ABIS § 4 Nr. 2
Leitsatz
Ein Versicherungsfall in der Leitungswasserversicherung liegt nicht vor, wenn Spülwasser auf den Boden einer Küche und dort über unzulängliche Abdichtungen in den Bodenaufbau eingedrungen ist und dort Schäden angerichtet hat.
OLG Schleswig, Beschl. v. 18.7.2018 – 16 U 20/18; OLG Schleswig, Beschl. v. 14.8.2018 – 16 U 20/18
Sachverhalt
Die Kl., die ein Krankenhaus, die Ostseeklinik Grömitz betreibt, begehrt Leistung aus einer seit Mitte 2000 gehaltenen Industrie-Sachversicherung, in der Leitungswasserschäden versichert sind.
In § 4 der ABIS heißt es:
"Leitungswasserversicherung"
1. Der VR leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden oder abhandenkommen.
2. Leitungswasser ist Wasser, das aus
a) Rohren oder Schläuchen der Wasserversorgung (Zu- oder Ableitungen),
b) sonstigen mit den Rohrsystemen verbundenen Einrichtungen, (…)
bestimmungswidrig austritt.“
In der Klinik befindet sich eine Großküche, deren Bestandteil wiederum eine Spülküche ist, in der das benutzte Geschirr gereinigt wird. Im Fußboden dieser Großküche befinden sich Ablaufrinnen aus Edelstahl zu dem Zweck, auf dem Fußboden der Großküche anfallendes Wasser abzuführen. Aufgrund fehlerhafter Abdichtungen zwischen Fußbodenbelag und diesen Rinnen drang Wasser in die Bodenkonstruktion unter der Großküche ein und durchfeuchtete diese. Das fiel im Februar 2013 auf. Die Bekl., mit einem Anteil von 70 % führender VR, versagte die Regulierung mit der Begründung, es sei weder Wasser aus Rohren oder Schläuchen der Wasserversorgung noch aus sonstigen mit den Rohrsystemen verbundenen Einrichtungen ausgetreten.
2 Aus den Gründen:
Beschl. v. 18.7.2018:
"… Zu Recht hat der Einzelrichter des LG L die Klage auf Leistung aus der Industrie-Sachversicherung (hier Leitungswasserversicherung) abgewiesen. (…)"
Auszugehen ist im Tatsächlichen allein von einem Hergang dergestalt, dass das in der Spülküche auf den Boden gelangende Brauch-(=Abwasch-), Spritz- und Reinigungswasser zunächst auf den Boden gelangt ist und sodann wegen der mangelhaften Andichtungen der Ablaufrinnen nicht in diese, sondern in den Fußbodenaufbau eingedrungen ist. Bei diesem Hergang liegt kein versicherter Leitungswasserschaden vor.
Unzweifelhaft ist nicht i.S.v. § 4 Nr. 2 ABIS Wasser aus Rohren oder Schläuchen der Wasserversorgung ausgetreten. Es liegt aber auch ein bestimmungswidriger Austritt aus sonstigen mit den Rohrsystemen verbundenen Einrichtungen nicht vor.
Versicherungsbedingungen sind nach der st. Rspr. des BGH so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher VN versteht, der die Bedingungen aufmerksam und verständig im Hinblick auf den Sinnzusammenhang und dabei nicht zuletzt auch mit Rücksicht auf seine eigenen Interessen liest. Ein solcher VN, der sich die Leitungswasserbedingungen vornimmt, wird davon ausgehen, dass diese Versicherung ihn vor Gefahren schützen will, die für sein Objekt durch die Tatsache geschaffen werden, dass in diesem Wasser benutzt wird, das in Zuleitungen einer Verbrauchsstelle zugeführt und in Ableitungen von dort wieder weggeführt wird. Er wird daher erwarten, dass das gesamte technische Standard-System, in dem sich planmäßig und geordneterweise die Benutzung von Wasser in seinem Objekt abspielt, gegen Schäden geschützt wird, die nässebedingt in der Umgebung dieser Nutzungsstellen auftreten können und auftreten. In diesem Sinne wird er die Gesamtheit der Anlagen, die einen derart "eingehegten" und geschützten Wasserverbrauch ermöglichen und sichern, als versichert ansehen (…). Wenn er liest, dass in erster Linie Schäden versichert sind durch Wasser, das aus Rohren oder Schläuchen der Wasserversorgung (Zu- oder Ableitungen) bestimmungswidrig austritt, so wird er erkennen, dass auch der versicherte bestimmungswidrige Austritt von Wasser aus mit den Rohrsystem verbundenen Einrichtungen es erfordert, dass diese Einrichtungen die planmäßige und geordnete Benutzung von Wasser in gewisser Weise "einhegen" oder "engführen" (in diesem Sinne spricht Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl., E I Rn 35 zutreffend von einem Behältnis, das bestimmungsgemäß Wasser durchlässt oder aufnimmt). Nur bei einer solchen Engführung, wie sie bei einer Leitung vorliegt, die der Leitungswasserversicherung den oberbegrifflichen Namen gibt, lässt sich sinnvoll davon sprechen, dass aus der Einrichtung Wasser austrete. Der durchschnittliche VN wird daher von einer "Einrichtung" erwarten, dass sie im Sinne der Einhegung oder Engführung Wasser im Hause geregelt zuführt oder abführt oder aber – zeitlich und sachlich dazwischen – einen geordneten Gebrauch planmäßig ausgetretenen Wassers ermöglicht und sichert. In eben diesem Sinne sind Hähne, Ventile und Filter, Waschbecken, Badewannen, Schwimmbecken und – jedenfalls nach Auffassung des Senats – auch Duschkabinen oder geflieste Duschbereiche als Einrichtungen mitversichert.
Hingegen geht es, wie das LG zutreffend befunden hat, zu weit darüber hinaus, die gesamte Spülküche oder doch jedenfalls noch ihren Fußboden als eine sol...