Mit der Reform des Schadensersatzrechtes im Jahre 2002 sollten im Bereich der Haftung besonders die Schwachen im Straßenverkehr, also Fußgänger, Radfahrer, vor allem aber Kinder, besser geschützt werden. Sie alle werden bei Unfällen mit Kfz bereits aufgrund der physikalischen Masseverhältnisse i.d.R. besonders schwer verletzt. Der Gesetzgeber hat darauf mit einer deutlichen Haftungsverschärfung zu Lasten des Kraftfahrers bzw. Halters des Fahrzeugs in § 7 Abs. 2 StVG reagiert. Konnte er sich nach "alter Rechtslage" noch entlasten, wenn der Unfall für ihn unabwendbar war, ist ihm das heute nur noch bei Vorliegen von "höherer Gewalt" möglich. Darunter versteht man ein betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder Handlungen Dritter herbeigeführtes Ereignis, das nach menschlicher Erfahrung unvorhersehbar ist, selbst bei äußerster Sorgfalt nicht verhindert werden kann und auch nicht aufgrund seiner Häufigkeit in Kauf zu nehmen ist.
Diese hohen Voraussetzungen sind zwar vom Grundsatz her – z.B. bei ungewöhnlichen Naturereignissen wie einem Bergrutsch oder bei Sabotageakten – theoretisch denkbar, es sind jedoch keine Fälle aus der Praxis bekannt, in denen eine solche "höhere Gewalt" tatsächlich angenommen wurde. So hat zuletzt auch z.B. das OLG Koblenz am 3.6.2019 das Vorliegen von "höherer Gewalt" richtigerweise in einem Fall verneint, in dem der Beifahrer eines Pkw infolge eines Schwächeanfalls dem Fahrer so ins Lenkrad fiel, dass dieser in den Gegenverkehr geriet und dort mit einem Fahrzeug kollidierte. Vor dem Hintergrund ist somit regelmäßig eine Haftung des Fahrzeugs aus dessen Betriebsgefahr nach § 7 Abs. 1 StVG gegeben.
Diese verschärfte Einstandspflicht des Fahrers bzw. Halters des Fahrzeugs gegenüber Fußgängern und Radfahrern nach § 7 Abs. 2 StVG hat der BGH am 24.9.2013 und 19.8.2014 deutlich unterstrichen. Er betont dabei, dass diese jenen grds. gem. § 7 Abs. 1 StVG auch ohne eigenes Verschulden haften. Die Betriebsgefahr des Fahrzeugs tritt hinter dem Verschulden von Fußgängern bzw. Radfahrern nur zurück, wenn sie einen groben Verstoß gegen die Regeln des Straßenverkehrs begangen haben. Einen solchen nimmt die Rspr. i.d.R. an, wenn z.B. ein Fußgänger die Straße abseits von "Zebrastreifen" bzw. Ampel unachtsam überquert und der Autofahrer sich im Vorfeld der Kollision korrekt verhält. Erhöhte Sorgfaltsplichten treffen den Fahrer nach § 3 Abs. 2a StVO allerdings gegenüber Kindern bzw. erkennbar hilfsbedürftigen und älteren Menschen, bei deren Sicht er langsamer fahren und die Geschwindigkeit des Fahrzeugs reduzieren muss.
Die neu eingeführte, erschwerte Entlastungsmöglichkeit ist in der Praxis schnell und problemlos umgesetzt worden, auch wenn in der Anfangszeit vereinzelt argumentiert wurde, der versicherte Autofahrer könne ja gar nichts für den Unfall. Schwierig war und ist es allerdings, juristischen Laien verständlich zu machen, dass sie als Fahrzeugführer selbst bei völlig korrektem Verhalten haften, zumal gerade bei leichten Unfällen ihr Schadensfreiheitsrabatt betroffen ist. Erfreulich insoweit ist allerdings, dass der Gesetzgeber es – entgegen seiner ursprünglichen Absicht – für Unfälle zwischen Kfz in § 17 Abs. 3 StVG bei der Entlastungsmöglichkeit bei "Unabwendbarkeit" belassen hat, so dass insoweit die vorherigen Grundsätze weiter gelten.