. Zustimmungserklärung
Die Festsetzung von Rahmengebü...