"… Die Klage ist teilweise begründet. Der Kl. hat Anspruch auf Zahlung weiterer 7.700 EUR über den von der Bekl. außergerichtlich bereits gezahlten Betrag von 7.700 EUR hinaus."
I. Der VN kann im Falle der Invaliditätsentschädigung im Rahmen einer Unfallversicherung sowohl die Erstfestsetzung seitens des VR angreifen und geltend machen, der Grad der Invalidität sei zu dem maßgeblichen Zeitpunkt höher als vom VR anerkannt, als auch eine Neufestsetzung längstens bis zu 3 Jahren verlangen.
Der Vortrag des Kl., der zunächst dahingehend zu verstehen war, dass er beide Rechte geltend machen will, wurde dahingehend konkretisiert, dass der Kl. sein Recht auf Neubemessung geltend machen will.
II. Der Kl. kann nach § 188 VVG i.V.m. Ziff. 2.1., 9.4. AUB im Wege der Neubemessung des Grades der Invalidität über den bereits erhaltenen Betrag von 7.770 EUR die Zahlung einer weiteren Kapitalzahlung wegen Invalidität i.H.v. 7.700 EUR verlangen.
1. Voraussetzung einer Neubemessung ist, dass eine Erstfeststellung des Grades der Invalidität durch Anerkenntniserklärung des VR oder gerichtliche Entscheidung gegeben ist (…).
a) Im vorliegenden Fall ist mit Schreiben vom 26.10.2011 eine Erstfestsetzung des Invaliditätsgrades erfolgt, da die Bekl. in diesem Schreiben abschließend und umfassend zu erkennen gegeben hat, inwieweit und weshalb eine Entschädigungspflicht anerkannt oder abgelehnt wurde.
b) Ob dem Anerkenntnis eine ausreichende ärztliche Feststellung i.S.v. Ziff. 2.1.1.1. AUB vorausgegangen ist, ist im Rahmen der Neubemessung keine Anspruchsvoraussetzung. Selbst wenn, läge diese aber auch vor. Die rechtzeitige ärztliche Feststellung hinsichtlich der eingetretenen Invalidität liegt mit der Erklärung der U-Klinik M vom 14.10.2011 vor. Dort wird festgestellt, dass erstmals am 5.9.2011 ein Dauerschaden festgestellt worden sei, der in einer Bewegungseinschränkung und einem Belastungsschmerz der linken Schulter bestehe. Die Feststellung erfolgte ausweislich des vorhandenen Stempels von der U-Klinik M; das Formular wurde entgegen der Behauptung der Bekl. nicht von der versicherten Person ausgefüllt und unterzeichnet.
An der rechtzeitigen ärztlichen Feststellung ändert sich auch nichts dadurch, dass, wie die Bekl. vorträgt und durch Vorlage des entsprechenden Formulars belegen will, ihr diese ärztliche Feststellung jedenfalls nicht von J.B. übersandt worden ist. Denn der rechtzeitige Zugang der fristgemäßen ärztlichen Feststellung ist nicht erforderlich (…). Zudem lag der Bekl. aber auch der Abschlussbericht der U-Klinik vom 5.9.2011 vor (…), in welchem ebenfalls festgestellt worden ist, dass eine bleibende endgradige Bewegungseinschränkung des linken Armes im Schultergelenk vorliege und eine Invalidität von geringem Grade, den linken Arm betreffend, verbleiben werde.
2. Der Kl. hat sein Recht auf Neubemessung wirksam und fristgerecht ausgeübt.
a) Die Ausübung seines Neubemessungsrechts ist seitens des Kl. im Jahr 2015 jedenfalls vor dem 11.3.2015 ausgeübt worden, wie dem Schreiben der Bekl. vom 11.3.2015 zu entnehmen ist.
b) Das Neubemessungsverlangen erfolgte zwar nicht innerhalb der von § 188 VVG vorgesehenen Dreijahresfrist bis 27.10.2013. Allerdings kann sich die Bekl. auf eine Verfristung des Neubemessungsverlangens nicht berufen (§ 188 Abs. 2 S. 2 VVG). Der Kl. wurde nicht ordnungsgemäß auf sein Recht zur Neubemessung (§ 188 Abs. 1 VVG) hingewiesen.
Die Belehrung über das Recht der Neubemessung ist nach § 188 Abs. 2 S. 1 VVG mit der Leistungsabrechnung gegenüber dem VN zu erteilen. Dies ist nicht erfolgt.
Der zuvor erteilte Hinweis auf das Recht der Neubemessung innerhalb des Informationsblattes zur Unfallanzeige genügt diesen Anforderungen nach dem eindeutigen Wortlaut des § 188 Abs. 2 S. 1 VVG nicht. Ausreichend ist auch nicht der an B.J. dazu erteilte Hinweis im Schreiben vom 26.10.2011. Dies gälte selbst unter dem Gesichtspunkt, dass die versicherte Person auf Wunsch des VN und mit Kenntnis des VR den Schaden gänzlich eigenverantwortlich abwickelt. In diesen Fällen wird zwar unter bestimmten Voraussetzungen eine Belehrungspflicht auch gegenüber dem Versicherten gefordert (zu § 186 VVG vgl. OLG Saarbrücken r+s 2017, 432). Umgekehrt ist aber festzustellen, dass es der materielle Anspruch des VN ist und bleibt, der bei fehlender oder unzureichender Belehrung des zu seiner Geltendmachung allein berechtigten VN gefährdet würde.
Zudem ist vorliegend aber nicht einmal ersichtlich, dass der Schaden eigenverantwortlich über B.J. abgewickelt werden sollte. In der Unfallanzeige wird lediglich angegeben, dass die Auszahlung der Versicherungssumme an die Versicherte erfolgen soll. Eine nur an die Versicherte zu richtende Korrespondenz ergibt sich aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht. (…)
Schließlich ist aber auch nach dem eindeutigen Wortlaut des § 188 Abs. 2 S. 1 VVG die Belehrung an den VN zu richten, so dass ein hiervon abweichendes Vorgehen § 191 VVG zuwiderläuft.
3. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist festzustellen, d...